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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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alle anderen Lykaner aus der Linie der Ranulfs aus. Jedes Mal, wenn ich dieses Antlitz erblicke, erinnere ich mich daran, was ich in Wirklichkeit bin. Ein Monster.« Er zwang sich zu einem Lächeln, versuchte über sich selbst zu lachen, wie er es immer tat. »Ein Monster, das sich hinter einem hübschen Gesicht verbirgt.«
    Sie erwiderte sein Lächeln nicht. »Du bist kein Monster.«
    »Wie kannst du das behaupten?« Seine Stimme hörte sich schwach an. »Nach dem, was ich getan habe?«
    »Was hast du denn getan? Mich gerettet! Und dich dabei selbst in große Gefahr gebracht!« Daisy sprach weiter. »Du hast mich ermahnt, dir fernzubleiben. Ich habe nicht auf dich gehört.«
    Als er Einwände erheben wollte, schüttelte sie den Kopf, und die goldenen Löckchen an ihren Schläfen zitterten. »Ich kenne wahre Monster. Das sind ganz normale Menschen, die schreckliche Dinge tun.«
    »Was weißt du über Monster, Daisy-Meg?« Wer hatte sie dermaßen terrorisiert?
    Sie sah ihn gequält aus großen Augen an, und er hatte das Gefühl, dass sich noch nicht einmal die Luft mehr bewegte. »Genug, um zu wissen, dass du keines bist.«
    Die Versuchung, ihr alles zu erzählen, war so stark, dass er einen Moment lang kaum atmen konnte. Keiner kannte ihn wirklich, keiner wusste alles über ihn, sondern nur die kleinen Happen, die er wie ein Geizhals gelegentlich herausgab. Bereit ihr alles zu offenbaren – den Schmerz und den Verlust –, streckte er die Hand aus, doch Daisy zuckte zurück, als fürchte sie einen Angriff. Es war nur eine kleine Bewegung und eine, die ihr vielleicht gar nicht bewusst war. Doch er reagierte so sensibel auf all ihre Regungen, dass sie ihm nicht entging.
    Diese instinktive Bewegung tat weh. Mehr als er sich vorgestellt hatte.
Du machst alles kaputt, Ian. Du und dein Tier.
Ian erhob sich mit einer Anmut, die er nicht empfand. »Na schön«, brachte er so gut es ging heraus. »Ich lasse dich dann mal in Ruhe zu Ende frühstücken.« Er verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Daisy starrte die Tür an, durch die Northrup eben so eilig verschwunden war. Sie hatte ihn verletzt. Sie wusste nicht, womit oder warum, aber dass es so war, hatte er fast greifbar ausgestrahlt, als er den Raum verließ. Und das gefiel ihr gar nicht.
    »Verdammt«, brummte sie. Dann ging sie los, um nach ihm zu suchen.
    Sie fand ihn in der Bibliothek, wo er auf einer Bank vor dem kalten Kamin saß. Er spannte sich deutlich erkennbar an, als sie hereinkam.
    »Ist irgendetwas?« Er klang locker und ungerührt, blickte sie aber nicht an – ein eindeutiges Zeichen für seinen Kummer, denn Northrup sah seinem Gegenüber sonst immer in die Augen.
    »Ja.« Sie trat weiter in den Raum. »Ich will wissen, warum du mich gerade verlassen hast.«
    Er gab einen amüsierten Laut von sich. »Dich verlassen? Was für eine theatralische Formulierung. Ich war einfach nur fertig mit dem Essen.« Er drehte sich immer noch nicht zu ihr um.
    Langsam ging sie auf ihn zu und bemerkte, wie er bei jedem ihrer Schritte zusammenzuzucken schien. »Wusstest du, dass ich es immer erkenne, wenn jemand lügt?«, fragte sie und blieb stehen. »Das ist eine ziemlich nützliche Fähigkeit. Es hat meine Schwestern immer in den Wahnsinn getrieben.«
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete er einen Fleck auf dem Teppich, den nur er sehen konnte. »Daisy … Es war eine lange Nacht. Bitte, geh. Ich bin nicht in der Stimmung, mich mit dir auseinanderzusetzen.«
    Sie hätte eigentlich wissen müssen, dass sie seiner Aufforderung besser Folge leistete. Die letzte Nacht war der Beweis dafür. Doch dieser Northrup hier stand nicht kurz davor, gewalttätig zu werden. Nein, jetzt war er in einer anderen, einer düsteren Stimmung, die fast schon an Verzweiflung grenzte. Sie kannte dieses Gefühl gut. Deshalb zog sie sich auch nicht zurück. »Sag mir, was ich tun kann, um dir zu helfen.«
    Northrups Miene gab nichts preis, während er weiter eigensinnig schwieg. Nur das leichte Heben und Senken seiner Schultern legte Zeugnis darüber ab, dass er aus Fleisch und Blut bestand und nicht aus Stein. Daisys Herz zog sich zusammen. Trotz der Unbekümmertheit, mit der er sich immer gab, war Northrup ein sehr fürsorglicher Mensch. Wahrscheinlich würde er das lachend abtun, sollte sie eine Bemerkung darüber machen, aber ihr konnte er nichts mehr vorspielen.
    Das helle Morgenlicht hob die Müdigkeit um seine Augen hervor. Die Muskeln auf Rücken und Schultern waren so

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