Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)
runzelte die Stirn. Dann straffte sie sich. »Ich muss etwas überprüfen. Du findest Sonja, Darian und Nachtfrost hier im Lager. Macht euch auf den Weg und sucht die Biester. Jagt ihnen das Amulett wieder ab! Keine Angst«, fügte sie rasch hinzu. »Mit Nachtfrost an eurer Seite habt ihr nichts zu befürchten. Ich komme nach, sobald ich kann.«
»Aber –«
»Viel Glück.« Asarié drehte sich um, tauchte in den rötlichen Spiegel ein und war weg. Melanie stand allein in dem großen Zelt.
Sie hätte sich mehr Zeit gewünscht. Dies war ihr erster wirklicher Besuch in Parva, dem Land der endlosen Steppe, der Berge und Wälder. Beim letzten Mal war sie in einem der Nebelmeere gelandet, die das Land im Nordosten und Südwesten einschlossen. Außer riesigen Pilzen und einer schäbigen Erdhütte hatte sie nichts gesehen, und außer bösartigen Erdgnomen, einem Rauchdämon und zwei verrückten Hexen hatte sie kein Geschöpf dieser Welt kennengelernt. Sie hatte sich darauf gefreut, den Nomaden zu begegnen, von denen Sonja ihr erzählt hatte; sie hatte sich vorgestellt, abends mit Darian, Elri und Lorin, Sonjas neuen Freunden, am Lagerfeuer zu sitzen, den fremden Sternenhimmel zu beobachten und fremde Geschichten zu hören. Sie hatte davon geträumt, das Zauberland von der sicheren Basis des Nomadenlagers aus zu erforschen, vielleicht auf einem eigenen Einhorn …
Und nun stand sie allein in einem Zelt mitten in einem Lager voller Werwölfe.
W ar das vielleicht ein bisschen ungerecht?
Wenigstens war sie vorgewarnt. Sonja dagegen war damals von Elri und Lorin schnurstracks in diesen Wald geführt worden, bevor sie ihr sagten, dass er von großen schwarzen Wolfsgestaltwandlern bewohnt war.
Sie holte tief Luft. Sonja, Darian und Nachtfrost waren hier. Die Tesca waren auf ihrer Seite. Und schließlich hatte sie damals im Pilzwald auch schon ein paar Gefahren überstanden. Es gab überhaupt keinen Grund, sich zu fürchten.
Mit zitternden Knien ging sie zum Zelteingang, schlug die Plane zurück – und sah sich einem riesigen schwarzen Wolf gegenüber.
Ihr Herzschlag setzte aus.
Der Wolf saß vor dem Zelt im Schnee. Sein Kopf war mit ihrem auf gleicher Höhe. Er hechelte leicht und zeigte dabei ein paar große, scharfe Zähne. Als er Melanies Blick aus grünen Augen begegnete, hörte er auf zu hecheln. Einen endlos langen Moment starrten sie einander an. Dann gähnte der Wolf und zeigte noch mehr Zähne. Er stand auf, schüttelte sich kurz und tappte davon. Melanie klappte die Zeltplane herunter, ging rückwärts ins Zelt und setzte sich erst einmal hin. Egal wo. Nur für eine kurze Zeit – bis ihre Beine sie wieder trugen.
Noch während sie mit sich darüber diskutierte, ob sie noch einmal da hinausgehen sollte, flog die Zeltklappe wieder auf. Melanie zuckte zusammen, aber es war kein Wolf, der hereinsprang und sie fressen wollte, sondern Sonja, die ebenfalls Lederkleidung und einen Umhang trug und sie anstrahlte. »Da bist du ja! Ich hab mich schon gefragt, ob es lange dauern würde. Wie bist du hergekommen?« Sie warf einen raschen Blick durch das Zelt. »Wo ist Asarié?«
» Weg«, sagte Melanie. »Sie ist zurück in den Spiegel gegangen, um etwas zu überprüfen …«
»Durch den Spiegel?« Sonja machte große Augen. »Wie habt ihr das gemacht? Wie war es?«
»Unheimlich.« Melanie vermied es, den Spiegel anzuschauen. »Da waren seltsame Farben und Lichter und irgendwelche Wesen … und Asarié wollte wissen, ob ich diese Vögel spüren konnte.«
Sonja zuckte zusammen. »Sie sind hier?«
»Ich weiß nicht – ich glaube nicht. Asarié sagt, wir sollen sie suchen. Aber ich weiß nicht wo, und sie sind so gruselig.« Unsicher schaute Melanie Sonja an. Früher einmal hätte sie nur gelacht und locker behauptet, damit fertig zu werden. Und sie hätte Sonja versichert, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Aber jetzt merkte sie, dass sie darauf wartete, dass Sonja ihr versicherte, es sei alles in Ordnung. Sie wusste nicht, wann sie die Rollen getauscht hatten; vielleicht lag es nur daran, dass Sonja sich hier schon länger und besser auskannte als sie selbst. Oder es lag daran, dass Sonja sich verändert hatte. Denn statt sich zu Tode zu fürchten und zu überlegen, wie sie beide am schnellsten abhauen konnten, stand sie ganz ruhig da und dachte nach. Und irgendwie hatte Melanie das deutliche Gefühl, dass es nicht Flucht war, woran sie dachte.
Damit hatte sie recht. Zwar hatte Sonja durchaus Angst vor
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