Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)
wohl nie ordentlich mit Kandare und Sporen gerit t en, was? Kein Wunder, dass er auf der Bahn läuft wie eine schwangere Kuh! Der Jockey taugt nichts, und der Besitzer ist ein Esel. Oder eine Eselin, was? Haha!« Er lachte so plötzlich laut los, dass Nachtfrost scheute und Melanie fast aus dem Sattel rutschte. Der Mann achtete nicht darauf. »Er kommt doch von Gut Stettenbach, richtig?«
Sonja nickte nur, während sie Nachtfrosts Hals streichelte und sich wünschte, dieser ekelhafte Kerl möge verschwinden. Am besten durch ein bodenloses Loch im Erdboden.
»Ich sag’s ja immer, Frauen haben im Pferdesport nichts zu suchen«, fuhr er abfällig fort. »Die verstehen einfach nichts von den Gäulen. Hart rannehmen muss man die, den Willen brechen! Dann laufen die auch!«
»Was ist hier los, Sonja?« Wie aus dem Nichts stand plötzlich Ben neben dem Mann. »Führt ihn noch ein paar Runden herum und bringt ihn dann zum Wagen, ja?«
Sonja nickte erleichtert und führte Nachtfrost rasch weg. Bei den nächsten drei Runden achtete sie darauf, dem Mann nicht mehr zu nahe zu kommen. Da er sehr laut sprach, verstand sie aber trotzdem jedes Wort.
»Und wer sind Sie?«, fragte der Hakennasige Ben grob. »Versuchen Sie bloß nicht, mir einzureden, Sie wären Frau von Stetten und hätten hier was zu sagen. Das nehme ich Ihnen nämlich nicht ab.«
»Das können Sie halten, wie Sie wollen«, erwiderte Ben. »Ich arbeite für Frau von Stetten und vertrete sie hier.«
»Ah«, sagte der Mann in abfälligem Ton. »Und wo ist Ihre Chefin? Macht sich wohl nicht mehr die Mühe, dem Gaul beim Verlieren zuzusehen, was? Ich sag Ihnen was – machen Sie Wurst aus dem Vieh! Schicken Sie ihn in Rente! Oder verkaufen Sie ihn an jemanden, der was von Pferden versteht! Jemanden, der daraus noch etwas machen kann!«
» An Sie zum Beispiel?«
»Zum Beispiel. Ich biete Ihnen zweitausend Euro.«
»Ich werde Frau von Stetten über Ihr Angebot informieren, sobald ich sie sehe«, antwortete Ben kühl.
»Tun Sie das. Und sorgen Sie dafür, dass sie einwilligt! Bei dem Gaul juckt es mich in den Fingern – den will ich unterm Sattel haben! Dem zeige ich, wie man richtig rennt!«
»Wie heißen Sie?«, fragte Ben.
»Trischer. Josef Trischer. Wissen Sie was – ich schreibe Ihnen gleich hier einen Scheck aus und erspare Ihnen die Mühe, den Gaul selber abzutransportieren. Habe meinen Transporter immer dabei – für alle Fälle, haha!«
Sonja und Melanie zuckten entsetzt zusammen. Sie hatten dem Gespräch halb angewidert, halb belustigt zugehört, aber das ging eindeutig zu weit! Zum Glück war Ben der gleichen Meinung. »Kommt nicht infrage. Das Pferd ist nicht zu verkaufen.«
»Blödsinn!«, rief Trischer. »Jedes Pferd ist zu verkaufen! Na schön, ich lege noch einen Tausender drauf – als Extrascheck für Sie, in Ordnung?« Schon zückte er sein Scheckheft und fing an, darin herumzukritzeln.
Ben hatte sich schon halb abgewandt, aber jetzt drehte er sich wieder zu ihm um. »Haben Sie mir nicht zugehört? Das Pferd ist nicht zu verkaufen! Und an Sie schon gar nicht. Vor zehn Jahren hat man Ihnen wegen Tierqälerei lebenslanges Platzverbot auf allen Rennbahnen des Landes erteilt. Ihnen würden wir nicht einmal ein ausgestopftes Pferd verkaufen, geschweige denn ein lebendiges.«
Der hagere Mann lief dunkelrot an, schnappte nach Luft und schaute sich hastig um, aber es waren keine Zuhörer mehr in der Nähe. Wutentbrannt starrte er Ben ins Gesicht und zischte: »Das werden wir ja sehen. Ich kriege den G aul – und Sie können demnächst in Afrika wieder Kühe hüten! Solche wie Sie wollen wir hier nicht haben!« Ohne auf eine Antwort zu warten, packte er sein Scheckheft wieder ein, drehte sich um und ging weg.
Ben betrat den Führungsring und stapfte auf Sonja, Melanie und Nachtfrost zu. Er sah sehr ernst aus. »Tut mir wirklich leid«, sagte er. »Solche Szenen gab’s schon öfter, aber ich hatte eigentlich gehofft, ihr würdet sie bei eurem ersten Rennen nicht mitbekommen. Ist alles in Ordnung?«
»Geht so«, sagte Melanie. »Wer war dieser widerliche Typ?«
»Trischer? Vor vielen Jahren war er mal ein sehr bekannter Jockey. Aber dann geriet er in die Schlagzeilen, weil er seine Pferde misshandelte, und wurde auf Lebenszeit als Jockey gesperrt. Ich hatte keine Ahnung, dass er heute hier sein würde. Und es macht mir ein wenig Sorgen, dass er wieder auf Pferdesuche ist.«
Sie erschauerten. »Kann er Nachtfr– »Nero« denn etwas tun?«,
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