Im Bann des Maya-Kalenders

der Rat der 33, der die ranghöchsten Freimaurer umfasse. Im Komitee der 300 sitzen angeblich Banker und Politiker. Dieser Rat, der von der britischen Krone beherrscht werde, führe die Weltbank und unterstütze den Opiumhandel. Die weiteren Ebenen der Machtpyramide der geheimen Weltregierung symbolisieren angeblich die Loge »Grand Orient«, der Kommunismus, der Schottische Ritus, die Serviceclubs »Rotary« und »Lions-Club«, die Johannisgrade, die Freimaurer ohne Schurz und der Humanismus. Van Helsing entlarvt seine braune Gesinnung deutlich mit der Behauptung, der Humanismus sei das Werk des Antichristen. Indem er die definitive Kontrolle oder Machtübernahme der Illuminati und Zionisten für das Jahr 2000 prophezeite, reihte er sich in die Galerie der Endzeitpropheten, die die Apokalypse zur Jahrtausendwende erwarteten.
    Scientology-Gründer L. Ron Hubbard geehrt
    Auch Scientology-Gründer L. Ron Hubbard findet als »Persönlichkeit mit interessantem Hintergrund« einen Ehrenplatz in Van Helsings Buch. In einer abenteuerlichen These behauptet der rechte Autor, Hubbard habe als Marineoffizier vom geheimen Bewusstseinskontroll-Programm der USA Kenntnis bekommen. Nachdem sich Hubbard geweigert habe, sich den »Kontrollpsychiatern anzuschliessen«, habe Hubbard das Buch Dianetik – die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit geschrieben.
    Van Helsing lobt Hubbard mit den Worten, er proklamiere die geistige Freiheit und Integrität als Grundrecht der Menschheit. Seine Auditing-Techniken, also die Therapien, seien außerdem sehr erfolgreich. Die amerikanische Regierung habe heimlich einige Verfahren von Hubbard angewendet, »um die Versklavung der Menschheit zu versuchen«. Andere Techniken von Hubbard seien in der Tat ein Gegenmittel zu den Regierungsmethoden der Bewusstseinskontrolle gewesen.
    Die Mystifizierung des Nationalsozialismus durch so unterschiedliche Bewegungen ist ein Phänomen, das nicht allein mit der geschickten Propaganda der Neuen Rechten erklärt werden kann. Ihre ideologischen Konstrukte fallen bei den Esoterikern, Theosophen, Ufo-Gläubigen, Biozentristen und Anhängern von Naturreligionen auf einen fruchtbaren Boden. Die neurechten Ideologen profitieren von einem fundamentalistischen Zeitgeist, der eine Wiedergeburt autoritärer und mystischer Konzepte begünstigt.
    Der Verschwörungsmythos ist auch bei der theosophischen Bewegung Universale Kirche ein beliebtes Thema. In einem Schreiben an seine Anhänger erklärt Kultführer Peter Leach Lewis: »Wir leben in einer Welt, in der die Protokolle von Zion im Geheimen alles, was Du und ich für gut halten und ganz und wahr, an sich reißen und pervertieren!« Und in einem Rundschreiben
setzte er seine rassistischen Äusserungen mit den Aussagen fort, die Zionisten würden »wie die Gassenkatzen der Nacht« ihre »programmierten Schreie ›Es ist nichts als eine weitere dumme Weltverschwörungstheorie‹ in den Äther hinausmiauen, bis ihre Widersacher schweigen«. Und ein bekannter polnischer Priester habe gesagt, wegen »ihrer satanischen Gier zettelten die Juden den Zweiten Weltkrieg an, genauso, wie sie für den Beginn des Kommunismus verantwortlich waren«. Diese Aussage kommentierte Leach-Lewis mit den Sätzen: »Es ist vollkommen wahr. Dieser gesegnete Kirchenmann sprach die absolute Wahrheit.«
    Reimer Peters, Schlüsselhalter der Universalen Kirche in der Schweiz, übersetzte und verschickte den Rundbrief. Die Polizei führte im europäischen Zentrum im schweizerischen Walzenhausen eine Razzia durch. Der damals 55-jährige Vertreter der okkulten Bruderschaft wurde zu vier Monaten Gefängnis auf Bewährung und zu einer Buße von 5000 Schweizer Franken verurteilt. Peter Leach-Lewis tobte und verhöhnte danach die Schweizer Justiz. Es wäre besser gewesen, wenn die Nazis in die Schweiz einmarschiert wären, erklärte der Kultführer. Gleichzeitig bekräftigte er die rassistischen Aussagen seines Adlaten.
    Ein Beispiel dafür ist das 600 Seiten starke Buch Machtwechsel auf der Erde – Die Pläne der Mächtigen, globale Entscheidungen und die Wendezeit von Armin Risi (geb. 1962). Im Gegensatz zu Jan van Helsing argumentiert der Schweizer Verschwörungstheoretiker weniger plump. Auf den ersten Blick besticht sein Buch sogar durch seinen Faktenreichtum in geschichtlichen und spirituellen Belangen. Der aufmerksame Leser realisiert aber bald, dass das Buch beim eigentlichen Thema, den Verschwörungsideen, blutleer ist: Brauchbare Zahlen,