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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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so weit ist.«
    Sie ki­cher­te und sah wie­der aus wie die kind­li­che Nym­phe, die ihm vor Ba­doks Burg be­geg­net war. Ver­schmitzt leg­te sie einen Fin­ger über die Lip­pen.
    »Ich ver­ste­cke mich«, wis­per­te sie und fiel in ei­nem Asche­re­gen ein­fach in sich zu­sam­men. Ein küh­ler Wind­stoß ver­trieb ih­re Wär­me und ließ Ra­vin frös­teln. Er at­me­te auf und ging durch den Stall in den Bur­g­hof zu­rück. So ziel­stre­big wie mög­lich streb­te er dem Dienst­bo­ten­ein­gang zu. Die schma­le Tür stand of­fen, un­be­hel­ligt be­trat er den lan­gen Gang und schlug den Weg zum Thron­saal ein.
    Hor­jun ka­men ihm ent­ge­gen. Ih­re Schrit­te hall­ten auf den Flu­ren, lan­ge be­vor Ra­vin sie er­blick­te. Er schi­en kein un­ge­wöhn­li­cher An­blick zu sein, denn sie ho­ben kaum den Blick, wenn sie ihm be­geg­ne­ten. Feu­ernym­phen fla­cker­ten hier und dort auf, wi­chen je­doch aus, so­bald sie Schrit­te hör­ten. Nur ihr Pras­seln und der Ge­ruch nach ver­seng­ten Tü­ren, der noch in der Luft hing, kün­de­ten von ih­ren Be­su­chen auf den Gän­gen.
    Die Tü­ren der großen Gast­ge­mä­cher wa­ren mit Bal­ken ver­na­gelt. Da­hin­ter, so ver­mu­te­te Ra­vin, wa­ren die Be­woh­ner der Burg ge­fan­gen. Doch er wi­der­stand der Ver­su­chung, an die Tü­ren zu klop­fen, und er­klomm die stei­le Trep­pe am En­de des Flurs. Ein fah­ler Him­mel schim­mer­te durch die schma­len Fens­ter. Be­feh­le gell­ten über den Hof. Ra­vin er­tapp­te sich da­bei, dass er die Trep­pen hin­au­frann­te. Mit­ten im Lau­fen brei­te­te sich wie ein Fie­ber­brand die Be­rüh­rung des Traum­fal­ters über sei­ne Stirn. Da war es wie­der: das wü­ten­de Bren­nen, das ihn an Na­jas Kuss er­in­ner­te. War es Lai­os, des­sen Schmerz er hier spür­te? Er stütz­te sich an der Wand ab und hol­te Luft, bis das Bren­nen so weit nachließ, dass er wie­der klar den­ken konn­te. Dann be­trat er den Gang im obe­ren Teil der Burg und zwang sich dem Schmerz zu fol­gen. Wie ein Blin­der, der nicht mit sei­nen Au­gen sieht, son­dern mit sei­nem gan­zen Kör­per die Schwin­gun­gen sei­ner Um­ge­bung wahr­nimmt, tas­te­te er sich wei­ter, ver­harr­te, lausch­te in sich hin­ein, bis der An­flug ei­ner Ah­nung ihn wie­der in die an­de­re Rich­tung führ­te.
    Rechts von ihm öff­ne­te sich ein Gang, an des­sen En­de sich ei­ne Tür be­fand. Die Köp­fe zwei­er Pfer­de aus Perl­mutt dienten als Tür­klin­ken. Die Tür ließ sich laut­los öff­nen. Ra­vin hat­te er­war­tet einen Raum vor sich zu se­hen. Statt­des­sen schau­te er auf ei­ne Art So­ckel, der weit über sei­nen Kopf hin­aus­rag­te und so breit war, dass er ihn nicht ein­mal mit aus­ge­streck­ten Ar­men hät­te um­fas­sen kön­nen. Er zog die Stie­fel aus und schlich dort­hin, wo Licht hin­ter dem So­ckel her­vor­schim­mer­te. Ein Ge­räusch ließ ihn in­ne­hal­ten. Atem? Nein, es klang eher wie ein Ras­seln und es kam ein­deu­tig aus dem Raum, in dem der So­ckel stand. Dann ver­nahm er ein Stamp­fen, das lau­ter und lau­ter wur­de. Noch dich­ter schob er sich her­an und brach­te sei­ne Schleu­der in Po­si­ti­on. Dann wag­te er einen Blick um die Ecke.
     
    Er kam ge­ra­de im rich­ti­gen Mo­ment um zu be­ob­ach­ten, wie die Flü­gel­tü­ren des Thron­saal auf­flo­gen und ei­ne Hor­de von Ba­doks Haupt­leu­ten in den Saal schritt. Et­wa drei­ßig wa­ren es. Die schlamm­be­spritz­ten Män­tel, man­che da­von in Fet­zen, blut­be­schmier­te Wan­gen und not­dürf­tig ver­bun­de­ne Wun­den deu­te­ten auf einen schwe­ren Kampf hin. Ra­vin stand ge­bannt und ließ den Blick über die Schwer­ter glei­ten. Er ver­dräng­te den Ge­dan­ken, wes­sen Blut die le­der­nen Schwert­schei­den dun­kel färb­te, und zwang sich mit dem Hin­ter­grund zu ver­schmel­zen. Man­che der Haupt­leu­te tru­gen ih­re Hel­me un­ter dem Arm, das wei­ße Mor­gen­licht ließ ih­re mü­den Ge­sich­ter fahl und ein­ge­fal­len wir­ken. Ein breit­schult­ri­ger Kom­man­dant, über des­sen Kinn sich ei­ne Nar­be aus ei­nem al­ten Kampf zog, trat vor und ver­neig­te sich. Jetzt erst wur­de Ra­vin be­wusst, dass der So­ckel, hin­ter dem er sich ver­steck­te, der Thron der

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