Im Bann des Highlanders
Castle erreichen.
Bevor Joan ihren Weg fortsetzte, schaute sie sich abermals um, doch diesmal nicht ängstlich, sondern eher interessiert. Es hatte bis kurz zuvor geregnet, genau wie an jenem schicksalhaften Tag, als sie in die Vergangenheit verschwand. Die Luft roch schwer nach Harz und Pilzen und auch wenn die Bäume eine große Menge Regen abhielten, so war doch der Waldboden feucht.
Noch einmal sah Joan sich um. Dann atmete sie tief durch, presste sich die Handtasche gegen die Brust und suchte sich einen Weg durch das Dickicht.
Unvermittelt tauchte auf einem sanften Hügel mitten im Wald der riesige, auffällige Felsbrocken auf, an dessen Fuß sich der Weg aus der Wildnis befand. Befreit taumelte Joan dem grauen Stein entgegen; es gab keinen Zweifel, sie hatte bei der Grube instinktiv die richtige Richtung in die Freiheit eingeschlagen!
Tatsächlich, dort lag der Weg, der hinunter und somit hinaus aus dem Wald führte. Joan dachte nicht lange nach, als sie erkannte, dass der Pfad plötzlich breiter und die Ränder weniger bewachsen waren, sondern raffte ihren am Saum feucht gewordenen Rock und eilte davon. Da es bergab ging, kam Joan schnell voran, doch unvermittelt blieb sie mit gerunzelter Stirn stehen.
An dieser Stelle ungefähr musste es gewesen sein, als Màiri sie aus ihrem Versteck befreit und den Pferdewagen an den Wegrand geschoben hatte. Alles hatte sich verändert, die Bäume waren größer und deren Stämme viel breiter, als Joan es in Erinnerung hatte.
Für eine sentimentale Sekunde bedauerte Joan fast, dass ihre schottische Freundin fort war, doch dann überwog die Freude über ihre Freiheit und sie setzte rasch ihren Weg fort. Der Weg wurde breiter und breiter ... und dann konnte man von einem Moment zum anderen das Ende des Waldes erkennen.
Obwohl Joan, von ihrem zügigen Tempo außer Atem war, rannte sie wie von Furien gehetzt auf die Stelle zu, die den Waldrand markierte und endlich Sicherheit verhieß. Als Joan die letzten Bäume hinter sich gelassen hatte, blieb sie erneut stehen und blickte sich irritiert um.
Direkt vor ihr fiel das Gelände, auf dem Getreide wuchs, sanft ab, zur Rechten blickte Joan auf ein weiteres Waldgebiet. Und als sie langsam den Kopf in die andere Richtung drehte, stieß sie einen Freudenschrei aus – sie blickte auf die Ruinen von Glenbharr Castle. Diesmal musste sie aus einer anderen Richtung gekommen sein als im Jahre 1731, als Ewan sie entdeckt hatte, und für einen Augenblick stockte Joan der Atem.
Der Teil der Burg, auf den sie blickte, war noch recht gut erhalten, und ganz oben befand sich ein einzelnes kleines Fenster, deren leere Höhle Joan anstarrte. Ein letztes Mal sah sie sich um und erkannte voller Entsetzen, dass sie selbst vor kurzem – vor Jahrhunderten? – an diesem Fenster gesessen und sehnsüchtig hinaus geschaut hatte. Die Natur hatte sich verändert, die Bäume waren größer und auf dem Getreidefeld hatten damals Schafe geweidet, aber die Umgebung war die gleiche geblieben.
Joan heftete ihren Blick schließlich auf den regennassen Weg, der eine sanfte Biegung machte und dort in eine asphaltierte Straße überging. Sie stieß erneut einen Schrei aus – ihr Leihwagen stand noch immer dort, wo sie ihn vor ihrer Exkursion durch die Zeit abgestellt hatte!
»Das ist doch unmöglich«, hauchte sie und erhöhte das Tempo. Weit und breit war niemand zu sehen, es standen auch keine anderen Fahrzeuge vor der Ruine. Schwer atmend erreichte Joan den Mini und suchte mit fahrigen Handbewegungen in ihrer Tasche nach dem Zündschlüssel.
Sie war überrascht, dass er ins Türschloss passte und schlüpfte schnell in den Wagen, denn es begann wieder zu regnen. Ganz langsam drehte Joan noch einmal den Kopf zur rechten Seite und schluckte. Ihr Blick fiel durch das Burgtor direkt auf den Innenhof, auf dessen schäbigem und verwitterten Steinpflaster das Unkraut wucherte.
Nach einem tiefen Atemzug wandte sich Joan endgültig ab, diesen mysteriösen Ort würde sie nie wieder aufsuchen, das stand fest.
Es war ein eigenartiges Gefühl, nach der langen Zeit, in der Joan die unterschiedlichsten Gerüche wie Schimmel, ungewaschene Körper, Exkremente, aber auch Heu, Blumenparfüm und selbst hergestellte Seife aufgenommen hatte, nun den nüchternen Geruch der Kunstledersitze einzuatmen.
Kurz entschlossen drehte Joan den Zündschlüssel und schrak leicht zusammen, als sie das ungewohnte Motorengeräusch hörte. Flüchtig fiel dabei ihr Blick auf das hell
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