Im Bann des Feuers Drachen2
sondern dem Lupini von Brut Cuhan und dem Roshu von Ka ebenfalls. Alle werden dann von dem Geheimnis des Ranreeb erfahren, heiliger Mann, was Imperator Fa gewiss nicht sonderlich erfreuen dürfte.«
Die Drachenjünger musterten ihn aus zusammengekniffenen Augen.
»Also schlage ich vor, dass Ihr beiseite tretet«, murmelte Kratt. »Informiert den Ranreeb über das, was sich hier zugetragen hat. Er wird sich meiner auf die Weise annehmen, die ihm angemessen erscheint. Ich habe nicht die Absicht, mein Wissen mit anderen Fürsten der Brutstätten zu teilen, sobald wir nach Cafar Re zurückgekehrt sind. Es ist besser, wenn der Tempel nur mit einem Mann um das Wissen der Geheimnisse der Drachen konkurriert, statt mit allen Brutstättenfürsten Malacars.«
»Niemand würde Euch glauben«, entgegnete ein Drachenjünger höhnisch, obwohl sein Gesicht nervös zuckte, als er das sagte.
»Wollen wir eine Wette darauf abschließen, hm?«, erwiderte Kratt sanft. »Und jetzt macht Platz. Ich bin sicher, dass Ihr keine ausgebildeten Kämpfer seid.«
Die Drachenjünger blähten die Nasenflügel, und ihr Hass lag wie ein beißender Geruch in der Luft.
Schließlich gab ein Drachenjünger den anderen mit einer Handbewegung zu verstehen, Kratt den Weg freizumachen.
Der Flug zurück nach Brut Re dauerte mehrere Tage, die mir fast wie ein Lebensalter vorkamen, sich wie sich windende Schlangen aneinanderreihten. Hungrig und ausgedörrt schwamm ich in einem funkelnden Fieber, ertrank darin, kam wieder hoch, versank erneut. Dennoch nahm ich exakt wahr, wann wir die Grenze von Brut Re erreichten; denn die Tausende von schillernden Scherben des Geistes, die in mir verstreut waren, brachen in einer sichtbaren Wolke aus meiner Haut heraus, und meine Psyche sickerte in die Lücken, die der Geist hinterließ.
Mein Körper gehörte wieder mir, ganz allein mir.
Ein bläulicher Geier erhob sich aus der Wolke, ein Stück rechts von dem Drachen, auf dem ich saß. Der Geier schwebte durch die Luft, den Hals ausgestreckt.
Der Geist.
Als ich das nächste Mal erwachte, lag ich auf einem Lager aus staubiger Featon-Spreu, umringt von Stein, auf dem das Licht einer Laterne gelblich schimmerte.
Ich richtete mich mit einem Schrei auf. Es war nur ein Traum gewesen! Ich befand mich immer noch in der Gewölbekammer der Viagand.
Ein Drache schnaubte.
Mit hämmerndem Herzen versuchte ich mich zu orientieren. Ich rappelte mich auf, stützte mich an der Steinmauer neben mir ab.
Ich war nicht mehr in der Viagand, nein. Ich war in einem unterirdischen Stall, in dem sich drei Boxen befanden, von denen nur die letzte belegt war. Darin stand eine alte Drachenkuh.
Sie beobachtete mich mit ihren melancholischen, weisen Augen. Ihre Schwingen, die sie fest über ihr knochiges Rückgrat gefaltet hatte, zitterten.
»Wo bin ich?«, fragte ich die alte Drachenkuh. Meine Zunge klebte mir vor Durst am Gaumen.
Sie blinzelte einmal, ohne dass die Pupillen ihrer schrägen Augen von mir abgeglitten wären. Die rautenförmige Membran am Ende ihres dünnen Schweifes klatschte rhythmisch auf die Steine. Das Geräusch von Blut und Fleisch, gefangen in Stein. Mein Herz schlug im selben Rhythmus, Blut und Fleisch, gefangen in einem Rippenkäfig.
Da wusste ich, wo ich war.
In dem dämmrigen Kuppelgebäude in der Domäne des Cinai Komikon Re.
Ich war zu Hause.
Der Drachenmeister weckte mich eine Weile später, verabreichte mir eine Brühe, gab mir Paak, eine Decke, in die ich mich hüllen konnte, und einen Emailletopf für meine Notdurft. Ich schob das Paak beiseite, verweigerte die Brühe und schlief, träumte von Drachengesängen.
Bis der Drachenmeister mich erneut weckte. Wieder hielt er mir die Brühe hin, das Paak, bestand darauf, dass ich aß, zu Kräften kam. Ich verweigerte die Nahrung, während mir vor Kälte die Zähne klapperten. Die Kälte fühlte sich klamm auf meiner Haut an.
Der Geruch der alten Drachenkuh in der Box neben mir war eine Folter. Sie lockte, verführte, wisperte von göttlicher Gnade und Vereinigung. Der Geruch des Giftes nach Süßholz und Limone gaukelte mir in meinen Erinnerungen Ganzheit vor, Fantasien von Isolation, die zu Einheit und Freude verwandelt wurde.
»Gift?«, fragte ich den Drachenmeister, obwohl ich es gar nicht beabsichtigt hatte; die Worte waren einfach so von meiner eigenwilligen Zunge gebildet worden.
Der Drachenmeister starrte mich missbilligend an. »Du siehst aus, als hättest du genug davon in deinem Blut,
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