Im Bann des Fluchträgers
kürzeren Weg nehmen.«
Ladro blickte nachdenklich auf die Karte.
»Was meint ihr?«, fragte er in die Runde. Seiner Stimme hörte man an, dass er von Skaardjas Vorschlag alles andere als begeistert war. Ravin holte tief Luft.
»Wir müssen es versuchen.«
Ladro und Mel Amie zögerten kurz, dann nickten sie.
Mel Amie starrte auf den glühenden Stein.
»Das Majuma-Meer«, flüsterte sie. »Ob wir die anderen überzeugen können?«
»Ihr müsst nicht mitkommen«, gab Ravin zu bedenken und schluckte. Schon seit Tagen lag ihm diese Sorge schwer auf der Seele. Ladro und Mel Amie sahen ihn erstaunt an.
»Nun, es ist unser Land, das erobert werden soll«, sagte er. »Es ist unsere Aufgabe, meine und die von Darian. Eure Heimat ist Skaris. Ihr solltet in euren Wald zurückkehren.«
Ladros Gesicht verfinsterte sich.
»Ravin«, sagte er ärgerlich. »Sellas Tod hat wohl nicht nur Darians Verstand vernebelt.«
R
avin! Wir reiten nach Skilmal um Proviant zu holen!« Skaardja hatte ein anderes Alter angenommen und war nun eine Frau, die etwa so alt war wie Jolon. Ihr Haar war geflochten. Sie trug einen Bauernmantel und saß auf einem winzigen Bergesel mit unglaublich dünnen Beinen. Am Zügel führte sie ein zweites Reittier.
»Nimm den hier!«, rief sie. »Deine Stute fällt zu sehr auf. Und zieh dir den Mantel über.« Sie warf ihm einen grob gewebten, steingrauen Umhang zu.
»Skilmal?«
Ravin brauchte eine Weile, bis er sich daran erinnerte – richtig! Er, Galo Bor, kam aus Skilmal. Er dachte an Ruk und musste wieder unwillkürlich lächeln.
Sie ritten auf einem schmalen Pfad zwischen hellen Felsen, kletterten immer höher und kamen schließlich zu einem Schlangenpfad, der sich dicht an einem steilen Berg nach oben wand. Links berührte Ravins Schulter den kalten Stein, rechts gähnte die nebelgefüllte Schlucht. Der Anblick verursachte ihm Schwindelgefühle. Er konzen trierte sich darauf, zwischen den Ohren des Esels hindurch nur nach vorne zu schauen. Ihm war unbehaglich zumute, was nicht nur an der Höhe lag. Irgendetwas war anders, als er es gewohnt war. Erst nach langem Grübeln fiel es ihm ein: Es war die Stille. Kein Hallgespenst war weit und breit zu hören. Allmählich hob sich der Nebel, die Sonne kroch hinter einer schartigen Felswand hervor und malte Augen und Münder auf die schroffen Bergwände. Sie erklommen einen schmalen Grat und ritten zwischen zwei riesigen Felsen hindurch. Dahinter verbreiterte sich der Weg, sodass sie nebeneinander reiten konnten. In der Ferne konnte Ravin nun einige geduckte Hütten ausmachen, die sich an den Berg klammerten.
»Das sind die Wachtürme, das eigentliche Skilmal liegt hinter dem Felskamm«, erklärte Skaardja. »Und da unten siehst du den kleinen Feuersee von Skilmal und die Schmiedehütten.«
Ravin kniff die Augen zusammen. Tatsächlich, in der Ferne glitzerte etwas, das aussah wie rotes Wasser. Dunkle Hütten kauerten rund um den See.
»Was wird dort geschmiedet?«, fragte er.
»Skilmal ist eine der besten Waffenschmieden in Skaris«, erläuterte Skaardja und trieb mit einem Schnalzen ihren Esel an. »Der Feuersee glüht heißer als alle Schmiedefeuer, die man von Menschenhand entfachen kann. Von hier kommen übrigens die Rohlinge für die Hufeisen der Horjun-Pferde. Aber sie stellen auch alles andere her, was man zum täglichen Leben braucht. Eiserne Pfannen zum Beispiel. Oder Haken, an denen Fleisch aufgehängt wird.«
»Reitest du häufig hierher?«
Sie schüttelte den Kopf.
»So gut wie nie. Ich brauche nichts, was ich nicht auch in den Bergen finden könnte. Aber ihr braucht Proviant – und ich einen Grund, in Skoblins Eck vorbeizuschauen.«
Sie lachte, ihr jüngeres Gesicht und das lange, schimmernde Haar waren immer noch ein
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