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Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Titel: Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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zugleich. Ihr Magen war ein kalter Stein, und ihr war übel vor Angst.
    Sonja. Und Nachtfrost.
    »Kannst du aufstehen?« Ihre Mutter stützte sie und half ihr hoch. Sie war kreidebleich. »Erst mal ins Bett. Ich rufe einen Arzt an. Ich begreife das nicht – war es das Essen? Aber die Wurst war ganz frisch – vielleicht die Butter oder der Käse – warum hast du nur so geschrien?«
    Hatte sie geschrien? Sie konnte sich nicht daran erinnern. »Mama … kann ich … das Telefon …«
    »Wie bitte? Du telefonierst jetzt nicht! Nicht in diesem Zustand – du legst dich sofort ins Bett! Ich rufe einen Arzt.«
    Das klang schon viel eher nach dem üblichen Tonfall ihrer Mutter. »Nein, Mama, bitte – ich muss Philipp anrufen – mit Sonja ist etwas passiert!«
    Mama wurde ganz starr. »Bergers anrufen? Habe ich dir nicht vorhin erst gesagt –«
    Das Telefon klingelte.
    »Das ist Philipp.« Melanie versuchte sich aufzusetzen, a ber ihre Mutter hielt sie zurück. »Mama! Bitte! Ich muss unbedingt mit ihm reden!«
    »Du bleibst liegen«, sagte Frau Vittori und stand auf. »Wahrscheinlich ist es dein Vater, der –«
    »Mama, bitte, geh dran!«
    »Ich gehe sowieso dran«, sagte ihre Mutter scharf. »Und du bleibst liegen!«
    Sie verließ das Zimmer. Melanie sank in ihr Kissen zurück. Sie fror noch immer so, dass ihre Zähne klapperten.
    »Nein«, hörte sie ihre Mutter sagen. »Das kommt überhaupt nicht infrage. Melanie ist krank, und wenn ich herausfinde, dass Sie etwas damit zu tun haben, dann –« Sie verstummte und schien eine Weile zuzuhören. Endlich sagte sie: »Sie also auch. Dann kann es nicht die Wurst gewesen sein – wie? Nein, ich habe nicht mit Ihnen gesprochen, wie käme ich dazu?« Gleich darauf kam sie in Melanies Zimmer und hielt ihr wortlos das Telefon hin.Melanie nahm es und presste es ans Ohr. »Philipp?«
    »Ja, sicher«, sagte er. »Melanie, ist bei dir alles in Ordnung? Ich bin gerade fast umgekippt. Ich glaube, irgendwas ist mit der Brücke –«
    »Sie ist weg«, sagte Melanie mit zitternder Stimme. »Philipp – die Brücke ist weg. Wie abgerissen.«
    Sie hörte Philipp laut und ausdauernd fluchen. Dann kam seine Stimme wieder näher. »Ich fahre sofort zur Polizei. Ich muss mit Ben reden! Ich sage dir Bescheid, okay?« Und weg war er.
    Melanies Mutter nahm ihr das Telefon ab. »So, Philipp Berger ist also auch plötzlich krank geworden. Von was für einer Brücke redest du da die ganze Zeit? Was ist mit Sonja? Möchtest du mir das alles vielleicht mal erklären?«

D
as goldene Tal
    Der Birjak hielt mitten im Schritt inne, den riesigen Huf noch in der Luft. Der büffelähnliche Kopf senkte sich aus drei Metern Höhe zu Sonja herab, schnaubte ihr einen feinen Sprühregen aus den schmalen Nüstern ins Gesicht und hob sich wieder. Ganz sacht senkte sich das zermalmende Gewicht des Hufes ins Gras, nur wenige Zentimeter von Sonja entfernt. Der zottelige Koloss stieß ein tiefes, widerhallendes Grunzen aus, drehte sich zur Seite und trottete auf seinen sechs Säulenbeinen davon.
    Sonja lag im Gras, wie schon einmal vor langer Zeit, und zitterte. Es konnte nicht sein. Es war nicht möglich. Sie konnte Nachtfrost nicht verloren haben, das war ganz und gar ausgeschlossen. Sie war schon einmal von ihm getrennt worden – damals, als er in die Schlucht gesprungen war, um Elris Pony zu retten. Aber auch da war er später unversehrt wieder aufgetaucht, und das würde er auch jetzt tun. Er war ein Bote der Göttin, er war unsterblich, er konnte nicht einfach weg sein, er würde den Dämon besiegen und zurückkommen, so einfach war das, er war nicht tot.
    »Er kommt zurück«, flüsterte sie ins Gras, in die warme, trockene Erde. Immer wieder sagte sie es, als müsste sie die Göttin selbst davon überzeugen, dass es so war. Und wenn die Göttin wirklich die ganze Welt war, wie Ganna es ihr gesagt hatte, dann war sie selbst in der Erde und im Gras und musste die Worte hören, musste es erlauben, musste ihn ihr zurückgeben. »Er kommt zurück!«
    E in Schatten zog über sie hinweg. Sie schaute auf. Es war ein zweiter Birjak, der an ihr vorbeitrottete wie eine urzeitliche Macht. Eine ganze Herde war um sie herum in Bewegung; langsam, grasend, gemächlich schritten sie vorwärts, die Köpfe in das hohe Gras gesenkt, die tödlichen, mannslangen Hörner wie Speere zum Himmel gereckt. Es war eine wilde Herde, ohne Reitnester auf dem Rücken; nirgends konnte Sonja Menschen entdecken.
    Langsam setzte sie sich auf.

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