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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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nahm einen tie­fen Schluck. Ra­vin wuss­te nicht, was er sa­gen soll­te. Zu ger­ne hät­te er mehr über Dio­len er­fah­ren, doch er biss sich auf die Zun­ge.
    »Na­tür­lich ken­ne ich Dio­len«, be­gann der Al­te nach ei­ner Wei­le, als hät­te er Ra­vins stum­me Fra­ge er­ra­ten. »Das heißt, ich kann­te ihn. Macht und Gier kön­nen einen Men­schen ver­än­dern und das Schlimms­te in ihm we­cken. Du brauchst gar nicht den Kopf zu schüt­teln, Wald­mensch. Ich neh­me Dio­len nicht in Schutz und nichts kann je ent­schul­di­gen, was er eu­rem Mäd­chen an­ge­tan hat. Und den­noch weiß ich, dass nie­mand nur gut oder nur bö­se ist. Wer weiß, was aus dir wer­den wür­de, wenn du auf der Sei­te stün­dest, die wir die falsche nen­nen? Du bist ge­schickt, du ver­stehst es, die Men­schen mit Wor­ten zu len­ken. Aus dir könn­te ein ge­witz­ter Haupt­mann wer­den, ein Herr­scher – oder ein Ver­rä­ter.«
    Er lehn­te sich mit ei­nem Seuf­zen zu­rück.
    »Ich ha­be Dio­len auf­wach­sen se­hen. Er war kein schlech­ter Jun­ge – im Ge­gen­teil. Er war klug, au­ßer­ge­wöhn­lich klug. Er lieb­te Mu­sik, die Leu­te hat­ten ihn gern. Er war ganz an­ders als sein Va­ter Ba­dok, der ein Kämp­fer ist, grim­mig, jäh­zor­nig und wort­karg – doch stets ge­recht. Zu­min­dest war er das, bis er sich schlech­te Be­ra­ter such­te.«
    »Zau­be­rer?«
    Der Al­te run­zel­te die Stirn und schüt­tel­te den Kopf.
    »Nein, das glau­be ich nicht. Es war ein Rei­sen­der, ver­mut­lich aus Skum­ran, nörd­lich der Feu­er­ber­ge. Je­den­falls trug er de­ren Tracht, als ich ihn zum ers­ten Mal sah. Als er bei Ho­fe er­schi­en, hat sich al­les ge­än­dert. Ba­dok wur­de noch ver­schlos­se­ner und schrof­fer. Und was viel wich­ti­ger war, er be­gann will­kür­lich und un­ge­recht zu sein. Schließ­lich über­trug er ge­gen den Rat sei­ner Haupt­leu­te Dio­len die Herr­schaft über die Hor­jun. Und die­se plötz­li­che Macht stieg dem Jun­gen of­fen­sicht­lich zu Kopf.«
    »Wo ist die­ser Be­ra­ter jetzt?«
    Der Mann lä­chel­te tief­grün­dig.
    »Er ver­schwand so schnell, wie er ge­kom­men war. Wahr­schein­lich hat Ba­dok ihn um­brin­gen las­sen. Un­mit­tel­bar da­nach stan­den die ers­ten Krie­ger aus Run vor der Burg. Und Ba­dok ge­währ­te ih­nen Ein­lass. Mich hat er noch am sel­ben Tag ver­bannt und mei­ne Lehr­lin­ge in al­le Win­de zer­streut. Nur weil ich ei­nes sei­ner Staub­ge­sich­ter da­hin ge­schickt ha­be, wo es hin­ge­hör­te. Er glaubt, ich bin nicht mehr in Ska­ris. Aber es ist mein Ge­bir­ge! Hier bin ich ge­bo­ren, hier wer­de ich über die lich­te Gren­ze ge­hen. Und wie du siehst, hel­fe ich manch­mal de­nen, die un­ter Ba­doks und Dio­lens Wahn­sinn lei­den.«
    Ra­vin be­trach­te­te den Dampf, der aus sei­ner Scha­le auf­stieg und selt­sa­me Fi­gu­ren bil­de­te. Er sah ein Pferd, das sich in einen Vo­gel ver­wan­del­te, und zwin­ker­te. Mü­dig­keit ver­ne­bel­te sei­ne Ge­dan­ken.
    »Dann warst du das«, sag­te er. »Als Ami­na und ich über die Kluft ge­sprun­gen sind und die Hor­jun uns nicht ge­fun­den ha­ben.«
    Der Mann schi­en ein we­nig zu er­rö­ten.
    »Nun ja«, gab er zu. »Ein Spie­gelzau­ber, wie ihn in man­chen Dör­fern hier je­des Kind be­herrscht. Ihr wart zwei und sie zu zehnt.«
    »Und du und dei­ne Brü­der wa­ren zu­fäl­lig am rich­ti­gen Ort, um uns in dem rie­si­gen Ge­bir­ge recht­zei­tig zu ent­de­cken?«
    »Wel­che Brü­der?«, frag­te der Mann auf­rich­tig er­staunt.
    »Die an­de­ren Män­ner, die ge­nau­so aus­se­hen wie du. Vier wa­ren es auf dem Pla­teau.« Der Mann schau­te ihn ver­blüfft an, dann be­gann er lang­sam zu ver­ste­hen und brach in Ge­läch­ter aus.
    »Das war al­les ich! Das ist eben­falls ein Spie­gelzau­ber, al­ler­dings ei­ner, der in die Zeit ge­webt wird.« Er lä­chel­te stolz. »Die­sen Zau­ber be­herr­sche nur ich. Da­durch bin ich schnel­ler als ir­gend­je­mand sonst in Ska­ris. Ich kann an je­dem Ort gleich­zei­tig sein.«
    Er wur­de ernst.
    »Ich be­ob­ach­te euch be­reits ei­ne gan­ze Wei­le. Schon seit da­mals, als du durch den Tun­nel zu den Burg­gär­ten ge­langt bist. Da war ei­ne ziem­lich große Mar­tis­kat­ze

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