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Im Bann Des Jaegers

Im Bann Des Jaegers

Titel: Im Bann Des Jaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Wachsamkeit nachließ und verletzt werden würde, aber musste das gerade jetzt eine Rolle spielen? Sie fühlte sich, als sei sie voller winziger Löcher und die Hülle ihres Körpers von Sprüngen durchzogen, so fein wie ein Spinnennetz. Eine falsche Bewegung, und sie würde zerspringen. Sie ging unter, so einfach war das. Sie hatte keine Reserven mehr, und ihre Batterien waren leer. Wenn Kane sie nicht rettete, würde sie ein letztes Mal versinken und diesmal nicht mehr wieder hochkommen.
    »Rose.«
    Das Herz schlug donnernd in ihrer Brust. Seine Stimme war unglaublich, so sexy, ein leiser Ton, der in ihrem ganzen Körper widerhallte. In seiner Gegenwart fühlte sie sich anders – weiblich, nicht mehr wie ein Soldat mit dem Blut der Toten an ihren Händen. Bei ihm hatte sie das Gefühl, auch Gelächter und Glück könnten Bestandteile ihres Lebens sein.
    »Sieh mich an, meine Süße.«
    Wenn sie das tat, würde er ihre Gefühle in ihren Augen sehen. Widerstrebend flatterten ihre Wimpern. Sie würde nicht schon wieder weinen. Was war bloß los mit ihr? Sie hatte nicht ein einziges Mal geweint, bevor er ihr wieder unter die Augen gekommen war. Sie wollte nicht, dass er sie für theatralisch hielt. Sie war nur so müde und, wenn sie ehrlich war, so froh, ihn zu sehen.
    Er nahm ihr Kinn und hob ihren Kopf. Das Pochen in ihrer Brust war alarmierend. Das Baby trommelte gegen ihre Rippen und war fast so aufgeregt wie sie. Sie feuchtete ihre Lippen an und wappnete sich, ehe sie in diese grandiosen Augen sah. Sie war so kaputt, und Kane war ein Mann von der Sorte, die eine gebrochene Frau wieder aufrichten würde, der Retter, der Held, ein Mann, auf den man zählen konnte. Sie nutzte einen anständigen Mann aus und hasste sich dafür. Er würde die Scham in ihren Augen sehen können, aber sie fühlte sie auch in ihrem Herzen.
    Sein Daumen strich über ihre Lippen, und ihr Schoß zog sich zusammen. Das Baby veränderte seine Lage. Sie zwang sich, ihre Wimpern zu heben und ihm in die Augen zu sehen. Alles in ihr verstummte und beruhigte sich. Kane mit seinem kantigen Gesicht und seinen stechenden Augen sah sie an und sah sie. Sie konnte deutlich erkennen, dass er nicht an ihr vorbeischaute oder eine Illusion betrachtete, die sie erschaffen hatte. Er sah ihre Schwächen und hatte nichts dagegen einzuwenden. Vor ihm brauchte sie sich nicht zu verstecken. Sie brauchte ihm nicht vorzuspiegeln, was er sehen wollte. Zum ersten Mal in ihrem Leben durfte sie in Gegenwart eines anderen Menschen sie selbst sein.
    »Fürchtest du dich vor mir?«
    Diese Frage hatte sie nicht erwartet. Ihr Mund wurde trocken. Tat sie das? Nicht in dem Sinne, in dem er es meinte. Kane war trotz all seiner grausamen soldatischen Fähigkeiten innerlich sanft. Das hatte sie schon von dem Moment an gewusst, als er ihr das erste Mal unter die Augen gekommen war. Er konnte von einem Moment auf den anderen auf Kampf umschalten und zu einem glühenden Beschützer werden, einem echten Kämpfer, und sie bezweifelte nicht, dass er rasch töten würde, wenn die Notwendigkeit bestand, aber innerlich war er sanft, und nur das zählte.
    »Nein … « Es bereitete ihr Schwierigkeiten, den Blickkontakt aufrechtzuerhalten, wenn sie sich nicht genau an die Wahrheit hielt. Er hatte es verdient, die Wahrheit von ihr zu hören, und sie hatte sich gelobt, sie ihm zu sagen, ganz gleich, um welchen Preis, wenn er bei ihr blieb. »Doch.«
    Er beugte sich vor und streifte mit seinem Mund federleicht ihre Lippen. Es war ein Hauch von Hoffnung, mit dem er ihr die Seele raubte. Ihr Herz machte einen Satz, und sie hatte plötzlich Schmetterlinge im Bauch und hielt ganz still.
    »Du riechst ein bisschen wie der Himmel, Rose«, sagte er und erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung, die sie an fließendes Wasser erinnerte, vom Bett. »Ich halte meine Versprechen. Wenn du auch nichts anderes glaubst, dann glaub mir wenigstens das.«
    Sie glaubte durchaus, dass er hielt, was er versprach. Sie glaubte an ihn. Und gerade darin bestand das Problem. Sie war eine Frau, die nach der Geburt von ihren eigenen Eltern verraten worden war; sie hatten sie einem Waisenhaus überantwortet, weil sie kein Junge war. Das Waisenhaus hatte sie verraten, indem es sie an Whitney verkauft hatte. Whitney hatte sie verraten, indem er sie nicht wie ein Kind, sondern wie einen Soldaten großgezogen und dann seine Experimente an ihr durchgeführt hatte. Am Ende hatte er ihr alles genommen, einschließlich ihrer

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