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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Kö­ni­gin war. Je­mand saß dar­auf, der be­reits im Raum ge­we­sen war, als Ra­vin durch die Dienst­bo­ten­tür in den Thron­saal ge­schli­chen war.
    Der Kom­man­dant rich­te­te sich wie­der auf.
    »Nun?«, frag­te ei­ne ver­trau­te Stim­me von der Hö­he des Throns.
    »Im süd­li­chen Teil des Wal­des dau­ern die Kämp­fe an«, sag­te der Nar­bi­ge. »Ge­gen uns steht ein Heer von Wald­krie­gern. Ich schät­ze es auf drei­hun­dert Mann. Hun­dert ha­ben wir ver­lo­ren, aber die Sol­da­ten aus Run schla­gen vor dem Abend zu­rück.«
    »Am Rand der Süd­ber­ge sam­meln sich neue Trup­pen, Herr«, sag­te ein an­de­rer. »So wie es aus­sieht, rückt die He­xe noch heu­te mit neu­en Trup­pen vor. Wenn wir nicht so­fort …«
    »Habt ihr das La­ger ge­fun­den?«, un­ter­brach Dio­len ihn. Der Mann blin­zel­te mü­de und schüt­tel­te den Kopf.
    »Das La­ger, nein, aber …« – er rang die Hän­de – »… un­se­re Hor­jun fal­len! Wir brau­chen Ver­stär­kung um zu ver­hin­dern, dass noch mehr …«
    »Du hast es al­so nicht ge­fun­den.« Dio­lens Stim­me klang freund­lich, doch der Kom­man­dant, den er un­ter­bro­chen hat­te, wur­de blass, press­te die Lip­pen zu­sam­men und schwieg. Ra­vin konn­te sei­ne Furcht bei­na­he füh­len. Ein an­de­rer trat vor. Ei­ne Prel­lung an sei­ner Schlä­fe deu­te­te dar­auf hin, dass ein Stein aus ei­ner Schleu­der ihn ge­streift hat­te. Ra­vin krampf­te sich das Herz zu­sam­men beim Ge­dan­ken, dass der Wald­mensch, der die­sen Stein ge­wor­fen hat­te, da­für viel­leicht be­reits mit sei­nem Le­ben be­zahlt hat­te.
    »Wir ha­ben et­was ent­deckt!«, sag­te der Kom­man­dant.
    Die Schrit­te von ei­sen­be­schla­ge­nen Stie­feln hall­ten auf den glä­ser­nen Stu­fen der Thron­trep­pe, dann er­schi­en Dio­len in Ra­vins Blick­feld. Von sei­nem Platz im Schat­ten des So­ckels konn­te Ra­vin nur sein lan­ges Haar er­ken­nen, das über den sil­ber­nen Um­hang fiel, doch selbst die­ser An­blick ge­nüg­te um sei­ne Keh­le tro­cken wer­den zu las­sen. Er wuss­te nicht, ob es Wut war, pa­ni­sche Angst oder bei­des.
    Dio­len ging auf sei­ne Haupt­leu­te zu und blieb vor ih­nen ste­hen. Mü­de blick­ten sie ihn an.
    »Gib her!«, sag­te er und riss dem Krie­ger mit der Ver­let­zung an der Schlä­fe das Pa­pier aus der Hand. Has­tig roll­te er die Land­kar­te auf und über­flog sie. An­span­nung lag in der Luft, ei­ni­ge der Kom­man­dan­ten wech­sel­ten einen be­sorg­ten Blick. Dann sah Ra­vin, wie Dio­lens Schul­tern sich senk­ten.
    »End­lich ei­ne Nach­richt, die sich lohnt«, sag­te er in sei­nem sanf­ten Sings­ang. Ra­vin konn­te das Lä­cheln bei­na­he spü­ren. Hass bro­del­te so jäh in ihm auf, dass er Mü­he hat­te, die Schleu­der ru­hig in sei­ner Hand zu hal­ten.
    »Haupt­mann Ko­lin! Haupt­mann Sil! Ihr bleibt in der Burg. Stellt ei­ne Trup­pe von Run-Krie­gern zu­sam­men. Wir rei­ten noch heu­te. Geht nun.«
    Ver­ständ­nis­lo­sig­keit spie­gel­te sich in den Ge­sich­tern der Haupt­leu­te. Der Nar­bi­ge trat noch ein­mal vor.
    »Aber Herr!«, sag­te er. »Meint Ihr nicht, das hat Zeit, bis die Hor­jun die Wäl­der ein­ge­nom­men ha­ben? Die Trup­pen der He­xe drin­gen vor, es wird oh­ne­hin nicht ein­fach sein …«
    »Ich ha­be ge­sagt, ihr dürft ge­hen, Sil.« Dio­lens Stim­me war lei­se und be­herrscht, den­noch vi­brier­te sie durch den Raum wie ei­ne sir­ren­de Schnei­de. Der Haupt­mann wur­de blass. Einen Mo­ment durch­bohr­te sein Blick Dio­len, dann mach­te er auf dem Ab­satz kehrt und ver­ließ flu­chend den Thron­saal. Ei­ner nach dem an­de­ren folg­ten sie ihm, zö­gernd, mit düs­te­ren Ge­sich­tern. Ih­re Schrit­te ver­hall­ten auf dem Gang.
    Nur ein ein­zi­ger Krie­ger hat­te sich nicht von der Stel­le ge­rührt. Die ha­ge­re, dunkle Ge­stalt moch­te zwei Köp­fe grö­ßer sein als Ra­vin. Sie trug noch den Helm und stand auf die Spit­ze ih­res Schwer­tes ge­stützt vor dem Thron. Nach­dem der letz­te Haupt­mann den Saal ver­las­sen hat­te, seufz­te sie und nahm den Helm ab. Ihr Ge­sicht war un­be­weg­lich und von Fal­ten durch­zo­gen. Glat­tes, schwar­zes Haar fiel auf ih­re Schul­tern. Ra­vin schlug die Hand vor den

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