Im Bann des Fluchträgers
Mädchengesicht abzeichneten. Sie beugte sich so weit vor, dass er die Augen schließen musste.
»Glaubst du, ich würde meinen Schatz einfach hergeben? Glaubst du, ich würde irgendeiner dummen Nymphe oder einem dieser tölpelhaften Erloschenen deinen Namen überlassen? Deinen Namen, den du mir zum Geschenk gemacht hast? Glaubst du das?«
Ravin senkte den Kopf.
»Nein«, sagte er.
Sie schwieg und brannte ruhig.
»Wir sind am Fluss entlanggeritten. Die Horjun und die Erloschenen unten – und wir kamen oben über die Berge.«
»Und die Naj haben das geduldet?«
Sie lachte leise auf.
»Natürlich nicht. Sie haben die Wasser gerufen. Sie stiegen hoch auf und ließen das Gebirge erzittern. Der Felsen brach ins Wasser um die Reiter zu erschlagen.«
»Der Felsen brach ins Wasser«, murmelte Ravin. Aminas Augen waren riesengroß. In ihnen spiegelte sich die Erkenntnis, die auch Ravin das Herz eng werden ließ.
»Skiggas Becken«, flüsterte Amina. »Sie sind uns also vorausgeritten.«
»Schenk mir noch etwas von dir«, flehte Naja. »Bitte! Dein Name gehört nun ihr, gib mir noch ein Geheimnis, damit ich dir zeigen kann, wie gut ich es hüte!« Sie streckte die Hand nach ihm aus und fühlte die Luft. »Sag mir, was du hier tust. Wartest du auf jemanden?«
Amina schüttelte im Hintergrund warnend den Kopf. Ravin schluckte. Konnte er ihr vertrauen? Doch sie wusste genug. Wenn sie sie verraten wollte, konnte sie es hier und jetzt tun. Und die anderen würde sie nicht finden, solange sie ihre Namen nicht wusste.
»Wir warten jetzt …« – Najas blaue Zungenspitze flackerte zwischen den Lippen hervor – »… auf unsere Freunde.«
Eine flammende Röte überzog ihren Leib.
»Du hast Freunde!«, sagte sie andächtig.
Plötzlich schrak sie zusammen.
»Oh!«, rief sie und hielt sich die Ohren zu. »Sie rufen mich!«
Sie flammte auf, sprang die Felsen hinauf und winkte Ravin zu.
»Ich muss gehen! Leb wohl!«
Ravin nickte und hob die Hand zum Abschiedsgruß der Waldmenschen. In diesem Moment bemerkte er, wie lange er diese Geste nicht gemacht hatte.
Naja sprang flink auf den nächsten Felsen über. Mitten im Sprung wirbelte sie noch einmal herum.
»Sag mal«, raunte sie, »einer dieser Freunde hat nicht zufällig ein niedliches, kleines Springfeuer dabei? Vielleicht so groß?«
Ravin fuhr hoch. »Ja!«
»Und ein anderer hat Augen wie erloschenes Holz und Haar aus Ruß?«
Aminas Augen wurden groß.
»Ladro«, flüsterte sie so leise, dass nur Ravin es hörte.
»Ja. Das sind sie«, sagte er.
»Nun«, meinte die Nymphe und deutete in die entgegengesetzte Richtung. »Wenn ihr sie sucht, solltet ihr schnell dorthin reiten.«
S
ie hörten die Hallgespenster, noch bevor sie den Weg zur Anhöhe hinaufgeritten waren, der zu den Dörfern führte. Es war eine Gruppe von zehn, ihre Schattenleiber drängten sich um eine Mitte, in der Ladros Stimme zu vernehmen war. Als die Hallgespenster die Reiter kommen hörten, stoben sie zischend auseinander und verzogen sich auf die Bäume. Amina stieß einen Schrei aus, als sie das Messer sah, das in der Hand des Horjun blitzte. Sein Schwert lag weit entfernt von ihm auf dem Boden, als wäre es ihm aus der Hand geschlagen worden. Darian kniete im Gras und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Rippen. Der Horjun keuchte, Ravin sah, dass er überrumpelt wirkte. Mel A mie hob die Hände und machte in Richtung des Horjun eine beruhigende Geste. In diesem Moment rappelte sich Darian wieder auf die Füße und stürzte blind vor Wut auf den Horjun zu.
»Darian!«, schrie Ladro, doch es war zu spät. Gefährlich nah sauste das Messer an Darians Kehle vorbei. Dennoch versuchte der Horjun sich lediglich zu verteidigen, es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, Darian zu töten. Ravin nahm die
Weitere Kostenlose Bücher