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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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fährt sie mit uns, wenn sie all ih­re Kräf­te brau­chen könn­te, um sich ge­gen die­sen Fluch zu stel­len? Sie soll­te lie­ber ver­su­chen mit Skaard­ja her­aus­zu­fin­den, wie sie dem Fluch ent­ge­hen kann. Warum lasst ihr Dari­an und mich nicht al­lein fah­ren und kehrt zu­rück in eu­er Land um Ami­na zu hel­fen?«
    »Sie hat es selbst so ent­schie­den, Ra­vin.«
    Ra­vin schüt­tel­te den Kopf.
    »Das passt nicht zu ihr. Ami­na gibt nicht auf. Als ich sie frag­te, ob sie ih­ren Bru­der auf­ge­ge­ben ha­be, da hat sie mich an­ge­schri­en. Nein, da ist et­was an­de­res. Und ich glau­be, dass du mir mehr dar­über sa­gen könn­test.«
    Einen Mo­ment lang blitz­te et­was in Ladros Au­gen auf, das er nicht deu­ten konn­te. Doch dann senk­te er den Blick und zog sei­nen Um­hang zu­recht.
    »Es passt sehr wohl zu Ami­na, dass es ihr wich­ti­ger ist, die Men­schen in Tjärg vor Jer­riks Schick­sal zu be­wah­ren. Ihr bei­de habt mit ei­ge­nen Au­gen ge­se­hen, wo­zu Dio­len fä­hig ist.«
    Ra­vin ließ den Kopf hän­gen und schwieg. Plötz­lich hör­ten sie schnel­le Schrit­te, die nicht in ei­ner Gas­se ver­hall­ten, son­dern sich dem Sei­ler­platz nä­her­ten. Bei­de spran­gen sie gleich­zei­tig auf und blick­ten auf ei­ne ho­he Ge­stalt, die sich ih­nen mit ge­senk­tem Kopf nä­her­te. Ih­rem un­be­küm­mer­ten, fe­dern­den Gang nach zu ur­tei­len glaub­te sich die Per­son auf dem Sei­ler­platz al­lein. Ra­vin staun­te über die Selbst­si­cher­heit, die die hoch ge­wach­se­ne Ge­stalt aus­strahl­te, als käme sie gar nicht auf die Idee, dass ihr in den Gas­sen oder in den Schat­ten je­mand auf­lau­ern könn­te. Ent­we­der war sie sehr arg­los oder sehr stark und kampf­ge­übt. Das Schar­ren am Gür­tel und ein lei­ses Schnap­pen, als wür­de ein Mes­ser in der Schei­de ein­ras­ten, leg­ten den Schluss na­he, dass Letz­te­res zu­traf.
    Erst als sie di­rekt vor ih­nen stand, be­merk­te sie die bei­den Frem­den, die vor ih­rem Haus war­te­ten, und hob ruck­ar­tig den Kopf. Im Dun­keln sah Ra­vin nur sche­men­haft zwei Au­gen, die ihn eher ver­wun­dert als er­schro­cken an­sa­hen.
    »Ach du gräss­li­cher Ke­rot!«, sag­te die Frem­de. »Euch gibt es ja wirk­lich!«
    »Su­mal Ba­ji San­tal­nik?«, frag­te Ladro.
    Statt ei­ner Ant­wort stieß die Ge­stalt mit dem Fuß die Tür auf. Im Mond­schein hat­ten sie le­dig­lich ein schma­les Ge­sicht aus­ma­chen kön­nen, um­rahmt von blit­zen­dem Gold­schmuck. Doch als Su­mal ei­ne Fisch­tran­lam­pe ent­zün­de­te, blieb Ra­vin der Mund of­fen ste­hen, denn er blick­te in das schöns­te Ge­sicht, das er je ge­se­hen hat­te. Sein ers­ter Ge­dan­ke war, dass al­les an ihr gol­den wirk­te. Ih­re dunkles Haar fiel ihr, straff aus der ho­hen Stirn ge­kämmt, in ei­nem kunst­vol­len Zopf bis zu den Hüf­ten. In dem von der Son­ne ge­bleich­ten Schwarz schim­mer­ten rot­gol­de­ne Sträh­nen. Su­mals Au­gen wa­ren schräg ge­schnit­ten und ver­lie­hen ih­rem Ge­sicht einen ed­len, bei­na­he hoch­mü­ti­gen Aus­druck. Die­ser Ein­druck wur­de noch ver­stärkt durch ein vor­sprin­gen­des, kräf­ti­ges Kinn. Das Er­staun­lichs­te aber war, dass Su­mal nur we­ni­ge Som­mer äl­ter sein moch­te als Ra­vin. Im Stil­len hat­te er ei­ne Frau wie Skaard­ja er­war­tet. Die große jun­ge Frau pass­te so gar nicht in das Bild, das er sich von ei­ner Ka­pi­tä­nin ge­macht hat­te. Mit ei­ner un­wil­li­gen Ges­te wink­te sie sie her­ein und ge­bot ih­nen, sich zu set­zen. Zö­gernd lie­ßen sie sich auf den Holz­klöt­zen nie­der, die of­fen­sicht­lich als Stüh­le dienten. Su­mal Ba­jis Haus sah nicht aus, als wä­re es be­wohnt. Eher glich es ei­ner Werk­statt mit al­len Ar­ten von Brech­ei­sen, Ha­ken, Net­zen und Spee­ren. In der Mit­te stand ein runder Tisch, der, jah­re­lang von Fisch­blut durch­tränkt, hart und schwarz ge­wor­den war wie ei­ne Plat­te aus Stein. Su­mal Ba­ji ent­le­dig­te sich noch ih­res Gür­tels, so­dass ihr leuch­tend gel­ber Über­wurf über ih­re Lei­nen­ho­sen fiel, dann stell­te sie drei po­lier­te Holz­be­cher auf den Tisch und ließ sich auf einen der Blö­cke fal­len.
    »Nun«, be­gann sie oh­ne Um­schwei­fe.

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