Im Bann des Fluchträgers
eure.«
Ravin nickte. Der Krieger wandte sich an jemanden, der offensichtlich links vor ihnen ging: »Steig mit auf und pass auf, dass unserem Gast nichts passiert.«
Ravin spürte, wie sich ein biegsamer Körper hinter ihm in den Sattel schwang. Er wollte protestieren, weil er fürchtete, dass Vaju sie beide abwerfen würde, doch zu seinem Erstaunen blieb das Regenbogenpferd ruhig. Eine flinke Hand wand ihm die Zügel aus den Fingern.
»Halt dich fest, sonst fällst du zwischen die Schlingpflanzen!«, zischte ihm das Mädchen ins Ohr.
Vaju warf den Kopf herum, machte einen Bocksprung und galoppierte aus dem Stand an. Ravin hatte reiten gelernt, bevor er laufen konnte, doch nun fühlte er sich, als säße er zum ersten Mal auf einem Pferderücken. So musste es sich anfühlen, bei einem Erdbeben auf einem Steinrutsch das Gleichgewicht zu halten. Zweige peitschten ihm ins Gesicht, neben ihm ertönten Anfeuerungsrufe. Sie schienen in halsbrecherischem Tempo über schwankenden Boden zu galoppieren. Hinter sich hörte er Dondolos Schnauben. Ringsumher knackten Zweige, entwurzeltes Moos wirbelte hoch und streifte seine Beine, doch er hörte keinen Hufschlag. Wie eine Geisterarmee jagten sie durch den Wald. Hinter ihm lachte das Mädchen, flüsterte jemandem etwas zu und trieb Vaju an, die alle Muskeln spannte und noch schneller vorwärts stürmte. Ein Wettlauf!, dachte Ravin voller Entsetzen. Sie veranstalteten ein Wettrennen mitten im Wald! Doch hatte er so viel damit zu tun, sich im Sattel zu halten, dass er nicht protestieren konnte.
»Runter!«, rief das Mädchen ihm ins Ohr und schon peitschten Zweige schmerzhaft seine Schulter und Stirn. Kühle Waldluft schlug ihm entgegen. Gerade als Ravin dachte, er müsse beim nächsten abrupten Sprung vom Pferderücken stürzen, stemmte sich Vaju mit den Vorderbeinen in den Boden und hielt an. Trockener Erdstaub wirbelte Ravin um die Nase. Er musste husten. Das Mädchen sprang ab und zog ihn hinunter. Mit wackligen Knien landete er auf harter, trockener Erde.
Das Mädchen führte ihn über freies Gelände, bis seine Füße Gras berührten, dann endlich nahm ihm jemand die Binde ab. Grelle Lichtpunkte blendeten ihn und er schloss rasch die Augen. Blinzelnd erkannte er nach und nach, dass die tanzenden Punkte Lagerfeuer waren. Das Lager war gut versteckt in einem Felskessel, der von dichtem Wald und Fels begrenzt wurde. Im Hintergrund hörte man das Rauschen eines Flusses.
»Ich habe schon befürchtet, ich würde mir den Hals brechen«, sagte Darian.
»Da bist du nicht der Einzige«, entgegnete Ravin und zupfte ärgerlich an seinem zerrissenen Ärmel.
»Sieht aus wie ein geheimes Lager. Ich habe gespürt, dass wir vor wenigen Augenblicken einen magischen Bannkreis durchritten haben!«
»Das heißt, dieses Lager kann niemand betreten?«
»Das heißt es«, mischte sich die junge Frau ein. »Nicht einmal die Hallgespenster.«
Wie aus dem Nichts war sie wieder neben Ravin aufgetaucht. Sie führte Vaju und Dondo am Zügel. Erstaunt bemerkte Ravin, dass die beiden Pferde bereits abgesattelt waren. Das Mädchen strich Vaju über den Hals.
»Es ist das erste Mal, dass ich Tjärgpferde sehe«, sagte sie. »Deine Stute läuft sehr gut! Wie heißt sie?«
Ravin nahm ihr wütend die Zügel aus der Hand.
»Vaju«, antwortete er. »Und ich bin froh, dass sie sich bei diesem Ritt kein Bein gebrochen hat.«
Das Mädchen blickte ihn amüsiert an.
»Tjärgpferde brechen sich nicht die Beine. Du müsstest das wissen.«
Ravin strich Vajus Mähne glatt.
»Trotzdem«, sagte er. »So grob geht man nicht mit ihr um.«
»Ich war nicht grob. Aber wir mussten uns beeilen. Wie heißt ihr?«
Darian und Ravin blickten sich an.
»Ravin va Lagar«, sagte Ravin ernst. »Ich komme aus
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