Im Bann des Fluchträgers
gefährlicher und größer waren als hier, dort gab es ledermäulige Pferde mit Reißzähnen und Menschen, die für eine Hand voll Kristalle andere töteten. Er schauderte. Doch dann dachte er an Jolon, wie er auf seinem Lager aus geflochtenem Gras lag und bis zu seinem Tod so liegen würde, wenn er ihm nicht half. Er konnte zurückreiten und dabei zusehen, wie Jolon starb. Oder er konnte zumindest versuchen, dem Märchen um Skaardja auf den Grund zu gehen.
»Und wenn ich ins Grenzland reite?«, fragte er.
Stille trat ein. Atandros und Jarog sahen ihn an, Unglauben und, wie ihm schien, ein Hauch von Verachtung über so viel Dummheit zeichneten sich in ihren Blicken ab. Nur die Königin blieb unbewegt.
»Mein Bruder wird sterben«, sagte Ravin und hoffte, dass seine Stimme fest und entschlossen klang. Laios’ kieselharte Augen hellten sich auf, ein Lächeln floss über sein Gesicht und ließ es plötzlich jung und weich werden.
»Der Junge hat völlig Recht! Kein Zauber ist unauflösbar. Vielleicht ist die Zeit gekommen, Unmögliches zu erreichen.«
Die Königin lächelte dem alten Mann zu.
»Du glaubst, es gibt Hoffnung?«
Energisch schüttelte Laios den Kopf.
»Das habe ich nicht gesagt. Wenn Ihr mich so fragt, sage ich: nein. Keine Hoffnung. Keine Möglichkeit, auf keinen Fall. Aber was bedeuten schon die Worte von drei – Shanjaars?«
Ganz betont gebrauchte er dieses Wort aus dem Wald und zwinkerte Ravin zu.
»Aber du sagtest doch, dass kein Zauber unbesiegbar ist?«, spottete Jarog. Ravin konnte ihm ansehen, dass er eine weitere Unterredung für Zeitverschwendung hielt.
»Spekulation!«, erwiderte Laios und lächelte wieder sein faltiges Lächeln. Atandros und Jarog wechselten einen deutlichen Blick und schwiegen.
»Reine Spekulation. Was wissen wir schon von der Welt? Und was viel wichtiger ist, was wissen wir von Skaris? Von seinem Zauber, seinen Flüchen, seinen Freuden?«
»Wir wissen, dass es alles andere als ungefährlich ist«, murmelte Atandros.
»Mehr als genug wissen wir!«, warf Jarog ein. »Als ich dort war …«
»… warst du jung und unerfahren, wie ich vor noch viel längerer Zeit«, unterbrach ihn Laios. »Aber wir sind alt, Jarog, alt, mächtig und engstirnig geworden – hier ist endlich jemand, der sich nicht abfinden will mit den Grenzen aus Glas, die wir bereits als Gesetze aus Stein achten. Es mag gefährlich sein, aber ist es besser, ihn ohne Hoffnung in seinen Wald zurückzuschicken?«
Jarogs Zornesfalte wurde noch steiler.
»Was also rätst du unserem Gast?«, fragte die Königin.
Laios zuckte die Schultern.
»Ich kann ihm nicht raten, ich kann nur sagen, dass wir ihn nicht aufhalten sollten, wenn er nach Skaris reiten will.«
Jarog schüttelte empört den Kopf.
»Ich will reiten!«, sagte Ravin mit fester Stimme.
»Ist das wirklich dein Entschluss, Ravin?«, fragte die Königin.
Er nickte.
Jarog verzog verächtlich den Mund. Laios warf den Zauberern einen triumphierenden Blick zu und wirbelte erstaunlich flink zur Königin herum.
»Ihr hört es, Majestät!«
»Einen unerfahrenen Waldmenschen allein ins Grenzgebiet nach Skaris zu schicken, das ist Dummheit und Wahnsinn in einem!«, schimpfte Jarog.
»Wer sagt, dass ich ihn alleine auf die Reise schicke?«, erwiderte Laios. »Natürlich sollte er einen Weggefährten haben. Nun, ich bin bereits zu alt, und ihr beiden«, er machte eine Handbewegung in Richtung der Zauberer, »werdet hier bei Hofe dringender gebraucht – zumal Jarog gerade erst von seiner Reise zurückgekehrt ist. Deshalb schlage ich vor, dass Darian ihn begleiten soll!«
»Was?«, riefen beide Zauberer aus. Ravin zuckte zusammen. Beunruhigt bemerkte er, wie selbst die Königin eine Augenbraue hochzog.
»Bist du sicher, dass Darian
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