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Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Titel: Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Allerdings kam sie nicht besonders schnell vorwärts. Es war tückischer Boden h ier, weich und ein wenig matschig, das Gras so hoch, dass es sich um Sonjas Beine zu schlingen schien. Warum konnten Menschenbeine nicht ebenso mühelos rennen wie Pferdebeine? Sie stolperte, fing sich wieder, starrte für einen kurzen Moment in das grüne Gesicht eines Grasschweins und rannte weiter.
    »Sonja! Bleib stehen!«
    Ein Ruf, gar nicht weit hinter ihr, und vor Schreck stolperte sie gleich wieder. Haelfas! Wieso? Wo kam er her? Er wollte doch erst am Abend zurückkommen! Er hatte sie wirklich belogen! Auf einmal hatte sie furchtbare Angst. Was war er? Was wollte er von ihr?
    Sie erklomm einen Abhang und warf noch einmal einen Blick zurück. Haelfas rannte auf sie zu, und mehr als alles andere erschreckte sie die vollkommene Ausdruckslosigkeit seines Gesichts. Er sah aus wie eine zum Leben erwachte Statue, aber das war er nicht; er war auch kein Elf, er war ein Jäger, und Sonja war die Beute. War es die ganze Zeit gewesen, ohne es zu ahnen. Und sie war zu langsam, sie würde ihm nicht entkommen können, und weit und breit gab es niemanden, der ihr helfen konnte.
    Mit einem Schluchzen drehte sie sich um und rannte weiter. Vor ihr wuchsen Büsche und Sträucher, ein paar dünne Bäumchen, dazwischen dunkle, zerfledderte Klumpen aus Erde und Wurzeln, wie das Wurzelwerk umgestürzter Bäume. Sie erinnerten Sonja an irgendetwas, das sie schon einmal gesehen oder von dem sie etwas gehört hatte, aber sie nahm sich nicht die Zeit, darüber nachzudenken.
    »Bleib stehen!«, schrie Haelfas hinter ihr, und blindlings rannte sie weiter, zwischen zwei der Wurzelhaufen hindurch, und da bewegten sich plötzlich die schwarzen Wurzeln. Blitzschnell zuckten sie vor, schlangen sich um Son j as Handgelenke, um die Knöchel, um den Körper, und rissen sie hoch. Die Welt kippte, und Sonja hing kopfüber, halb betäubt vor Entsetzen, zwischen ihnen. Rings um sie her knarrte und brauste es wie von einem Sturm, und ein starker Geruch nach Erde und Moder stieg von den Wesen auf.
    Sie war mitten in eine Wurzlerlichtung hineingelaufen. Jeder hatte sie vor ihnen gewarnt – Ganna, Lorin, Elri –, und trotzdem hatte sie nicht aufgepasst und war ihnen geradewegs in die Falle gegangen.
    Die Wurzler schüttelten sie, schienen sich knarzend und brummend zu unterhalten. Dann entfernten sie sich langsam voneinander – aber jeder hielt Sonja weiterhin fest und zog Arme und Beine auseinander. Sie schrie und versuchte sich zu wehren, aber gegen die Kraft der Wurzeln kam sie nicht an. Unerbittlich zogen sie weiter, und es tat so weh, dass sie nur noch schreien konnte.
    »Sonja!«, brüllte Haelfas so laut, dass er ihre Schreie übertönte. »Das Amulett! Benutze das Amulett!«
    Das Amulett, welches Amulett? Wie sollte sie es benutzen, wenn sie es doch nicht einmal unter ihrem Pullover hervorziehen konnte? Egal, völlig egal, es tat so weh, dass sie fast blind war, und so richtete sie ihren Schrei auf das Amulett. Hilf mir! , schrie sie, und als die Wurzler sie erneut hochhoben und schüttelten, rutschte das Amulett an seiner Kette nach unten und aus dem Pullover und gleißte so hell auf, als hätte es einen Sonnenstrahl eingefangen.
    Augenblicklich hörten die Wurzler auf, sich zu bewegen und Sonja auseinanderzureißen. Langsam ließen sie ihre Wurzeln sinken. Sonja zappelte und wand sich, und der mörderische Griff der Wurzeln lockerte sich, bis sie auf den Boden plumpste und schluchzend wegkroch. Haelfas k am ihr nicht entgegen. Reglos blieb er stehen und blickte auf sie hinunter. Er versuchte nicht, sie zu berühren, aber Sonja musste ihn gar nicht mehr berühren; sie wusste jetzt, was er war. Sie hatte es in seinem Gesicht gesehen.
    Ein Jäger.
    Ganz ruhig fragte er: »Hat dich nie jemand vor den Wurzlern gewarnt?«
    »Doch«, flüsterte sie, und ihr Hals war rau und schmerzte vom Schreien. »Lorin. Und Elri. Ich – hab’s vergessen.«
    »Es ist ziemlich dumm, so etwas zu vergessen.« Damit hatte er absolut recht. Sonja nahm sich vor, sich selbst eine kräftige Ohrfeige zu verpassen, sobald das elende Zittern aufhörte. Aber was sollte sie jetzt tun?
    »Ich dachte – du – wolltest zu dem D-dorf«, stotterte sie.
    »Da war ich auch«, erwiderte er, und etwas wie ein Schatten huschte über sein Gesicht. »Das Dorf ist tot. Ich habe nur verbrannte Ruinen gefunden.«
    Sie hatte gedacht, sie könnte nicht noch mehr zittern, aber das war wohl ein Irrtum

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