Im Bann des italienischen Millionaers
vorzulesen und zu versuchen, dabei nicht pausenlos an seinen Vater zu denken.
Wenn Ben eingeschlafen war, studierte sie ihre Design-Lehrbücher, um sich weiterzubilden. Dabei hörte sie die CD mit französischen Chansons, die Eloise ihr zum Abschied geschenkt hatte. Natürlich nur, weil ihr die Musik so gut gefiel. Nicht, weil die Lieder sie an die schöne Zeit auf den Seychellen erinnerte, als alles noch möglich gewesen war. Außerdem stickte sie fieberhaft an ihrem Wandbehang. Bei diesem Arbeitstempo würde er bald fertig sein.
Eines Morgens, als sie Olivias Büro betrat, um eine Broschüre zurückzubringen, hörte sie plötzlich Damianos Namen. Wie gelähmt blieb sie auf der Schwelle stehen. Offensichtlich sprach ihre Chefin mit jemandem am Telefon über das ehemalige Kutschenhaus. Da sie ihr den Rücken zuwandte, ahnte sie nicht, dass Riva alles mit anhörte.
Lauschen war sonst überhaupt nicht ihre Art. Aber aus irgendeinem Grund konnte sie sich nicht rühren, obwohl sie am liebsten davongerannt wäre.
Schließlich beendete Olivia Redwood das Telefonat und wandte sich um.
„Riva!“ Eine peinliche Stille trat ein. „Ich hatte Sie gar nicht hereinkommen gehört!“
„Die Tür stand offen“, erklärte Riva mit klopfendem Herzen. Dann fragte sie leise: „Signore D’Amico hat eine andere Innenarchitektin eingestellt?“
Bedauernd zuckte ihre Chefin die Schultern. „So läuft es nun einmal in unserer Branche. Ich dachte, Sie wüssten es bereits …“
Wortlos schüttelte Riva den Kopf. Sie brachte kein Wort heraus.
„Oh, na ja … Nehmen Sie es nicht persönlich! Auf Sie warten noch viele spannende Projekte. Kein Grund zur Aufregung.“
Aufregung? Sie war nicht aufgeregt! Sie war am Boden zerstört!
Trotzdem schaffte sie es irgendwie, zu lächeln. „Ja, ich schätze, so ist das Leben.“
Also hatte er auch in diesem Punkt nur mit ihr gespielt! Sowie sie ihm nur das kleinste bisschen Vertrauen schenkte, nutzte er es, um sie zu verletzen. Aber warum schockte sie das so? Eigentlich hätte sie es doch wissen müssen!
Gut, er war der Kunde. Wenn er die Ideen eines anderen Innenarchitekten umsetzen wollte, brauchte er nur mit dem Finger zu schnippen. Und ihre Chefin war nicht dazu verpflichtet, sie sofort darüber in Kenntnis zu setzen. Niemand konnte ihr vorschreiben, wie sie ihre Firma leitete.
Entschlossen ballte Riva die Hände zu Fäusten. Wenigstens würde er nie erfahren, wie sehr sein neuester Versuch, sie zu demütigen, ins Schwarze getroffen hatte!
Als am Abend das Telefon klingelte, entschied sie, das Thema nicht einmal zu erwähnen. „Ben schläft schon“, erklärte sie kühl und fragte sich, wieso er überhaupt so spät anrief.
„Ja, das dachte ich mir schon. Ich wollte auch eigentlich dich sprechen.“
„Mich?“ Wieso? Hoffentlich nicht, um ihr genau das zu sagen, was sie heute allein herausgefunden hatte. Dass er sie entlassen hatte!
„Es geht um Eloise.“
„Oh, Gott! Was ist passiert?“, fragte sie besorgt. „Ist alles in Ordnung?“
Nach einer kurzen Pause antwortete er: „Es geht ihr gut.“
„Warum rufst du dann an?“ Nicht einmal diese spitze Bemerkung konnte darüber hinwegtäuschen, wie erleichtert sie war.
„Du weißt sicher, dass sie nächste Woche Geburtstag hat? Françoise und André werden übermorgen gemeinsam mit ihr nach England fliegen. Ich komme nach. Sie hat sich gewünscht, dass ihre Party am Montag im ehemaligen Kutschenhaus stattfindet. Geplant ist nur eine kleine Feier. Ein paar Freunde und Bekannte. Aber ich möchte dich und Ben gern dabeihaben.“
Am liebsten hätte sie die Einladung sofort abgelehnt. Sie wollte Damiano nicht in ihrer Nähe haben. Nur wenn sie sich so weit es ging, zurückzog, würde sie irgendwann über ihren Schmerz hinwegkommen. Doch sie konnte es nicht. Trotz allem war er Bens Vater – und Eloise hatte auch ein Recht, ihren Urenkel zu sehen. Insbesondere an ihrem Geburtstag!
„Da ist noch etwas“, fuhr er fort.
Riva hielt den Atem an. Was denn, um Himmels willen?
„Ich habe die Cateringfirma und den Floristen für den Nachmittag vor der Feier bestellt. Meine Großmutter wird zu diesem Zeitpunkt beim Friseur sein. Leider kann ich nicht selbst vor Ort sein, um alles zu regeln. Könntest du das bitte für mich übernehmen?“
„Wie soll ich das machen?“, fragte sie verwirrt. „Es ist doch ein regulärer Arbeitstag!“ Unmöglich! Sie konnte nicht schon wieder freinehmen. Immerhin hatte sie gerade vier Wochen
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