Im Bann des Fluchträgers
gekostet hätte, aber Skaardja war bereits weitergegangen.
»Was war das?«, fragte er.
»Talum!«, sagte sie. »Eine Spezialität aus Skilmal. Gekochte Sprösslinge des Bubabusches, eingelegt in eine Mischung aus Honigharz und Wein.«
Der Junge holte bereits Skaardjas Esel, zerrte sie in die Mitte des Raumes und schlang ihre Zügel um einen der riesigen Drachenzähne. Gleichmütig blickten die Tiere in den aufgesperrten Rachen. Ravins Esel gähnte. Unterdessen schleppte der Junge das erste Stück Trockenfleisch heran und wuchtete es in eine der Satteltaschen.
Skaardja zog sich den Umhang um die Schultern und bedeutete Ravin ihr zu folgen. Draußen holte sie ein Ledersäckchen aus der Tasche und gab es Ravin.
»Bis er alles aufgeladen hat, haben wir noch Zeit«, sagte sie. »Das hier sind Kimkristalle. Hier heißen sie Skildis. Für einen Skildi bekommst du zehn Flaschen Marjulawein. Mehr musst du nicht wissen.«
Sie machte kehrt und ging über einen Geröllwall. Ravin holte sie mit zwei Schritten ein.
»Wohin gehen wir?«
»Skoblins Eck! Und solange wir dort sind, stelle dich stumm.«
Die drei alten Männer, die an einem der weingetränkten Holztische saßen, sahen aus wie Steine. Sie schienen ihren Augen nicht zu trauen, als sie die große, herbe Bauersfrau und einen Jungen die Schänke betreten sahen. Die Wirtin stand hinter dem hohen Schankbrett und schälte etwas, das aussah wie goldgelbe Gurken. Ihre winzigen Augen musterten Skaardja, doch ihre Finger schälten flink und unbekümmert weiter. Ravin schien ihr Interesse in größerem Maße zu erwecken. Ungeniert schaute sie ihn von Kopf bis Fuß an, dann schickte sie einen Pfiff zur Küchentür. Fast augenblicklich erschien ein Mädchen in der Tür. Es hatte ein riesiges, blutbeflecktes Messer in der Hand, ein beunruhigender Gegensatz zu dem sanften Gesicht mit den geröteten Wangen, das von lockigem, nachlässig zusammengebundenem Haar umrahmt wurde. Die Augen, so dunkel, dass sie schwarz wirkten, wurden noch größer, als es die beiden Fremden entdeckte.
»Guten Tag!«, sagte Skaardja.
»Tag«, erwiderte die Wirtin und widmete sich wieder ihren Gurken. Die alten Männer nickten und wandten sich ihrem Spiel zu. Kreisrunde Steinplättchen klapperten über die Tischplatte.
»Kolp!«, rief der Mann, der noch einige Haare auf dem Kopf hatte. Die anderen murmelten und mischten die Steine neu. Skaardja bedeutete Ravin ihr zu folgen und setzte sich ohne Umschweife an den Tisch der Alten. Die verwitterten Gesichter wandten sich ihr schweigend zu. Steinstaub bedeckte ihre Haut. Ravin war unbehaglich zumute. Verstohlen spähte er zu Skaardja. Sie schien das Schweigen gar nicht zu bemerken. Ungerührt holte sie ihren Beutel hervor und schüttete ein Häufchen Skildis auf den Tisch. Wenn die drei Alten beeindruckt waren, ließen sie es sich nicht anmerken. Der Mann mit dem schütteren Haar bellte eine Bestellung. Das Mädchen erwachte aus seiner Erstarrung und warf das Messer in eine Spülwanne. Kurz darauf brachte es fünf dampfende Becher an den Tisch. Skaardja dankte.
Der Mann mit dem weißen, dünnen Schnurrbart schob ihr ein paar Steine zu. Ravin versuchte die Spielregeln zu durchschauen, doch es ähnelte überhaupt nicht dem Spiel, das im Tjärgwald mit runden Flusskieseln gespielt wurde. Der Ablauf dieses Spiels bestand offensichtlich ausschließlich darin, die Steine zu werfen, sich tief über sie zu beugen und die Anordnung zu prüfen. Irgendwann rief einer: »Kolp!«, woraufhin ihm die anderen einige Kristalle zuschoben. Stets waren es zwei oder vier, niemals eine ungerade Zahl. Dann wurde neu gemischt und geworfen. Skaardja spielte fieberhaft, aber mit
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