Im Bann des Fluchträgers
Rudermacher, Seiler und alle anderen außer Rand und Band, weil Dantar den großen Auftrag bekommen hat, diese Schiffe zu bauen. Und seit ein paar Tagen wird es ernst. Krieger haben ihre Zelte vor der Stadt aufgeschlagen und warten, dass die Schiffe fertig gestellt werden. Ich habe die Krieger gesehen. Sehr gut bewaffnet. Das Land, das ihre Waffen zu spüren bekommt, tut mir jetzt schon Leid.«
Ravin pochte das Blut in den Wangen. Erst als er zu sprechen anfangen wollte, wurde ihm bewusst, dass er die Zähne aufeinander gepresst hatte und sein Kiefer schmerzte.
»Es ist unser Land!«, sagte er. »Wir müssen vor ihnen da sein. Dieser Krieg wird aus dem Hinterhalt geführt.«
Er spürte, wie Ladro ihn wieder unter dem Tisch anstieß um ihn zu bremsen. Sumal schwieg lange. Die einzige Regung, die sich in ihren Augen spiegelte, gefiel Ravin gar nicht. Schließlich griff sie in aller Ruhe nach der Gielflasche.
»Ihr wollt mir damit sagen, ich soll mir die Snais entgehen lassen um mit euch um das Komos-Kap zu segeln. Und alles für den guten Zweck, damit euer Land nicht untergeht.« Sie schenkte sich ein und lächelte. »Angenommen ich tue es. Wie viel bezahlt ihr?«
»Sechshundert Skildis.«
»Wer sagt mir, dass die Auftraggeber dieser Schiffe mir nicht viel mehr dafür zahlen, euch zu bekommen?«
Sie lachte. Ravin war plötzlich gar nicht mehr sicher, ob es ein ehrliches Lachen war.
»Nur ein Scherz«, sagte sie. »Ich finde, ihr zwei seid zu leichtsinnig. Sucht mich auf und erzählt mir diese ganze Geschichte. Und verratet mir auch noch, dass die Krieger hinter euch her sind. Sehr dumm von euch. Das Lustige dabei ist, dass vor einigen Tagen einer der Heerführer bei mir angeklopft hat. Er wollte mich ebenfalls anwerben. Und wisst ihr, was ich zu ihm gesagt habe?«
Ladro hielt die Luft an. Ravin zwang sich mühsam zur Ruhe und versuchte ebenso beherrscht zu wirken wie er.
»Nein danke«, habe ich gesagt. »Ich mache es nicht.« Ich weiß nicht warum. Vielleicht weil es Krieger sind. Es würde mir nicht gefallen, Leute zu transportieren, damit sie andere Leute umbringen. Ich habe Menschen sterben sehen in der Flut. Ich habe abgelehnt. Sie haben mir fünfzehntausend Dantare geboten. Das sind umgerechnet weit über dreitausend Skildis. Und ich habe abgelehnt.«
Sie lächelte, prostete ihnen zu und nahm einen tiefen Schluck.
»Kurz und gut: Es wird nichts mit uns.«
»Aber wir brauchen deine Hilfe!«, rief Ravin.
»Tut mir Leid, Wanderer«, kam ihre gleichgültige Antwort. »Ich biete euch ein Lager für die Nacht an. Mehr kann ich nicht tun.«
»Aber du musst uns helfen!«
»Nenn mir einen vernünftigen Grund, warum ich eine solche Fahrt machen sollte.«
»Ich kann dir einen Grund nennen, viele Gründe!«
Endlich sah Ravin etwas wie Interesse in ihren honigfarbenen Augen aufleuchten. Um Zeit zu gewinnen hielt er ihr den Becher noch einmal hin.
»Wie heißt dieser köstliche Tee? Giel?«
Sie zog einen Mundwinkel nach oben, nickte und schenkte ihm nach. Er schloss die Augen und spürte mit Widerwillen, wie das saure Getränk über seine Zunge floss. Sie nennt sich Snaifischerin, überlegte er. Und es war ihr unangenehm, als ich sie fragte, ob sie Kapitänin sei. Sie ist stolz und gibt sich offensichtlich die Schuld am Verlust ihres Schiffes.
»Nun?«, fragte sie und lächelte spöttisch.
»Wäre es nicht schön, wenn die Leute dich wieder Kapitänin nennen würden – und nicht nur Snaifischfängerin?«
An der Art, wie ihr Lächeln erstarb, erkannte Ravin, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. Sie krampfte ihre Hand um den Becher.
»Und wäre es nicht schön, nicht mehr in einem Lagerraum leben zu müssen?«
Hochmütig und mit erzwungener Ruhe blickte sie Ravin in die Augen. Er hatte das Gefühl, dass sie ihm den Inhalt ihres Bechers
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