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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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die Stirn. Ver­zweif­lung und Hoff­nungs­lo­sig­keit über­wäl­tig­ten ihn, als er das ge­quäl­te Ge­sicht sei­nes Freun­des be­trach­te­te. Zit­ternd leg­te er sich ne­ben ihn auf das Fell und schloss die Au­gen. Nichts war da. Nie­mand. Kein Traum­fal­ter, kein Ge­sicht, kei­ne Stim­me. Nur Dun­kel­heit und der lee­re Ge­dan­ke an Jo­lon, der Ra­vin das Herz schwer wer­den ließ. Und da war Sel­la. In der Schlucht lag sie, hin­ge­streckt auf dem grau­sam glat­ten Fels. Ihr Haar schmieg­te sich wie ei­ne aus­ge­brei­te­te Vo­gel­schwin­ge an den Stein. Als hät­te die­ses Bild Dari­an auf­ge­schreckt, reg­te er sich und kämpf­te sich aus sei­nem Fie­ber­schlaf in die Wirk­lich­keit.
    »Ra­vin?«, flüs­ter­te er. Trotz al­lem tat es so gut, Darians Stim­me zu hö­ren. »Ra­vin, ich ha­be ge­träumt, dass Sel­la …«
    Er wand­te Ra­vin sein blei­ches Ge­sicht zu. Traum­bil­der irr­lich­ter­ten in sei­nen Au­gen.
    »Es war kein Traum, nicht wahr?«
    Ra­vin er­schrak über die sanf­te Stim­me des Freun­des.
    »Nein«, flüs­ter­te er und schäm­te sich die­ses Wort aus­zu­spre­chen. Dari­an wur­de noch blei­cher und sah ihn lan­ge an. Dann wand­te er den Kopf zur Wand.
     
    D
    ie Trau­er­ze­re­mo­nie für Sel­la war fei­er­lich und trau­ri­ger als al­les, was Ra­vin bis­her er­lebt hat­te. Vor ih­nen er­hob sich die Klip­pe. Wenn man nach oben sah, konn­te man den Rand des Ton­jun-Pla­te­aus er­ken­nen, von dem Sel­la in den Tod ge­stürzt war. Skaard­ja hat­te sie in Sicht­wei­te des Pla­te­aus be­gra­ben, dort wo die glat­te Fels­plat­te auf­hör­te. Be­trof­fen be­trach­te­ten sie den Fels, auf dem noch der Blut­fleck zu se­hen war. Ein paar von Sel­las lan­gen Haa­ren hat­ten sich an den Kan­ten des Steins ver­fan­gen und weh­ten in der Bri­se. Bei dem An­blick wur­de Ra­vin übel und er muss­te sich ab­wen­den.
    Skaard­ja hat­te sich zu­rück­ge­zo­gen und so wa­ren sie un­ter sich, in ei­nem ma­gi­schen Schutz­kreis, aus der Fer­ne be­äugt von den Hall­ge­spens­tern. Mel Amie stand ver­stei­nert und lausch­te mit ge­schlos­se­nen Au­gen den To­ten­wor­ten, die ei­ner der äl­te­ren Krie­ger sprach, wäh­rend die Trä­nen ihm über die fal­ti­gen Wan­gen lie­fen. Ladro hielt den Kopf ge­senkt, Ami­na saß ne­ben ihm und hielt die Hän­de in­ein­an­der ge­krampft. Ab und zu wan­der­te ihr Blick be­sorgt zu Dari­an, der ne­ben Ra­vin stand und auf den Bo­den starr­te. Seit sei­ner Fra­ge in der Nacht hat­te er kein Wort ge­spro­chen und kei­ne Trä­ne ge­weint. Als die Ze­re­mo­nie be­en­det war und je­der sei­ne Hand auf Sel­las Er­de ge­legt hat­te, hob er den Blick und be­trach­te­te den Fel­sensaum des Pla­te­aus weit über ihm.
    Die Höh­len­tre­ter hat­ten ein Mahl vor­be­rei­tet, das sie nun in großen Kör­ben an­schlepp­ten. Es be­stand aus ge­düns­te­ten Kräu­tern mit Bee­ren und schwar­zem Wein. Skaard­ja er­klär­te, in den Ber­gen sei dies das To­ten­mahl. Bei die­sem Wort zuck­te Dari­an zu­sam­men. Der Aus­druck in sei­nen Au­gen war be­ängs­ti­gend. Selbst Ra­vin er­schau­er­te, als er das un­heim­li­che Glü­hen sah, das sei­nem Freund das Aus­se­hen ei­nes wahn­sin­ni­gen Schlaf­wand­lers gab. Mit Darians Herz schi­en Sel­la auch sein Lä­cheln mit in ihr Grab ge­nom­men zu ha­ben. Ra­vin be­merk­te ver­zwei­felt, wie sich die Hoff­nungs­lo­sig­keit über sie al­le senk­te. Ami­nas Au­gen wa­ren vom Wei­nen rot und ge­schwol­len. Nur Skaard­ja ließ sich von der Nie­der­ge­schla­gen­heit nicht an­ste­cken.
    »Na, was wird jetzt aus euch?«, frag­te sie, als sie zum To­ten­feu­er trat und die Flam­men mit Wi­der­wil­len be­trach­te­te. »Und wenn ihr noch so lan­ge trau­ert – eu­er Mäd­chen kommt nicht zu­rück. Ihr aber lebt noch!«
    Ladro wisch­te sich über die Au­gen. Skaard­ja ließ nicht lo­cker.
    »Ihr habt kei­ne Zeit für ein Trau­er­jahr, wenn ihr mich fragt«, sag­te sie.
    »Das wis­sen wir«, er­wi­der­te Ladro un­ge­hal­ten.
    Skaard­ja hob die Brau­en.
    »Al­so? Wie sieht eu­er Plan aus?«
    Dari­an hob den Kopf.
    »Nach Tjärg – so schnell es geht«, sag­te er. Mel Amie und Ladro wech­sel­ten einen ra­schen Blick. Aus

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