Im Bann des Fluchträgers
hinter dir her. Du hattest Glück, dass ich sie schneller erwischt habe als sie dich.«
Ravin erinnerte sich an das Geräusch von weichen Pfoten, die hinter ihm herschlichen und fühlte, wie er wieder zu zittern begann.
»Wenn es so ist, dann danke ich dir für deinen Schutz«, sagte er aufrichtig. »Du weißt nun, wer ich bin und wer meine Freunde sind. Nun ist es an der Zeit, dass du mir verrätst, wer du bist, alter Mann.«
Der Fremde lächelte dünn und stellte seine Schale beiseite.
»Ich bin Skaardja«, sagte er geduldig und fügte verschmitzt hinzu: »Und ich bin eine Frau.«
Als Ravin sich am Tee verschluckte, sprang sofort ein Höhlentreter herbei und begann ihm freundlich und viel zu fest auf den Rücken zu klopfen. Ravin schnappte nach Luft, seine Gedanken sprangen kreuz und quer. Skaardja lachte und scheuchte den Höhlentreter weg.
»Genug jetzt! Du klopfst ihm noch die Augen aus dem Kopf!«
»Skaardja?«, brachte Ravin schließlich heraus. »Ich suche dich! Ich bin von Tjärg nach Skaris geritten um dich zu finden – und deine Quelle! Mein Bruder liegt im Tjärgwald und hat diesen Kristall in der Hand. Laios meinte, es könnte auch ein Schwert oder …«
»Langsam, Junge«, wehrte Skaardja ab. »Ich sagte dir schon einmal, dass du zu ungeduldig bist. Ich werde mir deine Geschichte anhören und dir helfen, wenn ich kann. Aber bitte überrenne mich nicht. Hol einmal Luft und fang ganz von vorne an. Wer ist Laios?«
Ravin zwang sich einen Schluck Jalatee zu trinken. Seine Kehle war wie ausgedörrt. Hoffnung flackerte in ihm wie ein Feuer, das vom Wind angefacht wurde. Er räusperte sich und begann. So langsam und ausführlich er konnte, erzählte er von seiner Ankunft in Gislans Burg und der Begegnung mit den Hofzauberern. Er gab die Unterredung mit der Königin wieder und mit Laios, der ihm riet Skaardja zu suchen.
Zu seiner Überraschung lachte Skaardja.
»Euer Laios liebt wohl die Hoffnung mehr als alles andere. Gefällt mir. Einen wie ihn könnten wir hier gebrauchen.«
Sie schüttelte den Kopf und lachte wieder.
»Und dann bist du mit deinem Freund losgezogen und in einen Krieg geraten.«
Ravin nickte. Flüchtig sah er Jolon vor sich, gerne hätte er sofort nach der Quelle gefragt, doch seine Höflichkeit verbot ihm Skaardja zu bedrängen.
»Und dieser Laios ist selbst durch Skaris gezogen, als er jung war?«, fragte sie weiter. Das Lächeln, das über ihr Gesicht huschte, ließ es für einen Moment weniger männlich und kantig erscheinen.
»Vielleicht bin ich ihm begegnet und erinnere mich nicht mehr. Ja, ich war lange Zeit im Grenzland bei Tamm. Vor langer, sehr langer Zeit. Es wird dir seltsam erscheinen, aber damals war ich verliebt. Er hatte einen Hof in der Nähe von Jiln. Viele Jahre lebte ich dort und zog durch die Gegend um zu heilen und zu helfen. Nach seinem Tod kehrte ich nach Skaris zurück.«
»Wurde er getötet?«
Skaardja lächelte.
»Menschen werden alt und sterben«, antwortete sie ohne Trauer. »Aber seitdem ich wieder in Skaris bin, habe ich viele gesehen, die hier etwas suchten. Viele abgerissene wandernde Zauberer. Von Dorf zu Dorf zogen sie, immer weiter, immer mit dicken Notizbüchern unter dem Arm. Jung waren sie und sehr ungeduldig – fast so ungeduldig wie du.«
Ravin schwieg. Skaardja sah ihn lange an, bis es ihm unbehaglich wurde und er den Blick senkte. Sie weiß, dass ich ihr die Frage stellen werde, dachte er. Als er schließlich doch wieder aufsah, wäre ihm beinahe die Teeschale aus der Hand gefallen.
Ein junges Mädchen mit hellen Augen saß vor ihm. Ihr kantiges Gesicht wirkte grob, fast jungenhaft, doch die Augen waren wunderschön und die Brauen sanft geschwungen. Glänzendes, helles Haar fiel bis auf den Boden. Die viel zu weiten Hosen und das riesige Lederhemd ließen das Mädchen
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