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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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bei­ge­bracht hat­te, und war­te­te auf ihr Zei­chen.
    »Komm zum Fens­ter!«, sag­te sie. Ih­re Stim­me klang tief und ein we­nig rau. Fält­chen spiel­ten um ih­re hel­len Au­gen. Fes­ten Schrit­tes ging er auf sie zu. Erst jetzt be­merk­te er, dass er mit der Kö­ni­gin al­lein im Raum war. Es mach­te ihn noch ver­le­ge­ner.
    Sie wand­te sich ganz zu ihm um und ver­schränk­te die Ar­me. Lan­ge mus­ter­te sie ihn.
    »Du bist al­so Ra­vin«, sag­te sie schließ­lich.
    Ra­vin räus­per­te sich. Un­ge­duld ließ sei­ne Stim­me hei­ser klin­gen.
    »Ja, Ma­je­stät.«
    »Dein Bru­der war lan­ge nicht mehr hier.«
    »Ja. Er spricht viel von Euch.«
    »Vor lan­ger Zeit hat er dich ein­mal in die Burg mit­ge­bracht, als er mei­nen Va­ter vom ro­ten Fie­ber heil­te. Du er­in­nerst mich kaum mehr an den klei­nen Jun­gen von da­mals – du bist er­wach­sen ge­wor­den. Wirst du auch ein Shan­jaar wer­den wie dein Bru­der?«
    Ra­vin schüt­tel­te den Kopf.
    »Nein. Ich bin ein Jä­ger, kein Hei­ler. Und auch die Ma­gie liegt mir nicht.«
    »Was jagst du?«
    »Ran­jögs, Fi­sche, Vö­gel, Ech­sen – al­les, was wir be­nö­ti­gen.«
    Sie zog an­er­ken­nend die Au­gen­brau­en hoch.
    »Du bist sehr jung für einen Ran­jög­jä­ger. Und ich neh­me an, du bist im­mer noch so ein gu­ter Rei­ter, nicht wahr?«
    »Nun, so sagt man bei uns im Wald«, mein­te er ver­le­gen.
    Die Kö­ni­gin lach­te.
    »Zu­min­dest was die Be­schei­den­heit an­geht, seid Jo­lon und du euch ähn­lich.«
    Dann wur­de ihr Ge­sicht ernst.
    »Ra­vin, du hast be­reits ge­hört, dass Ge­sand­te aus Lom und an­de­ren Nach­bar­län­dern hier sind. Die Ge­sand­ten von Ta­na sind ein­ge­trof­fen und er­war­ten mich in Kür­ze im Zim­mer der Rä­te. Man sag­te mir, du seist mit ei­ner Bot­schaft hier­her ge­kom­men. Jo­lon ist in Ge­fahr?«
    Ra­vin senk­te den Kopf.
    »Ja«, sag­te er. »Wir glau­ben, dass er ster­ben wird, wenn wir nicht schnell Hil­fe fin­den.«
    »Ist er ver­letzt?«
    »Nicht so, dass man es se­hen könn­te. Vor­ges­tern ritt er in das be­nach­bar­te La­ger um ei­ne Kran­ke zu be­su­chen. Er ritt al­lein, ob­wohl ich ihn ge­be­ten hat­te mich mit­zu­neh­men. Seit ei­ni­gen Wo­chen stürmt es im Wald wie seit Jah­ren nicht mehr, die Bäu­me tra­gen in die­sem Jahr kaum Früch­te und der Wald ist ge­fähr­lich ge­wor­den. Jo­lon kehr­te be­reits in der­sel­ben Nacht zu­rück. Und er war mü­de – so mü­de, wie ich es bei ihm noch nie er­lebt hat­te. Sein Ge­sicht war bleich, er sprach wie im Traum, schlep­pend und oh­ne Zu­sam­men­hang.«
    »War er ver­wun­det?«
    »Nein, er ließ sich vom Pferd glei­ten und ver­lor das Be­wusst­sein. Und ist bis heu­te nicht er­wacht. Er fie­bert.«
    Ra­vins Stim­me zit­ter­te bei der Er­in­ne­rung an das ge­quäl­te Ge­sicht sei­nes Bru­ders, doch er fass­te sich wie­der. »Wir ha­ben al­les ver­sucht um das Fie­ber zu sen­ken, da­mit er wie­der zur Be­sin­nung kommt.«
    Die Kö­ni­gin hat­te sich auf­ge­rich­tet.
    »Oh, mein ar­mer Jo­lon«, sag­te sie ton­los.
    »Und da ist noch et­was.«
    Sie blick­te ihn auf­merk­sam an.
    »Jo­lon trug einen Stein bei sich. Einen pur­pur­nen Kris­tall, nicht grö­ßer als ei­ne Kin­der­faust. Wir wis­sen nicht, wo­her er stammt. Nie­mand, den wir be­fragt ha­ben, kennt die­se Art von Kris­tall.«
    »Hast du ihn mit­ge­bracht?«
    Ra­vin schüt­tel­te be­küm­mert den Kopf.
    »Wir woll­ten ihn aus Jo­lons Hand neh­men. Doch er hört auf zu at­men, wenn man den Stein von ihm ent­fernt. Wir ha­ben es ver­sucht, aber man konn­te zu­se­hen, wie Jo­lon so­fort schwä­cher wur­de.«
    Die Kö­ni­gin dreh­te sich zum Fens­ter und blick­te wie­der auf das Tjärg­land vor der Burg.
    »Das klingt nicht gut, Ra­vin«, sag­te sie lei­se.
    »Wir ha­ben die Shan­jaar aus den an­de­ren La­gern ge­holt, doch auch sie konn­ten nicht hel­fen.«
    Ei­ne Pau­se ent­stand. Die Re­gen­trop­fen schlu­gen an die Fens­ter, der Wind trieb Wir­bel von ab­ge­ris­se­nen Blät­tern die Burg­mau­ern hoch.
    »Ich wer­de al­les tun, was in mei­ner Macht steht, Ra­vin«, sag­te sie. »Doch liegt es nicht an mir, zu ent­schei­den, wie ich Jo­lon hel­fen kann. Wir müs­sen die Zau­be­rer des

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