Im Bann des Feuers Drachen2
zweiter Mann, ebenfalls mit einem Tablett, und ganz offenkundig ebenfalls ein Eunuch. Er ging merkwürdig, trippelnd, so als würden Dornen unter den Sohlen seiner Füße stechen. Ein dritter Eunuch folgte ihnen, ein Junge noch, der zwei Eimer an einer Stange trug, die er auf Schultern und Nacken balancierte. Er trat die Tür mit dem Fuß zu und setzte seine Last stöhnend ab.
»Mittagmahl, Mädchen«, sang der dicke Eunuch. Es war der, der mich gebadet hatte. »Teigwaren und Nerwon, und ich möchte, dass ihr mehr esst als beim Frühstück, heho.«
Die Frauen um mich herum seufzten oder schlossen müde die Augen.
Ich dagegen wurde sofort von Heißhunger gepackt; hätte mein Körper meinem heftigen Bedürfnis gehorcht, hätte ich den Eunuchen wie ein Panther angesprungen und das Essen von seinem Tablett verschlungen. So jedoch konnte ich nur gierig zusehen, wie er einen Teller auf dem Teppich nicht weit von mir absetzte. Ich wollte nicht, dass jemand anders die Speisen auf diesem Tablett berührte. Ich wollte sie für mich allein.
Nerwonwürfel, gebackenes Eigelb, das mit heißem Fett übergossen und mit bittersüßen, zerquetschten Pflaumen gemischt wurde, dampften in einer angeschlagenen Schüssel. In einer Schüssel daneben lagen weiße Scheiben Paak wie kleine Inseln in einem Meer aus Eigelbsoße, die mit gehackten Muay-Blättern gewürzt war. Sauber aufgeschichtete Quanis bildeten eine dampfende Pyramide in einer weiteren großen Schale: Die mit Essig getränkten Muay-Blätter enthielten die traditionelle Füllung aus zerstoßenen Coranüssen, getrockneten Orangen und Scheiben von scharfem Chili. Angelaufene Löffel lagen um die drei großen Schüsseln herum, als hätte man sie noch nachträglich auf die Tabletts gelegt.
Der Eunuch, der wie über Dornen trippelte, stellte sein Tablett neben die ersten: Teiggebäck in den Farben eines wundervollen Sonnenuntergangs lag darauf, weinrot, orangerot und altgelb, und das alles sorgfältig als Sonnenuntergang arrangiert. Es duftete nach Honig.
Ich wimmerte.
»Ja, wir werden dich zuerst füttern, Naji.« Der fette Eunuch schnalzte nachsichtig mit der Zunge. »Seht zu, wie gut sie isst, Mädchen, heho? Denkt daran, wie sehr es die Wächter erfreut, wenn eine Frau ein bisschen Speck auf den Hüften hat. Denkt daran, wie beliebt Naji sein wird.«
Er schlurfte auf mich zu. Die Eigelbsoße schwappte über den Rand der Schüssel.
»Ein bisschen Jalen für dich, kein Nerwon, keine Quanis. Das ist zu fett. Morgen vielleicht, ja?« Er hob die Schüssel mit den Paakscheiben an, die in der Soße aus Eigelb und gehacktem Muay schwammen. Jalen hatte er dieses Essen genannt. Ich hatte solch reichhaltige Nahrung noch nie gekostet, nicht einmal in meiner Jugend im Töpferclan, denn diese Speisen erforderten Zutaten und Zubereitungszeit, die sich Rishi nicht leisten konnten. Der Eunuch nahm einen Löffel vom Tablett und begann, mich zu füttern.
Er machte es auf eine sehr merkwürdige Art und Weise. Er schob mir sorgfältig den vollen Löffel in den Mund und leckte ihn dann sauber, nachdem ich das Essen geschluckt hatte. Das widerte mich an, aber ich war zu hungrig, um mich abschrecken zu lassen.
Bevor mein Hunger auch nur im Entferntesten gestillt war, leckte der Eunuch den Löffel ein letztes Mal ab, seufzte und strahlte dann die Frauen an, die sich um uns geschart hatten.
»Hat sie das nicht gut gemacht, hm? Sie würde noch viel mehr essen, wenn ich es zuließe, nicht wahr?« Er schnalzte wieder mit der Zunge. »Morgen. Heute gibt es nur eine kleine Menge, heho! Also, wer ist die Nächste? Großmutter?«
Unglaublicherweise fütterte er Großmutter auf dieselbe Art, mit demselben Löffel, den er ebenfalls nach jedem Bissen von ihr sauber leckte. Er drängte sie dazu, ein Stück Quani zu knabbern und zwei Würfel Nerwon zu essen. Als sie protestierend die Augen schloss und auf sein Drängen, mehr zu essen, schwach abwehrend mit der Hand winkte, schnalzte der Eunuch missbilligend und ging zur nächsten Frau.
Der trippelnde Eunuch fütterte die anderen Frauen um mich herum, schmeichelte ihnen, redete ihnen gut zu, als wären sie Kleinkinder, nicht erwachsene Frauen. Der Junge hockte sich an die Wand neben der Tür hin und döste.
Ein paar der Frauen weinten, hilflos, als die Eunuchen sie hartnäckig zum Essen anhielten.
»Ihr seid nur Haut und Knochen; kein Wunder, dass die Wachen euch so grob nehmen!«, fuhr der dicke Eunuch sie an. »Sie wollen etwas Weiches, wollen
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