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Im Bann des Highlanders

Im Bann des Highlanders

Titel: Im Bann des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie MacAlistair
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vermutlich erlebte sie im Geiste das damals Erlebte noch einmal mit.
    Joan hörte gespannt zu, und noch bevor Màiri weitersprach, ahnte sie bereits, wie die tragische Geschichte enden würde.
    »Ich versteckte mich, als man die Hexe aus dem Kerker holte«, fuhr die Tochter des Lairds mit belegter Stimme fort. »Heimlich schlich ich den Männern, die die Frau in den Wald zerrten, nach – ich kann mich noch heute an jeden Baum und jeden Stein erinnern, den wir passierten.«
    »Was geschah dann?« Joans konnte ein Zittern in ihrer Stimme nicht vermeiden.
    Màiri spielte geistesabwesend mit den Fransen ihres Schultertuches, ihre Miene sah dabei leidend aus, als wäre sie selbst die Verurteilte gewesen. »Bis zuletzt wehrte sie sich, aber die Männer kannten kein Erbarmen. Sie warfen die Frau in die Grube, legten dann Holzbohlen darüber und beschwerten diese mit großen Felsbrocken.« Màiri schluckte. »Noch heute kann ich mich an das verzweifelte Schreien erinnern. Seonag, sie muss Todesängste ausgestanden haben! Ich schlich weinend zur Burg zurück, erst einen Tag später kamen die Männer zurück und berichteten, dass die Schreie aus der Grube aufgehört hatten.«
    Joan wurde abwechselnd heiß und kalt, allmählich begannen sich die Puzzleteilchen zu einem Ganzen zusammenzufügen. »Könnt Ihr Euch an den Namen der ... Hexe erinnern?«
    »Aye, sie hieß Ceana ... Ceana Matheson.«
    Joans Urahne! Jene Frau, die als letzte Schottin im Familienstammbaum galt. Jene Frau, deren Spuren Großmutter Fiona hatte verfolgen wollen!
    »Einen Monat später wurde ein Trupp in den Wald geschickt, um in die Grube zu schauen«, fuhr Màiri fort, der Joans plötzliche Veränderung entgangen war. »Meinem Vater wurde berichtet, dass die Hexe tot sei und fortan keinen Schaden mehr anrichten könne.«
    Trotz der warmen Decke fror Joan erbärmlich. Sie begriff, dass die klagende Stimme in ihren Träumen Ceana Matheson gehörte - und bei dem Erdloch, von dem Joan angenommen hatte, es sei eine Tierfalle gewesen, musste es sich um das grausige Grab der Urahne handeln.
    Die Gebeine, in deren Gesellschaft Joan eine Nacht hatte verbringen müssen, waren demnach die sterblichen Überreste von Ceana Matheson. Die Erkenntnis darüber war so ungeheuerlich, dass Joan schwer zu atmen begann.
    Sofort sprang Màiri auf und kniete sich vor die Gefangene. »Ist Euch nicht gut? Sicherlich habt Ihr zu schnell gegessen oder ...«
    Joan winkte ab und beteuerte, dass es ihr ausgezeichnet ginge, dabei versuchte sie verzweifelt, ihre wirren Gedanken zu ordnen. Sie erinnerte sich an die Stimme aus den Träumen, die sie von der Burgruine in den Wald gelockt hatte – es musste Ceanas Stimme gewesen sein, und ihr Grab hatte als eine Art Zeittunnel fungiert.
    Aber wozu? Es ergab keinen Sinn, weshalb Joan durch die Zeit gereist war – nur eines stand für sie in diesem Augenblick fest: Sie musste zurück zum Grab, um in ihre Zeit zurückkehren zu können – und zwar, bevor der rüde Laird Dòmhnall MacLaughlin etwas Ähnliches mit ihr planen konnte, wie mit ihrer Vorfahrin.
    Màiri saß noch immer direkt vor Joan und musterte diese mit einer Mischung aus Neugier und Angst. »Was ist denn mit Euch los? Euer Verhalten macht mir bange.«
    »Nein, es ist wirklich alles in Ordnung«, gab Joan mit einem erzwungenen Lächeln zurück und fuhr sich durch das Haar, das dank des Schmuckkämmchens noch nicht verfilzt war. »Aber ich fühle mich schmutzig und gäbe alles darum, mich waschen zu dürfen.«
    Erleichtert ließ sich Màiri zurückfallen. »Ich werde versuchen, morgen eine Schüssel Wasser herzuschmuggeln.« Sie hielt inne. »Nein, morgen geht nicht, da übernimmt jemand anderes Peaders Wachposten. Er und meine Schwester wollen nach Inverness.«
    Immerhin, die Stadt gab es also schon! Einem inneren Impuls nachgebend, fragte Joan plötzlich: »Welches Jahr haben wir eigentlich?«
    »Das wisst Ihr nicht?« Ungläubigkeit spiegelte sich in Màiris Miene. »Jetzt wollt Ihr mich aber veralbern, nicht wahr?«
    Stumm schüttelte Joan den Kopf. Sie musste wissen, wie viele Jahre nach Ceanas Tod im Jahre 1703 vergangen waren.
    Màiris begann das Geschirr auf das Tablett zu stellen. »Wir schreiben das Jahr des Herrn 1731.«

SCHOTTLAND
GLENBHARR CASTLE, 1731

12. Kapitel
    Màiri hielt ihr Versprechen und brachte Joan eine Blechschüssel Wasser, mit der sie sich notdürftig waschen konnte. Nebenbei erfuhr sie, dass Màiri für das Weben der Stoffe zuständig war, aus denen

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