Im Bann des Fluchträgers
eine so gefährliche Fahrt zu machen. Aber nun ließe sich das Nützliche mit dem Notwendigen verbinden.«
»Wozu dienen die Korallen?«, fragte Ravin.
Voller Unverständnis über so viel Unwissenheit schüttelte sie den Kopf.
»Aus dem Korallenmehl lässt sich eine Salbe herstellen, die nicht nur die Verbrennungen der brennenden Fische heilt. Und diese Salbe wird teurer gehandelt als alles, was ihr in Dantar erwerben könnt.«
»Abgemacht!«, sagte Ladro und streckte ihr die Hand hin. »Wir bezahlen das Schiff und du bekommst die Korallen.«
Beide sahen Ravin erwartungsvoll an. Schließlich streckte auch er die Hand aus.
»Abgemacht!«, sagte er und schlug ein.
Sumal strahlte. Ein Sonnenstrahl fiel auf einen ihrer Goldohrringe und ließ ihn aufblitzen. Der Lichtreflex, der sich in ihrem Auge fing, brachte es zum Leuchten.
»Ich schlage vor, dass wir bei Nacht lossegeln. Es wird noch fünf Tage dauern, bis die Galeeren fertig sind. Ich habe bereits ein kleineres Schiff gesehen, das nur wenige Reparaturen braucht. Low hat gesagt, er schafft es in zwei Tagen. Es wird etwa vierhundert Skildis kosten. Und dann muss ich noch die Mannschaft bei Abfahrt für zehn Tage im Voraus bezahlen. Das macht noch einmal zehn Skildis pro Mann. Ach ja, bevor ich es vergesse – wie viele seid ihr?«
»Fünf«, sagte Ladro.
»Und vier Pferde«, ergänzte Ravin.
Sumal zog die Augenbrauen hoch.
»Pferde auch?«
Ravin nickte.
»Wir können nicht auf sie verzichten. Natürlich kümmern wir uns um sie.«
Sie schien nachzurechnen.
»Na gut, auf eure Verantwortung. Ihr schafft Futter und genug Wasser für sie an Bord. Wir werden etwa zehn Tage unterwegs sein. Und ihr haltet sie ruhig!«
Sie klappte die Karte wieder zusammen und stand auf. Dann nahm sie eine Hand voll Skildis und schob den Rest wieder Ravin zu.
»Zwei Tage habt ihr Zeit. Wir treffen uns gegen Mitternacht am kleinen Hafen – ein paar Schritte von hier.« Sie deutete in die Richtung, aus der ihnen in der Nacht zuvor der Algengeruch entgegengeweht war. »Am besten ist, ihr kleidet euch noch dantarianischer ein und taucht in der Stadt unter. In den nächsten Tagen wird der neue Fischerrat gewählt, da werdet ihr als Fremde nicht auffallen. Wenn ihr eine billige Herberge sucht, geht zu Uja in der Schlemmfischgasse. Sie schuldet mir einen Gefallen.«
Ravin schwirrte der Kopf von der Aussicht, zwei Tage in der riesigen Stadt zu verbringen.
Sumal nahm ihren Umhang, warf ihn sich als Sonnenschutz über das Haar und ging zur Tür. An der Tür drehte sie sich noch einmal um.
»Ach ja, heute träumte ich von einer dunklen Frau. Monde leuchteten auf ihrer Stirn. Ich hoffe nicht, dass sie zu euch gehört.«
Ravin blickte verstohlen zu Ladro.
»Es sind noch zwei Frauen bei uns, aber keine trägt einen Mond auf der Stirn«, sagte Ladro wahrheitsgemäß.
Ravin verkniff sich ein Lächeln. Auf der Stirn trug Amina die Monde wirklich nicht.
»Umso besser«, sagte Sumal. »Also, schaut euch die Stadt an. Geht auf das Fischerfest am Markt. Und tauscht dieses Berggeld in Dantare um. Ich weiß nicht, wie es bei euch im Wald ist, aber hier begeht man für eine Hand voll dieser Steinchen Morde!«
Die Berührung des Traumfalters war sanft wie ein Kuss, doch so deutlich, dass Ravin spürte, wie hinter seinen geschlossenen Augen Tränen der Erleichterung brannten. Dankbar glitt er über die Schwelle zum Schlaf. Jolon wartete bereits auf ihn, hell leuchtete der Traumreif der Königin auf seiner Stirn. Hinter ihm stand die Gestalt, eine schwarze Klaue wie einen Vogelfuß auf seine Schulter gelegt. Für seinen Bruder hatte sie wohl nichts Bedrohliches, denn er lächelte und winkte Ravin zu sich. Im Hintergrund sah Ravin das Feuer und die Dämonen, aber heute hielten sie sich auf einer Seite des Feuers und schwiegen. Ravin
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