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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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er­fuhr ich noch am sel­ben Abend. Wir wür­fel­ten bis in den Mor­gen. Die Son­ne ging auf und ich hat­te be­reits al­les ver­lo­ren, was ich be­saß. Aber ich woll­te nicht auf­ge­ben. Er lä­chel­te und sag­te: ›Du hast nichts mehr, al­so spie­le um dich selbst. Ge­winnst du, wirst du die größ­te Zau­be­rin sein, ver­lierst du, bleibst du bei mir.‹ Ich lach­te und sag­te: ›Eher st­er­be ich, al­ter Mann.‹ Und er nick­te. ›Dann setzt du al­so dein Le­ben?‹ Ich war be­trun­ken vom Wein und nick­te. Ich wür­fel­te – und ver­lor. ›Nun, al­ter Mann?‹ frag­te ich. ›Wie willst du dir mein Le­ben nun neh­men? Füllst du es in dei­ne Wein­fla­sche?‹ Er streck­te sei­ne Hand aus und leg­te sie über mei­ne Au­gen. Als ich er­wach­te, war ich al­lein. Ich wuss­te, er hat­te sich mein Le­ben ge­nom­men. Doch da ich noch leb­te, muss­te ich wohl noch ein zwei­tes be­sit­zen.«
    Ra­vin schwieg, hin- und her­ge­ris­sen zwi­schen dem Wunsch, ihr zu glau­ben, und der nüch­ter­nen Er­kennt­nis, dass sie ei­ne große Ge­schich­ten­er­zäh­le­rin war.
    »Und dein zwei­tes Le­ben?«, frag­te er schließ­lich.
    Ihr Ge­sicht ver­düs­ter­te sich.
    »Nun, das zwei­te ha­be ich auf ehr­li­che Art und Wei­se ver­lo­ren. Ei­ner von Dio­lens Krie­gern …«
    »… hat dich ge­tö­tet?«
    Sie nick­te.
    »An­de­re hat­ten nur ein Le­ben.«
    »Auch dein Bru­der, nicht wahr?«, sag­te er.
    Sie blick­te auf, ihr Mund hart wie ein Strich.
    »Mein Bru­der? Elis al­lein weiß, wie vie­le Le­ben mein ar­mer Bru­der hat. Viel­leicht nur eins, viel­leicht kei­nes mehr.«
    Sie sah wie­der in die Fer­ne und ihr Ge­sicht war so trau­rig, dass es Ra­vin ins Herz schnitt.
    »Du brauchst den ma­gi­schen Stein, den Gor, um ihn zu ret­ten, nicht wahr?«
    Ami­nas Ge­sicht nahm einen ge­hetz­ten Aus­druck an.
    »Den Gor, ja. Und du brauchst ein Wun­der. Und bei­de wis­sen wir nicht, wo wir sie fin­den sol­len.«
    Mit bren­nen­den Au­gen starr­te Ra­vin in die Flam­men. Und die Flam­men blick­ten zu­rück! So schnell wuchs die Feu­er­säu­le em­por, dass Ra­vin das Ge­fühl hat­te, ei­ne hei­ße Wo­ge schwap­pe über sei­ne Haut und ver­sen­ge ihm je­des Här­chen. Don­do mach­te einen Satz, wie­her­te und bock­te da­von.
    »Was machst du?«, rief Ami­na, schüt­tel­te ein paar Fun­ken von ih­rem Man­tel und brach­te sich in Si­cher­heit. Ge­blen­det blin­zel­te er und er­kann­te zwei Au­gen, die ihn wie Feu­er­krei­se an­strahl­ten.
    »Ra­vin!«
    Na­jas Stim­me klang, als wä­re die­ses Wort ei­ne Köst­lich­keit, die sie sich auf der Zun­ge zer­ge­hen ließ. »Ra­vin!«, wie­der­hol­te sie und wir­bel­te her­um, bis die Mar­ju­la­blü­ten in ei­nem Re­gen blau­er Fun­ken auf­leuch­te­ten. »Über­all ha­be ich dich ge­sucht! Bei den Hor­jun warst du nicht.«
    »Du bist hier, Na­ja?«, staun­te er und lä­chel­te.
    Sie glüh­te auf und ließ sich wie­der auf den bren­nen­den Äs­ten nie­der.
    »Hast du in der Burg ge­fun­den, wo­nach du ge­sucht hast?«, frag­te sie.
    Er nick­te und muss­te über Ami­nas er­staun­tes Ge­sicht la­chen.
    »Ja. Aber bei den Hor­jun woll­te ich nicht blei­ben.«
    »Scha­de«, hauch­te Na­ja. »Wir zie­hen jetzt mit ih­nen. Sie wa­ren in den Feu­er­ber­gen. Je­den Tag ha­be ich dein Ge­sicht ge­sucht. Doch du konn­test ja gar nicht dort sein.« Sie stups­te ei­ne Blü­te mit dem Fin­ger an und be­ob­ach­te­te, wie sie ver­brann­te. »Aber ich wuss­te, ich bin dei­ne Na­mi­da, und des­halb ha­be ich dich ge­sucht.«
    »Mei­ne was?«
    Ami­na lach­te schal­lend. Die Nym­phe wir­bel­te her­um. Weiß­gelb wur­den ih­re Flam­men, ihr Haar wech­sel­te von oran­ge zu blau. Ent­täu­schung und Wut zeich­ne­ten sich in ih­rem Ge­sicht ab.
    »Oh!«, rief sie aus und fuhr dann Ra­vin an: »Warum hast du mir nicht ge­sagt, dass dein Herz schon ei­ner Na­mi­da ge­hört?«
    Ami­na sah ihn an und hob in ge­spiel­ter Un­schuld die Hän­de. Ra­vin wur­de rot.
    »Wo hast du sie ge­fun­den?«, jam­mer­te die Nym­phe. »Sie ist kalt wie Stein und blass wie der feu­er­lo­se to­te Mond. Und ih­re Haa­re sind wie Koh­le!«
    Aus dem Au­gen­win­kel sah Ra­vin, wie Ami­na ihr La­chen hin­ter der Hand ver­barg.

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