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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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heraushängen.
    Umgehend rief Daisy sich zur Ordnung, denn es stand ihr nicht zu, etwas zu verurteilen, dessen sie sich selbst schuldig machte. Sie blickte an sich herab und betrachtete ihre eigene, recht üppige Zurschaustellung von nackter Haut, die aus dem Ausschnitt ihres tief ausgeschnittenen Kleides herausschaute. Sie hatte ein Kleid gewählt, das zu ihrer Rolle passte, und deshalb ein altes Abendkleid aus leuchtend grünem Satin angezogen. In einem Ballsaal wäre so ein Kleid ganz und gar respektabel gewesen, doch mit nachlässig hochgestecktem Haar und nur einem dünnen Tuch, um ihre Blöße zu bedecken, ähnelte sie in dieser Gegend hier doch sehr einem Gangsterliebchen am Arm eines Mannes.
    »Ich geh zuerst rein«, raunte Billy ihr ins Ohr. »Er ist nicht gerade erpicht auf Besucher. Also lassen Sie mich das Reden erledigen, ja?« Sie nach diesen Worten kurz zu drücken, war völlig unnötig. »Sie halten sich einfach im Hintergrund und sehen lieb und umgänglich aus.«
    Sie stieß ihm in die Rippen. Er ächzte. »Sie bringen mich rein, und ich rede«, entgegnete sie. Wenn dieser sogenannte Parfümeur gestohlene Rezepturen erwarb, ging sie nicht davon aus, dass er geneigt sein würde zu gestehen. Aber vielleicht hegte er ein starkes Faible für Parfüms und würde nicht widerstehen können, sich über die Feinheiten bei der Kreation eines Duftes auszutauschen. Sie baute darauf, dass sich diese kleine Hoffnung erfüllen möge. »Denken Sie einfach immer daran, wer hier wen bezahlt.«
    Billy warf ihr einen Seitenblick zu. »Es wär mir lieber, Sie würden mich dafür bezahlen, meine Salzgurke zu verstecken«, brummte er.
    Daisy schnaubte leise. »Das kann ich mir vorstellen. Aber lassen Sie Ihre Salzgurke lieber im Fass, und passen Sie auf.«
    Billy grummelte etwas über hartherzige Weiber und Nervensägen, führte sie dann aber in eine dunkle Gasse, wo der allgegenwärtige Geruch zu solch einem überwältigenden Gestank wurde, dass sogar er eine Bemerkung darüber machen musste.
    »Heiliges Kanonenrohr!«, meinte er, zog ein schäbiges, knallrotes Halstuch aus Satin aus der Tasche und drückte es sich an die Nase. »Hier stinkt’s schlimmer als der Furz einer Hafenhure.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Nein, sie würde nicht lachen. Nicht wenn ihre Augen tränten und ihr Magen drohte, sich zu entleeren. Gegen ihren Willen drängte sie sich enger an Billy. Der widerliche Gestank berührte eine Saite in ihr, die das verzweifelte Verlangen zu fliehen in ihr auslöste.
    Billys Griff wurde fester. »Hier stimmt was nicht. Wir sollten lieber am Tage herkommen.«
    Dicke, graue Wolken zogen am hellen Mond vorüber, dessen Strahlen die Gasse in alle Schattierungen von Blau und Schwarz hüllte. Nichts regte sich. Fast hätte man den Eindruck bekommen können, durch die übel riechende Luft wäre alles Leben vertrieben worden.
    »Unsinn«, stieß sie hervor, obwohl ihr die Angst fast die Kehle zuschnürte. »Jetzt sind wir doch schon da.«
    Über ihnen knackte ein Balken, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Doch es war nichts zu sehen. Nur ein Geräusch, das alte Häuser eben von sich gaben.
    Billy holte tief Luft und stieß gleich darauf einen erstickten Laut aus, als hätte er unbeabsichtigt zu viel von den widerlichen Ausdünstungen geschluckt. »Puh, das ist heftig.« Er deutete auf das Ende der Gasse, wo ein heruntergekommenes Gebäude sich traurig zur Seite neigte. »In dem Haus da sitzt er.«
    Sie zögerte weiterzugehen. »Das sieht nicht wie das Haus eines erfolgreichen Parfümeurs aus.«
    »Vielleicht hat er ja anderswo noch piekfeine Absteigen«, meinte Billy gedehnt. »Aber hier dreht er seine Dinger, und deshalb bringe ich Sie her.« In seine braunen Augen trat ein überraschend sanfter Ausdruck, als er Daisy ansah. »Na, kommen Sie, Schätzchen, der alte Burnt Bill wird Sie schon vor allen Übeln der Nacht beschützen.« Er zog ein gefährlich aussehendes Jagdmesser aus seinem Bund am Rücken, wo es unter der Jacke nicht zu sehen gewesen war, und hielt es hoch, als wollte er sie damit beruhigen.
    Sie waren zwei Schritte gegangen, als plötzlich eine riesige Gestalt durch die Luft wirbelte und vor ihnen landete. Daisy schrie, als Billy zur Seite gestoßen und sein Handgelenk mit einer ruckartigen Bewegung nach oben gerissen wurde. Klirrend fiel das Jagdmesser zu Boden.
    »Na, das ist vielleicht ein großer Saufänger«, ertönte die seidig-raspelnde Stimme von Ian Ranulf, dem Marquis von Northrup.

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