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Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Titel: Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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hatte. Es war dick und schwer und roch nicht wie ihre anderen Bücher nach Papier, sondern nach Leder, Stroh, Stall und anderen Dingen, die Melanie nicht benennen konnte. Vor allem roch es alt.
    Vorsichtig klappte sie den schweren Ledereinband um. Die einzelnen Blätter waren aus einem gelblichen Material, rauer und schwerer als Papier, und auf jeder Seite begann der Text mit einem großen, verschnörkelten Schrift z eichen und lief dann in engen, mit dicker Feder geschriebenen Linien weiter.
    Melanie konnte keinen einzigen Buchstaben entziffern. Ein wenig hatte sie auf den Sprachzauber gehofft, der ihr, Sonja und Darian bisher geholfen hatte, die Sprache der fremden Welt zu verstehen und zu sprechen, aber hier schien es nicht zu klappen.
    Sie schloss das Buch wieder, beugte sich vor und schob es unter das Bett. Dann legte sie sich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schaute nach oben an die Zimmerdecke.
    Morgen fahre ich zu Philipp, dachte sie. Vielleicht können wir Ben besuchen. Oder irgendwas tun.
    Es kribbelte in ihrem Bauch. Sie freute sich darauf, Philipp wiederzusehen, aber gleichzeitig hatte sie ein wenig Angst davor.
    Wie es Sonja wohl ging? Sicher war sie wieder bei den Elarim. Vielleicht schlief sie bei Elri und Lorin im Zelt oder ritt mit ihnen über die Steppe. Und was war aus Beyash geworden, dem wunderschönen Fuchswallach, der Melanie auf ihrem Ritt durch das Sternrückengebirge getragen hatte? Ob sie eine andere Reiterin für ihn gefunden hatten? Hoffentlich sah sie ihn überhaupt jemals wieder. Aber weil sie eine Wächterin der Nebelbrücke war, sozusagen ein Ankerpunkt für Nachtfrosts Zauber, konnte sie die Brücke selbst nicht benutzen. Wenn sie je wieder nach Parva reisen wollte, musste sie durch das chaotische Geisterreich gehen, und davor hatte sie schlicht und einfach Angst. Dort konnte sie verloren gehen, keinen Ausweg mehr finden, und kein Einhorn würde jemals kommen, um sie zu retten. Sonja hatte es besser, die konnte nach Belieben über die Nebelbrücke reiten.
    M elanie hatte die Nebelbrücke nie gesehen, nur einen ganz kurzen Blick auf Nebel und Finsternis erhascht, aber sie konnte sie spüren. Der unsichtbare silberne Faden, der sie mit Sonja verband, war beinahe nicht mehr unsichtbar, wenn sie die Augen schloss. Sie konnte ihn spüren, wie ein hauchdünnes Band, das sich über den Abgrund zwischen den Welten spannte … und plötzlich zerriss.
    Es war ein grausiges Gefühl, und es tat weh – wie ein sehr großes Pflaster, das urplötzlich von ihr abgerissen wurde, und nicht nur vom Bein oder Arm, sondern von ihrem ganzen Körper und aus ihrem Kopf. Sie hörte sich schreien, es tat weh, schrecklich weh, und sie taumelte aus dem Bett und brach zusammen, weil ihre Beine sie nicht trugen. Sie konnte nichts mehr sehen, alles war schwarz, es gab kein oben oder unten mehr, und sie spürte, wie sie fiel …
    »Melanie!« Eine Stimme, weit weg. Jemand schlang die Arme um sie und hielt sie fest. Das musste Papa sein, Mama umarmte sie nie. »Sonja«, stammelte sie und wusste nicht, ob sie es laut gesagt hatte oder nicht. »Sonja! Nachtfrost! Ich muss – ich kann nicht – die Brücke –!«
    »Was?«, sagte die Stimme. »Melanie! Melanie, kannst du mich hören? Melli! Sag etwas!«
    Das war nicht Papa. Der wusste, wie sehr sie es hasste, Melli genannt zu werden. Es konnte aber auch nicht Mama sein, die Kosenamen für unter ihrer Würde hielt. Wer hielt sie da fest? Melanie kniff die Augen zu und riss sie wieder auf. Noch immer war die Welt schwarz, aber in der Mitte wurde es hell, als ob sie versuchte, durch ein Loch in einer schwarzen Pappscheibe zu gucken. Sie sah Augen, weit und voller Angst. Das Loch in der Scheibe wurde größer. Eine Nase, ein Mund, der irgendetwas sagte, Fragen stellte. Blonde Haare, schicke Frisur, ein dunkles Kostüm.
    M ama.
    Das konnte doch gar nicht sein … oder doch?
    »Mama …?«, flüsterte sie.
    Ihr Blickfeld dehnte sich weiter aus. Pferde galoppierten an den Wänden entlang. Ein Schreibtisch, ein Bett, ein Schrank. Ein Bücherregal. Alles schien nicht ganz wirklich zu sein, hinter allem lag eine schreckliche Finsternis. Leere. Die Brücke war weg.
    Die Brücke, die die Weißen Schwestern, Ganna und Asarié, tausend Jahre lang gehütet hatten. Der Zauber des Einhorns, der Weg zwischen den Welten.
    Verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben.
    Sie merkte, dass sie am ganzen Körper zitterte. Ihr war kalt, sie fror und schwitzte

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