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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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doch Ami­na be­deu­te­te ihm, die an­de­ren nicht zu we­cken.
    Mit den Fin­gern zeich­ne­te sie den ma­gi­schen Bann­kreis in die Luft, be­drängt vom Kei­fen und Mur­meln der Hall­ge­spens­ter. Es wa­ren drei, Ra­vin sah ih­re sche­men­haf­ten Um­ris­se, die sich lang­sam zu­rück­zo­gen, doch in der Nä­he ver­harr­ten. Als die Son­ne auf­ging, wa­ren sie ver­schwun­den.
    Die Stim­mung war ge­drückt. Sie hat­ten sich dar­auf ge­ei­nigt, dass die Hall­ge­spens­ter kein Un­heil an­kün­di­gen muss­ten, dass sie über­all auf­tau­chen konn­ten; warum al­so nicht auch im son­ni­gen Dan­tar?
    Je nä­her sie der Stadt ka­men, de­sto öf­ter sa­hen sie Ge­höf­te mit Heu­har­fen da­vor, an de­nen lan­ges, duf­ten­des Gras in der Son­ne trock­ne­te. Sie ka­men an Brun­nen vor­bei und schließ­lich an win­zi­gen Dör­fern.
    Es war spä­ter Nach­mit­tag, als Mel Amie an­hielt und er­klär­te, dass sie und Ladro zu den Dör­fern ge­hen wür­den um Er­kun­di­gun­gen ein­zu­zie­hen. Dari­an be­stand dar­auf, mit­zu­kom­men. Die Pfer­de woll­ten sie dalas­sen. Ra­vin und Ami­na stimm­ten zu, bei­de froh sich aus­ru­hen zu kön­nen. Sie blick­ten den drei­en nach, nah­men dann die Pfer­de am Zü­gel und such­ten nach ei­nem Rast­platz. Links von ih­nen er­hob sich ei­ne An­hö­he. Va­ju wit­ter­te und be­gann schnel­ler zu lau­fen. Über­rascht ließ Ra­vin die Zü­gel los, schon stürm­ten Va­ju und Don­do mit Ami­na auf dem Rücken den Hang hin­auf und ver­schwan­den hin­ter den Fel­sen.
    »Ra­vin!« Ami­nas La­chen. »Schnell!«
    Er rann­te los und kam keu­chend oben an. Dort stürz­te er so schnell um die Bie­gung, dass er das wei­che, dunkle Gras erst gar nicht be­merk­te, auf dem er lief. Far­ben ex­plo­dier­ten vor sei­nen Au­gen und der Duft warf ihn bei­na­he um. Et­wa zwan­zig rie­si­ge Mar­ju­la­bäume wa­ren es, die gut ver­bor­gen zwi­schen dem Hü­gel und ei­ner Grup­pe von un­schein­ba­ren Bäu­men blüh­ten. Die schlan­ken blut­ro­ten Kel­che mit den wei­ßen Blät­ter­spit­zen neig­ten sich an den Zwei­gen zur Er­de. Ein schwe­rer Duft, süß und tau­send­mal in­ten­si­ver als das duf­ten­de Mar­ju­la­holz, um­hüll­te Ra­vin. Va­ju mach­te einen lan­gen Hals, um mit ih­ren Lip­pen ei­ne Blü­te vom Ast zu pflücken. Ami­na hat­te sich im Gras aus­ge­streckt und lach­te. Ra­vin schloss die Au­gen, at­me­te tief durch und fühl­te sich be­schwingt und ge­trös­tet. Ei­ne Wei­le lie­ßen sie sich schwei­gend durch das Meer von Duft trei­ben, das sie um­bran­de­te, bis sie be­schlos­sen Feu­er zu ma­chen. Ra­vin schnitt ei­ne Ja­lafrucht in Strei­fen und leg­te sie auf die Glut. Der Rauch roch wür­zig.
    Ami­nas Ge­sicht sah im Abend­licht ge­spens­tisch aus. Als hät­te sie Ra­vins Ge­dan­ken er­ra­ten, blick­te sie ihn an. Ih­re Au­gen fun­kel­ten.
    »Du machst es schon wie­der«, sag­te sie mit ei­nem Lä­cheln. »Du be­ob­ach­test mich, als wür­dest du er­war­ten, dass ich vor dei­nen Au­gen ganz plötz­lich zu Staub zer­fal­le. Ra­vin, ich wer­de nicht ster­ben!«
    Be­schämt senk­te er den Kopf. »Ent­schul­di­ge«, sag­te er lei­se. »Es ist nur …«
     »Ich weiß.« Sie seufz­te. »Ich weiß, wie ich aus­se­he. Trotz­dem. Zwei Le­ben ha­be ich be­reits ver­lo­ren, aber ei­nes ha­be ich noch. Und das las­se ich nicht we­gen ein biss­chen Fie­ber los.«
    Sie nahm sich ein Stück Ja­lafleisch, pus­te­te, ver­brann­te sich die Fin­ger und lach­te. Ra­vin an­gel­te sich eben­falls ein Stück aus der Glut. Das hei­ße, her­be Frucht­fleisch tat ihm gut. Er kau­te lang­sam und be­ob­ach­te­te Ami­na da­bei, wie sie ein zwei­tes Stück aus dem Feu­er zog.
    »Was meinst du da­mit, du hat­test zwei Le­ben?«
    »Eins ha­be ich ver­spielt und eins im Kampf ver­lo­ren.«
    Ih­re Lip­pen wa­ren rot vom Ja­lasaft.
    »Ich ha­be mich auf ein Spiel ein­ge­las­sen. Ich war jung – und wohl auch noch ziem­lich dumm. Es war das ers­te Mal, dass ich ins Tal ging. Da wa­ren ei­ni­ge Händ­ler, die ih­re Wa­ren ver­kauf­ten. Ei­ner war dick und hat­te klei­ne Au­gen. Er feilsch­te am ge­schick­tes­ten. Dass er au­ßer­dem noch ein lei­den­schaft­li­cher Spie­ler war,

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