Im Bann des Fluchträgers
liebend gern ins Gesicht geschüttet hätte. In diesem Moment war er dankbar für die Gastfreundschaft der Dantarianer, deren strenge Regeln es offensichtlich verboten, unverschämte Gäste zurechtzuweisen.
»Hat euch Low das erzählt?«
»Der Rudermacher? Nein.« Ravin lächelte breit und lehnte sich zurück. »Von ihm wissen wir lediglich, dass Sumal Baji, die Kapitänin, nur noch in seichtem Gewässer segelt um Snais zu fischen. Und dabei hast du einmal ein Schiff besessen. Ein großes, sehr gutes Schiff – und eine große Mannschaft«, fügte er auf gut Glück hinzu.
Sie schwieg. Ihr Gesicht war unbewegt, doch Ravin spürte, wie es unter der kalten Oberfläche arbeitete wie in einem der Feuerberge.
»Jedem Kapitän in Dantar steht es frei, zu fischen oder zu jagen. Mit oder ohne Schiff. Und ich ziehe es inzwischen vor, Snais zu fangen.«
»Natürlich!«, sagte Ravin etwas zu freundlich. »Ich dachte nur – vielleicht hätte es dich gereizt, zu zeigen, dass du nicht nur Schiffe verlieren kannst. Sondern dass du sogar schneller und besser bist, als man einer …« – er machte eine gezielte Pause und betrachtete seinen Tee – »… Snaifischerin zugetraut hätte.«
Als er den Blick wieder hob, erkannte er, dass er genug gesagt hatte. Ihre Lippen waren zusammengepresst. Sie war noch blasser als zuvor. Dennoch war ihrer Stimme nichts anzumerken, weder Wut noch Groll.
»Freundlich von dir, dass du mich an den Verlust meines Schiffes erinnerst. Ich kann euch nicht helfen. Nehmt eure Skildis wieder mit. Trotzdem viel Glück auf eurem Weg!«
Sie stand auf.
Ladro erhob sich ebenfalls und packte Ravin beim Oberarm.
»Ravin, es hat keinen Sinn. Lass uns gehen.«
Er hörte, dass sein Freund verärgert war. Doch er schüttelte den Kopf.
»Heute nicht, Ladro.«
Ladros erstaunten Blick nicht beachtend wandte er sich an Sumal.
»Wir nehmen deine Einladung gern an und verbringen die Nacht in deinem Haus.«
Sumal schien einen Moment ernsthaft zu überlegen, ob sie nicht eine Ausnahme machen und mit der dantarianischen Gastfreundschaft brechen sollte. Doch schließlich lächelte sie höflich und deutete auf mehrere Netzstapel an der Wand.
»Gerne. Allerdings müsst ihr mit den Netzen als Bettstatt vorlieb nehmen. Und ich werde euch diese Nacht nicht Gesellschaft leisten können.«
»Bis du verrückt geworden?«, flüsterte Ladro, als sie das Netz so zurechtrückten, dass es ein leidlich bequemes Lager abgab. »Wir verlieren hier nur Zeit. Du siehst doch, dass es keinen Sinn hat. Egal was sie sagt, ich wette, der Hafen ist voller Kapitäne, die froh sind, für sechshundert Skildis eine Passage zu fahren.«
»Vielleicht auch nicht, Ladro. Vielleicht hat Diolen die guten Kapitäne wirklich bereits angeheuert. Und vor morgen früh werden wir keinen Ersatz finden. In wenigen Stunden geht die Sonne auf. Wir müssen uns ausruhen.«
»Was machen wir, wenn Sumal gerade auf dem Weg ist, uns zu verraten?«
Ravin hatte selbst an diese Möglichkeit gedacht, doch ein Gefühl sagte ihm, dass er den Dingen nun ihren Lauf lassen musste.
»Sie wird uns nicht verraten. Warum sollte sie?«
»Weil du sie beleidigt hast!«
»Wir sind ihre Gäste.«
»Ich hoffe nur, dass du Recht hast«, knurrte Ladro.
Ravin konnte nicht erklären warum, aber als er sich auf das harte Netz legte und die Augen schloss, war er sehr zufrieden mit sich. Er sah Skaardjas Gesicht vor sich, dann glitt er in einen traumlosen Schlaf.
Einen Augenblick später öffnete er die Augen wieder und setzte sich überrascht auf. Die Sonne fiel durch das schmale Fenster, Stäubchen tanzten im gleißenden Licht. Wie poliertes Silber blitzten die Widerhaken an den langen Speeren. Sumal war nirgends zu sehen. Ravin fuhr hoch und ging zum Fenster. Die Hitze des Tages schlug ihm
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