Im Bann des Highlanders
dieser schottischen Hexe zu tun haben könnt.«
Màiri erhob sich. »Ich muss jetzt gehen, Peader wird Euch gleich noch etwas Wasser bringen. Er ist mein Schwager und hat ein Auge zugedrückt, als ich ihn bat, mit Euch alleine reden zu dürfen.«
»Aber ich habe noch so viele Fragen«, protestierte Joan schwach. »Was soll mit mir geschehen? Ich bin doch keine Hexe.«
»Das weiß ich auch nicht.« Màiri wich bei diesen Worten ihrem Blick aus, dann setzte sie jedoch ein zuversichtliches Lächeln auf. »Solange Ihr Euch ruhig verhaltet, wird Euch sicher nichts geschehen.«
Die junge Frau eilte zur Zelle hinaus, schloss die Tür und schob den Riegel vor. Bevor sie sich endgültig abwandte, sah sie noch einmal kurz durch das Guckloch – dann war Joan wieder allein. Allein mit den quälenden Gedanken und der Angst, was man mit ihr vorhaben könnte.
Sie legte schließlich den Kopf auf die angezogenen Knie; der große, starke, stolze Laird of Glenbharr war abergläubisch und fürchtete sich vor einer zarten Frau.
Wenig später brachte ihr der Clansmann, von dem Màiri gesagt hatte, er sei ihr Schwager, einen großen Blechbecher mit Wasser. Er stellte ihn direkt neben die Zellentür, ohne ein Wort zu sagen. Anscheinend war Màiri die einzige Person in der Burg, die keine Angst vor ihr hatte.
Irgendwann schlief sie von Müdigkeit überwältigt ein, es war ein tiefer Schlaf, und sie träumte von den Wegelagerern, dem zornigen Gezeter Laird Dòmhnalls und von Màiris lieblichem Lächeln.
Schlief so fest, dass sie noch nicht einmal das Rascheln in ihrem Verlies bemerkte, das die Ratten bei ihren nächtlichen Streifzügen verursachten.
11. Kapitel
Joan erwachte von dem Geräusch, das der Riegel der Zellentür verursachte, wenn er aufgeschoben wurde. Sofort war sie hellwach und richtete sich auf.
»Guten Morgen.« Màiri betrat die Zelle mit einem Tablett. Diesmal hatte sie eine größere Kerze in einem Ständer dabei, der die Zelle in ein warmes Licht tauchte, was den Kerker allerdings auch nicht ansehnlicher machte. »Ein neuer Tag ist angebrochen.«
Geblendet blinzelte Joan. In diesem Verlies gab es keine Tageszeiten, dort herrschte ewige Dunkelheit.
Die Schottin stellte das Tablett vor Joan auf den Boden, dann drehte sie sich hastig zur Zellentür um, und als sie sah, dass sich Peader wieder auf seinem Posten vor der Außentür befand, zog sie eine kleine karierte Decke unter ihrem Rock hervor.
Dankbar nahm Joan die Decke an sich, die noch warm von ihrem Körper war. Ihre Glieder waren taub von der feuchten Kälte.
Das Frühstück bestand aus einigen runden plätzchenähnlichen Gebilden und einem Becher Milch. Vorsichtig nahm Joan einen der Kekse in den Mund und stellte fest, dass er vorzüglich schmeckte.
»Das sind Haferplätzchen«, sagte Màiri in ihrer ruhigen, sanften Art. »Normalerweise bekommen unsere Gefangenen nicht so etwas Feines, aber bei Euch bin ich mir sicher, dass Ihr unschuldig seid, deshalb hab ich Euch Plätzchen und Milch gebracht, das darf mein Vater allerdings nicht wissen.« Sie lächelte fein. »Mein Schwager hat getan, als sähe er nichts, er wird mich nicht verraten.«
Joan hielt beim Kauen inne. »Hier gibt es sehr viel Dinge, die aus Hafer gemacht werden, scheint mir.«
»Aye, anderes Getreide gedeiht schlecht in den Highlands.« Sie sah Joan eine Weile beim Essen zu, dann fragte sie zaghaft: »Wollt Ihr mir nicht verraten, was Ihr in unseren Wäldern wolltet?«
»Ich habe mich verlaufen«, gab Joan schließlich zurück, und das war noch nicht einmal gelogen.
Màiris skeptischer Blick blieb an Joans unförmigem, zerlumptem Gewand hängen. »Aber Euer Aufzug – Ihr scheint eine feine Lady zu sein und tragt das Kleid einer Bettlerin. Seid ihr am Ende gar ausgeraubt worden?«
»Genau so war es.« Joan spülte den Rest des Plätzchens mit einem Schluck Milch hinunter, bevor sie zum nächsten Keks griff. »Das ist eine lange Geschichte.«
»Ich habe Zeit«, erwiderte Màiri rasch. Sie setzte sich Joan gegenüber, ihre langen Röcke dienten ihr dabei als Kissen und gleichzeitig als Schutz vor der Kälte. Als sie merkte, dass Joan keine Anstalten machte, weiterzureden, fragte sie: »Verratet Ihr mir wenigstens Euren Namen?«
»Joan, ich heiße Joan Harris.«
Màiri legte den Kopf ein wenig schief. »Joan, ein schöner Name ... Seonag ...«
Joans Kopf fuhr in die Höhe. »Was habt Ihr gerade zu mir gesagt?« Dieses eine Wort hatte sie immer wieder in ihren Träumen gehört. Die
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