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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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stell­te der Mond­ge­sich­ti­ge fest und wink­te einen pel­zi­gen Höh­len­tre­ter her­an, der eis­kal­tes Berg­was­ser und Kräu­ter­blät­ter brach­te. Ra­vin zuck­te zu­sam­men, als das Was­ser sei­ne Haut be­rühr­te, doch er sag­te nichts und be­ob­ach­te­te das hell­blon­de, kurz ge­schnit­te­ne Haar des Frem­den, das von wei­ßen Sträh­nen durch­zo­gen war.
    »Sel­la …«, be­gann er.
    »Das Mäd­chen?«
    Der Al­te lä­chel­te ihm be­ru­hi­gend zu.
    »Ich ha­be sie vor frem­den Au­gen ver­bor­gen. Mor­gen wer­den wir sie am Fu­ße des Ton­jun be­gra­ben. Sie hät­te Dio­lens Hand neh­men kön­nen. Aber sie ist ge­sprun­gen. Das wird jetzt gleich weh­tun.«
    Ra­vin biss die Zäh­ne zu­sam­men.
    »So, das war’s. Was hast du da an der Lip­pe?«
    »Nur ei­ne al­te Ver­bren­nung.«
    »Sieht nicht schön aus. Was bist du, ein Feu­er­schlu­cker?«
    »Nein, es war ei­ne Nym­phe.«
    »Die­se Feu­er­pla­gen!«, rief der Mann är­ger­lich. »Ich kann sie nicht lei­den. Was­ser ist bes­ser, Was­ser heilt, lässt klar se­hen und wach­sen. Schau dir die­se Höh­le an, Was­ser hat sie aus dem Fels ge­spült. Und di­rekt un­ter uns fließt der Fluss, hörst du das Rau­schen? Feu­er da­ge­gen – pft! Frierst du et­wa?«
    Ra­vin be­merk­te erst jetzt, dass er zit­ter­te.
    »Ein we­nig«, gab er zu. »Aber du wirst si­cher kein Feu­er an­ma­chen.«
    Der Frem­de lä­chel­te.
    Mit den Hän­den strich er sanft über den run­den Stein. Ein ro­sa Schim­mer brei­te­te sich aus und wur­de zu ei­nem war­men Glü­hen. Wär­me flu­te­te über Ra­vins Wan­gen. Er dank­te mit ei­nem Ni­cken und nahm noch einen Schluck Tee.
    »Wo sind mei­ne Freun­de?«, frag­te er.
    »In den an­de­ren Höh­len. Ich küm­me­re mich ge­ra­de um sie.«
    Die Wor­te ver­wirr­ten ihn.
    »Geht es ih­nen gut?«
    »Es ist kei­ner tot«, sag­te der Mann tro­cken. »Aber ich kam zu spät. Zu spät für eu­er Mäd­chen.«
    Re­si­gna­ti­on schwang in der brü­chi­gen Stim­me mit. Ra­vin ver­such­te sei­nem Ge­fühl auf den Grund zu ge­hen, das ihm sag­te, dass ir­gen­det­was hier ver­kehrt war.
    »Warum hast du uns ge­hol­fen?«, frag­te er schließ­lich. Der Mann blick­te ihn aus­drucks­los an und zuck­te die Schul­tern.
    »War ein Ge­fühl«, ant­wor­te­te er nach lan­ger Pau­se. »Ich se­he, dass die­se Staub­ge­sich­ter hier in mei­nen Ber­gen rum­schlei­chen. Mit Kriegs­pfer­den und Hor­jun und auch noch mit die­sem un­säg­li­chen Dio­len an der Spit­ze. Dann se­he ich, dass sie harm­lo­se Frem­de durch das hal­be Ge­bir­ge ja­gen. Ich se­he das Mäd­chen mit eu­rem Zau­be­rer. Zwan­zig Staub­köp­fe ge­gen zwei wehr­lo­se Wan­de­rer. Und ich den­ke mir: Nicht in mei­nem Ge­bir­ge!«
    Ra­vin dach­te nach. So­sehr er auch such­te, sein Ge­fühl sag­te ihm, dass er dem Frem­den trau­en konn­te.
    »Die Staub­ge­sich­ter sind die Er­lo­sche­nen?«
    »Wie du meinst. Sie ha­ben vie­le Na­men und ei­ne Ge­mein­sam­keit: Kei­ner kann sie lei­den, seit sie hier auf­ge­taucht sind.«
    »Wie lan­ge gibt es sie schon?«
    »Sie sind so alt wie das Leid und der Tod selbst.«
    »Ich mei­ne, wie lan­ge sind sie schon in Ska­ris? Bei Dio­len und Ba­dok.«
    Der Mann zog die Stirn kraus.
    »Einen Som­mer, viel­leicht zwei?«
    »Ge­hörst du zur Burg?«
    Ein keh­li­ges La­chen war die Ant­wort.
    »Mei­ne Zei­ten im Kreis der Hof­zau­be­rer sind schon lan­ge vor­bei. Da­mals als die gan­ze Ban­de noch ver­nünf­tig war und die­se Feu­er­geis­ter schön in ih­rem Berg blie­ben, da war ich ger­ne in der Burg. Aber jetzt …«
    »Dann kennst du Dio­len?«
    »Du bist neu­gie­rig, Ra­vin va La­gar«, sag­te der Al­te und wink­te einen Höh­len­tre­ter her­bei. Ra­vin wun­der­te sich, wo­her er sei­nen Na­men wuss­te. Hat­te Ami­na ihn ver­ra­ten?
    »Und du bist un­ge­stüm. Wenn du dich hier in Ska­ris be­we­gen möch­test, musst du ler­nen, Ge­duld zu ha­ben und dich nicht un­über­legt in je­de Ge­fahr zu stür­zen.«
    Ra­vin senk­te den Kopf.
    »Ob­wohl es sehr mu­tig war, dei­nen Freund ret­ten zu wol­len. Trotz­dem – es hät­te dich bei­na­he das Le­ben ge­kos­tet, wie so vie­les an­de­re auch, nicht wahr?«
    Der Mann lä­chel­te und

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