Im Bann des Mondes
auf uns beide. Ich weiß es nicht.« Er griff nach der zierlichen Nadel und ließ das Einhorn herumwirbeln. »Deshalb möchte ich, dass du herausfindest, was mein Bruder tut und warum.«
Luciens Mund verzog sich zu so etwas wie einem ergebenen Lächeln. »Nur damit das ganz klar ist. Du willst, dass ich den lykanischen König ausspioniere?«
Sie sahen einander durchdringend an, während die vergoldete Uhr an der Wand laut tickend die Sekunden anzeigte.
»Tja«, meinte Lucien und läutete ein Glöckchen, das neben ihm auf dem Tisch stand, »es sieht so aus, als würden wir Mary Chase brauchen.«
28
»Wer ist Mary Chase?«, fragte Daisy, während sie warteten. »Und warum brauchen wir sie?«
In Luciens seltsamen Augen blitzte ein Lächeln auf. »Zur Erkundung. Wir sind die Kundschafter der übernatürlichen Welt,
ma petite
. Für den richtigen Preis können wir jederzeit überall hin … um zu beobachten.«
Auf einmal regte Lucien sich nicht mehr, und das Licht in seinen eben noch schimmernden Augen erlosch. Eiskalte Luft strich wie ein Hauch über Daisys Wange und glitt dann um ihre Brüste. Ein eisiges Kribbeln ging über ihre empfindliche Haut, sodass ihre Nippel ganz hart wurden. Sie keuchte, als dann auch noch ein kalter Zug zwischen ihren Beine hindurchschoss. »Oh!«
Mit einem wütenden Knurren sprang Northrup auf und packte Lucien am Kragen. Der Kopf des Mannes fiel zur Seite, als wäre er ganz verblüfft. Northrup schüttelte Lucien, sodass sein Kopf vor- und zurückflog. Reißzähne traten aus Northrups Mund, seine Augen wurden rund und völlig blau. »Ich reiß dir deinen verdammten Kopf ab, wenn du nicht sofort damit aufhörst!«
Die Luft um sie herum rauschte. Luciens zusammengesackter Körper zuckte, dann blinzelte der Gim, und seine Augen wirkten wieder normal. Er bedachte Northrup, der ihn immer noch gepackt hielt, mit einem unschuldigen, kleinen Lächeln. Der vor Wut schnaubende Lykaner funkelte ihn an.
»Beruhige dich, Ian. Das war doch nur Spaß.«
Aber Northrup hörte ihn wohl gar nicht mehr. Sein Kiefer knackte, als er in die Länge wuchs und die Reißzähne oben und unten immer weiter hervortraten. »Nicht mit ihr.« Er knurrte laut, während sich seine Krallen in Luciens Hals bohrten.
Der Mann röchelte, als Daisy auch schon aufsprang. »Northrup! Hör auf.« Er sah Lucien mit gefletschten Zähnen an, und die Muskeln an seinen Unterarmen traten hervor. Scharlachrotes Blut rann über Luciens Hals und in sein schneeweißes Jabot.
»Ian.« Mit zitternder Hand berührte sie seinen Arm. Er zuckte zusammen, als hätte er einen Schreck bekommen, und sein eisig-blau schimmernder Blick richtete sich leer und wild auf sie. »Lass ihn los, Ian. Du willst ihn nicht töten. Nicht wirklich.«
Northrup legte den Kopf schief. Seine Nasenflügel flatterten, als wollte er widersprechen. Sein angespannter Körper vibrierte, während er immer wieder leise knurrte. Daisy wurde blass, ließ aber nicht von ihm ab. Sie musste seinem Versprechen, ihr niemals etwas zu tun, glauben. »Ian. Halte ein.«
Bebend begann sein Körper sich zu entspannen und wieder normale Gestalt anzunehmen, während Verwirrung und Wut aus seinem Blick verschwanden, um durch eine besitzergreifende Glut ersetzt zu werden, die sie erröten ließ. Mit einem Ächzen bestätigte er, dass er es bemerkt hatte, ehe er sich von ihr abwandte.
Northrup zerrte seine Beute hoch, bis seine Nase fast die von Lucien berührte. »Spiel mit deinem eigenen Mädchen herum, klar?«
Noch einmal knurrend schob er Lucien zurück auf seinen Stuhl. Dieser rutschte dabei ein Stück nach hinten, ehe Luciens Stiefelabsätze ihn anhielten. »Ich bitte tausendmal um Entschuldigung«, sagte Lucien keuchend. »Ich habe mich vergessen.«
Daisy, die erst jetzt begriff, dass die kalte Berührung Lucien gewesen war, war jedoch weit davon entfernt, besänftigt zu sein. »Das waren Sie?«, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Entschuldigend hielt der Mann die Hände hoch, und sie drehte sich zu Northrup um. »Ich habe mich geirrt. Reiß ihm die Hände ab.«
Northrups Augen funkelten verschmitzt, als er ihr zuzwinkerte. Sein Lächeln wirkte gefährlich, denn seine Reißzähne waren immer noch zu sehen. Er drehte sich wieder zu Lucien um und ließ seine Krallen hervortreten. Lucien wich auf seinem Stuhl zurück, und sein schöner Mund öffnete sich vor Schreck. »Aber, aber!«
Daisy bedachte ihn mit einem bösartigen Lächeln. Nachdem Northrup sich beruhigt
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