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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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sich dicht zu­sam­men. Ra­vins Herz klopf­te bis zum Hals. An sei­ner Sei­te konn­te er spü­ren, wie Sel­la am gan­zen Kör­per zit­ter­te. Wie­der er­scholl das Horn, dies­mal lau­ter und be­droh­lich na­he. Kurz dar­auf hör­ten sie Pfer­de­ge­trap­pel und Stim­men. Dicht vor Ra­vins Na­se stampf­te ein Pfer­de­huf auf. Das mes­ser­scharf ge­schlif­fe­ne Huf­ei­sen zer­schnitt mit ei­nem Knir­schen ei­ne di­cke Wur­zel. Ra­vin hielt den Atem an.
    »Wo sind sie hin?«, frag­te ei­ne nä­seln­de Stim­me.
    »Da ent­lang, hier sind Spu­ren«, er­wi­der­te ei­ne tiefe­re. »Ver­damm­tes Jer­rik-Pack. Schaut euch die­se Huf­spu­ren an – das sind ge­spal­te­ne Hu­fe! Rei­ten die jetzt auf Zie­gen?«
    »Zie­gen oder nicht, wir wer­den sie fin­den!«
    Zehn, viel­leicht auch zwan­zig Stim­men ant­wor­te­ten mit Ge­brüll, dann stürm­te die gan­ze Meu­te los. Der Bo­den beb­te. Ra­vin spür­te, dass das Blut aus sei­nem Ge­sicht ge­wi­chen war. Erst lan­ge nach­dem die Ru­fe und das Jagd­horn ver­k­lun­gen wa­ren, wag­ten sie es, un­ter der Tan­ne her­vor­zu­lu­gen.
    »Wer wa­ren die?«, flüs­ter­te Dari­an.
    »Of­fen­sicht­lich sind sie auf der Jagd nach – Jer­riks.«
    »Un­se­re Pfer­de kön­nen sie je­den­falls lan­ge ja­gen«, sag­te Dari­an und ver­such­te ein Lä­cheln, das miss­glück­te. »Ich hof­fe nur ei­nes, dass Don­do und Va­ju un­ser Ge­päck nicht ver­lie­ren.«
    Sel­las Au­gen lo­der­ten. Dari­an woll­te den Arm um sie le­gen, doch sie be­merk­te die Ges­te nicht und zog sich un­ter die Tan­ne zu­rück. Als sie wie­der her­vor­kam, hat­te sie einen Le­der­beu­tel in der Hand.
    »Der ge­hört kei­nem von uns«, sag­te Dari­an.
    Sel­la zeig­te auf sich und warf sich den Beu­tel über die Schul­ter.
    Ra­vin be­griff.
    »Es ist Sel­las Beu­tel. Ir­gend­wo hier lebt ver­mut­lich auch ihr La­ger.«
    Sel­la nick­te.
    »Und wenn ich mich nicht ir­re, ge­hört sie zu den Jer­riks«, fuhr Ra­vin fort.
    Sel­la mach­te ei­ne un­ge­dul­di­ge be­ja­hen­de Ges­te und ge­bot ih­nen, ihr zu fol­gen. Sie schlug nicht den Weg zur Lich­tung ein, son­dern wand­te sich der Him­mels­rich­tung zu, die tief in das Herz des Wal­des wies.
    Ra­vin klopf­te die Tan­nen­na­deln von sei­nem Man­tel. Ihm war al­les lie­ber als in die Rich­tung zu lau­fen, in der die Rei­ter ver­schwun­den wa­ren. Der Wald war nun sehr still, ih­re ge­flüs­ter­ten Wor­te schie­nen im Dun­kel der Blät­ter auf­ge­saugt zu wer­den und ver­stumm­ten dumpf oh­ne das Echo der Hall­ge­spens­ter.
    »Meinst du nicht, wir soll­ten zu­rück­rei­ten und im Grenz­ge­biet blei­ben?«, flüs­ter­te Dari­an.
    Ra­vin schwank­te einen Mo­ment zwi­schen Angst und Zu­ver­sicht, dann sieg­te die Zu­ver­sicht.
    »Im Au­gen­blick ist es das Si­chers­te, Sel­la zu fol­gen. Und viel­leicht wis­sen die Jer­riks, wo Skaard­ja sein könn­te.«
    »Über­all und nir­gends. Doch die­se Rei­ter sind da und sehr wirk­lich!«
    »Wir wer­den Skaard­ja fin­den.«
    Dari­an seufz­te, dann stahl sich lang­sam wie­der das über­mü­ti­ge Lä­cheln in sein Ge­sicht.
    »Viel­leicht hast du Recht, Ra­vin. Skaard­ja ist nicht mehr im Grenz­ge­biet. Und wir wuss­ten, dass die Rei­se ge­fähr­lich sein wür­de. Was er­war­te ich ei­gent­lich?« Er zwin­ker­te Ra­vin zu. »Wir fin­den sie – für Jo­lon!«
    Ra­vin nick­te.
    »Und für Sel­la«, sag­te er lei­se. »Du wirst sie für Sel­la fin­den.«
    Dari­an sah ihn ver­dutzt an, dann be­gann er zu strah­len. »Ja«, sag­te er. »Auch für Sel­la.«
     
    I
    n Sel­las Beu­tel fan­den sich Din­ge wie Dörr­fleisch und ei­ne zu­sätz­li­che Woll­de­cke, die sie warm hielt, wenn sie sich nachts zu­sam­men­ge­rollt wie Füch­se ge­gen­sei­tig wärm­ten. Un­ter den aus­la­den­den Tan­nen duf­te­te es nach Harz und san­di­ger Er­de. Wenn Sel­la un­ru­hig wur­de, mur­mel­te Dari­an einen mehr oder we­ni­ger ge­lun­ge­nen Ne­belzau­ber und sie wan­der­ten bei­na­he un­sicht­bar zwi­schen den di­cken Stäm­men.
    Hall­ge­spens­ter flüs­ter­ten und klag­ten über­all, doch Ra­vin und Dari­an fiel es nicht schwer, zu schwei­gen. So lan­ge wa­ren sie be­reits un­ter­wegs, dass es

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