Im Bann des Maya-Kalenders
aktuellen wirtschaftlichen oder politischen Situation und den Lebensumständen einer Gesellschaft. So sehnen sich freikirchlich Gläubige das Ende der Zeit in Krisensituationen häufiger herbei, als wenn sie sozial aufgehoben sind und wirtschaftlich gut gebettet. Menschen, die in Wohlstand leben, freunden sich schlecht mit apokalyptischen Ideen an, weil sie sich lieber auf die Gegenwart konzentrieren als sich mit dem Tod und Jenseitsfragen auseinanderzusetzen.
Zum Inbegriff apokalyptischer Szenarien gehörten immer schon Naturkatastrophen, die ein Gefühl von Ohnmacht auslösen und den betroffenen Menschen mit einem Schlag die Endlichkeit des Lebens vor Augen führen. In alten Sagen und Mythen von über 50 Kulturen sind sintflutartige Überschwemmungen das archaische Symbol für die Endzeit schlechthin. Noch heute werden Menschen bei heftigen Stürmen, Gewittern oder Katastrophen intuitiv an die Apokalypse oder den Weltuntergang erinnert.
Erste apokalyptische Visionen
Die Idee von der baldigen Apokalypse hatten die Urchristen von der jüdischen Lehre übernommen. Die Juden waren von der bevorstehenden Erneuerung der Welt überzeugt. Ihre apokalyptischen Ideen enthielten ebenfalls Katastrophenszenarien
und Erlösungsvisionen. Auch die Essener prophezeiten damals das Ende der Welt. Sie bildeten eine Art Ordensgemeinschaft innerhalb des Judentums und lebten etwa vom 2. Jahrhundert v. Chr. bis zum 1. Jahrhundert n. Chr. zurückgezogen und asketisch in Kolonien, vor allem am Toten Meer. Persönlicher Besitz, Herrschaft und Macht wurden als gegen die Naturordnung gerichtet abgelehnt. Nach der Vorstellung der Essener ist Gott das reine, heilige, unvergleichliche Urlicht, aus dem die Geister, wie beispielsweise die Erzengel, hervorgingen, welche die Materie formten. Ihre Ordensregeln und Schriften wurden neben anderen biblischen Schriften 1947 in Qumran am Toten Meer gefunden.
Juden und Essener orientierten sich vermutlich an den orientalischen Mythen. Auch iranische, babylonische und ägyptische Heilslehren kannten einen Erlöser in der Gestalt eines universalen Lehrers und Retters. Schon Zarathustra, der Begründer der damaligen persischen Staatsreligion, verkündete etwa 1400 Jahre v. Chr. ein Gottesreich, das nach einem ultimativen Kampf zwischen den guten und den bösen Kräften auf die Erde kommen werde. Die Religion von Zarathustra, auch Zoroaster genannt, ist in einer Sammlung von Liedern, den Gathas, überliefert. Danach gibt es einen Uhuramazda (später Ormuzd) genannten Herrscher, der als heiliger Geist wirkt. Menschen, die nach dem Guten streben, erlangen nach Vorstellung der Parsen, wie sich die Anhänger Zarathustras nennen, in diesem Leben Reichtum, Kinder, Macht und ein langes Leben. Nach dem Tod gelangen ihre Seelen über die Brücke Tschinvat, in der das Gericht über Gut und Böse abgehalten wird, in das Paradies Garodemana (Garotman). Die Seele der Bösen kommt dagegen in die Hölle.
Nach Vorstellung Zarathustras wird es ein Jüngstes Gericht geben, die Welt untergehen, der böse Geist verschwinden und eine neue Welt entstehen. Der Glaube Zarathustras war die Staatsreligion des alten Perserreichs, bis es von Alexander dem Großen zerstört wurde. Er erlebte vom 3. bis 7. Jahrhundert n. Chr. im Reich
der Sassaniden eine Renaissance. Die indischen Parsen glauben heute noch an Zarathustra.
Endzeitvorstellungen reichen noch weiter zurück. Die Sumerer beschrieben schon 4000 v. Chr. das Paradies. Zudem postulieren hinduistische Heilsvorstellungen seit Jahrtausenden das »vollkommene Zeitalter«.
Auch die ägyptischen Könige glaubten im 2. und 3. Jahrtausend v. Chr. an eine messianische Erlösung. Davon zeugen schriftliche Überlieferungen. Anhänger des New Age glauben außerdem, dass die Pyramiden von Gizeh eine apokalyptische Bedeutung haben. Ganze Heerscharen von Esoterikern pilgern zu den mystischen Stätten. Selbst der Glaube an die Auferstehung von den Toten, der in der christlichen Apokalyptik eine wichtige Rolle spielt, hat historische Wurzeln, die älter als die jüdischen und christlichen Traditionen sind.
Bemerkenswert an der jüdischen Apokalypse ist die weit entwickelte Idee der Auferstehung von den Toten, wie es im Buch Daniel beschrieben wird, das etwa 170 Jahre v. Chr. verfasst wurde und Teil der jüdischen Bibel ist. Der Prophet hat erstaunlicherweise den Versuch unternommen, die Apokalypse zu terminieren. Allerdings drückt er sich sibyllinisch aus und bezieht sich bei der Zeitangabe
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