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Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Titel: Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Lippen und war plötzlich auch s ehr blass. »Schon gut. Ich habe es ja nicht so gemeint! Kommst du nun oder nicht?«
    »Geh schon«, sagte Philipp, hob die Hand und berührte ganz kurz Melanies Schulter. »Du hörst es ja selbst – sie will uns nicht helfen. Also werde ich heute Nacht meine kriminellen Helfershelfer zusammentrommeln und mir eine Straßenschlacht mit der Polizei liefern. In dem Chaos kann Ben dann bestimmt entkommen.«
    Davon war natürlich kein Wort ernst gemeint, aber Melanie wusste sowieso nur eins: dass diese winzigkleine Berührung gerade ein vorsichtiger Versuch gewesen war, sie über die bösen Worte ihrer Mutter hinwegzutrösten. Und sie war plötzlich ganz, ganz sicher, dass sie in ihrem Leben noch nie jemanden so sehr gemocht hatte wie Philipp Berger.
    Also umarmte sie ihn. Und dann riss sie sich los, hochrot im Gesicht, und flüchtete an ihrer Mutter vorbei ins Haus. Sie zog und zerrte an den Reitstiefeln, schleuderte sie von den Füßen und rannte in ihr Zimmer. Dort warf sie sich der Länge nach auf ihr Bett und kniff die Augen zu.
    Etwas später ging die Zimmertür auf. Melanie blickte nicht hoch, weil sie sowieso wusste, was jetzt kam: Vorwürfe, Ärger, irgendeine Strafe. Es war ihr egal. Alles war egal.
    »Du gehst nie wieder dorthin«, sagte ihre Mutter ganz ruhig. »Nicht zu diesem Hof. Nicht zu diesen Leuten. Du wirst in der Schule nicht mehr mit diesem Mädchen reden. Du wirst ab sofort jeden Tag sofort nach der Schule nach Hause kommen, deine Hausaufgaben machen und mich danach fragen, ob du zur Reitschule Kochmann fahren darfst. Hast du mich verstanden, Melanie?«
    Melanie hob den Kopf aus dem Kissen, schaute ihre Mutter an und setzte sich auf. »Ja.«
    E twas in ihrem Gesicht schien ihrer Mutter nicht zu gefallen. »Und du versprichst mir, dich daran zu halten.«
    »Nein.«
    »Nein? Was soll das heißen?«
    »Nein heißt nein«, sagte Melanie. »Ich habe Sonja schon einmal im Stich gelassen, aber das tue ich nie wieder. Sie ist meine beste Freundin, und ich muss ihr helfen. Und Philipp ist der netteste Mensch der Welt, aber du siehst nur, dass er einmal was Blödes gemacht hat. Du bist echt gemein, und ich hasse dich!« Sie erschrak selbst, als sie sich das sagen hörte – aber jetzt war es zu spät, um noch irgendetwas zurückzunehmen. Und sie wollte es auch nicht zurücknehmen. Sie hatte den Weißen Schwestern widersprochen, zwei bösartigen, uralten Hexen, und da sollte sie es nicht wagen, ihrer eigenen Mutter zu widersprechen?
    Trotzdem war sie ziemlich froh, dass sie saß und ihre Beine nicht zittern konnten, während sie auf die Explosion wartete.
    Aber ihre Mutter schaute sie nur an und sagte gar nichts. Dann drehte sie sich um, ging hinaus und machte die Tür hinter sich zu. Und Melanie fand heraus, dass man wütend, traurig, verletzt, trotzig, schuldbewusst, verzweifelt und verliebt sein konnte – alles auf einmal.
    Das Abendessen verlief in feindseligem Schweigen. Melanies Stiefvater war nicht da; samstags traf er sich immer mit seinen italienischen Freunden, und dieser Abend war der einzige in der Woche, an dem es »deutsches« Abendessen gab. Manchmal machte Melanies Mutter Salat, Pfannkuchen oder Rührei, aber heute stellte sie nur wortlos Brot, Käse und Wurst auf den Tisch und schaltete den Fernse h er ein. Das war im Hause Vittori das Zeichen dafür, dass keinerlei Unterhaltung erwünscht war. Melanie versuchte es gar nicht erst. Ihre Mutter saß zwar nur einen Meter von ihr entfernt, aber es hätten genauso gut auch ein paar Hundert Meter sein können.
    Nach dem Essen setzte sich Frau Vittori auf die Couch und schaltete so lange durch die Programme, bis sie eine Gerichtsshow fand. Manchmal hörte Melanie ganz gerne ihren bissigen Kommentaren zu, aber heute räumte sie so schnell wie möglich den Tisch ab und verzog sich in ihr Zimmer.
    Hoffentlich kam Papa bald nach Hause. Für einen Stiefvater war er wirklich in Ordnung – zumindest brachte er es fast immer fertig, einen Streit zwischen Melanie und ihrer Mutter zu schlichten und die Stimmung wieder aufzulockern. Und so einen schlimmen Streit wie heute hatten sie noch nie gehabt.
    Es tut mir nicht leid, dachte Melanie. Kein einziges Wort tut mir leid.
    Aber das versteinerte Gesicht ihrer Mutter stand ihr die ganze Zeit vor den Augen, und selbst im Konservengelächter des Fernsehpublikums hörte sie das Schweigen.
    Um sich abzulenken, zog sie das große Buch hervor, das sie unter der Bettdecke versteckt

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