Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Schwinger. Ich habe dir zu viel beigebracht.«
Vahanian starrte Harrtuck verdrossen an und massierte sich die Faust. »Bei der Hure, Tov, den hast du dir selbst zuzuschreiben.«
»Und wenn Carina dich nicht gerade erst zusammengeflickt hätte, würde ich persönlich etwas Vernunft in dich hineinprügeln«, schoss Harrtuck zurück. »Banditen oder nicht, Jonmarc, in der großen Gruppe haben wir bessere Chancen als allein auf der Straße, und das müsstest du eigentlich wissen. Du läufst nicht vor den Banditen davon«, sagte er provozierend und hob den Kopf, als ob er Vahanian herausfordern wollte, noch einmal zuzuschlagen: »Du läufst vor Arontala davon! Was jetzt, willst du deine Chance auf Vergeltung oder nicht?«
Scheinbar eine Ewigkeit lang funkelten Vahanian und Harrtuck einander wütend an. Schließlich drehte der Söldner mit einem Fluch den Kopf weg und schob sich an Tris und Harrtuck auf die Zeltklappe zu.
»Wo gehst du hin?«, verlangte Harrtuck zu wissen.
»Die Pferde beschlagen«, knurrte Vahanian. »Wenn wir schon so dumm sind hierzubleiben, will ich, dass sie jederzeit bereit sind.«
Tris sagte nichts, bis Vahanians Stiefelschritte verklungen waren, dann sah er Harrtuck an. »Das ist schon das zweite Mal, dass du Chauvrenne erwähnst. Vielleicht ist es an der Zeit, dass du mir erzählst, was dort vorgefallen ist.«
Harrtuck holte tief Luft und sah zur Seite. »Ich habe es mir vor langer Zeit zum Grundsatz gemacht, nicht über Jonmarc zu reden, nicht viel jedenfalls«, entgegnete er und rieb sich das Kinn.
»Du weißt, was auf dem Spiel steht«, erinnerte ihn Tris. »Ich will wissen, womit wir es zu tun haben.«
Harrtuck blickte Tris wieder an, als ob er ihn einschätzen wollte. »Du fängst an, wie ein König zu klingen, mein Lehnsherr«, stellte er ruhig fest. »Vielleicht tut dir die Straße gut.« Er hielt inne; dann schürzte er die Lippen, als er zu einem Entschluss kam. »Ich bin Jonmarc zum ersten Mal vor zehn Jahren begegnet, als wir uns beide für die Armee Ostmarks verpflichtet hatten, draußen an der Grenze zu Dhasson. Wir waren jung und gut mit dem Schwert. Das Leben ließ sich dort aushalten, eine Zeit lang«, erinnerte er sich mit einem Seufzer. »Nach ungefähr einem Jahr bekam die Armee einen neuen Befehlshaber, und in seinem Gefolge war ein Feuerclan-Magier. Du weißt ja, was kämpfende Männer im Allgemeinen von Magiern halten«, sagte er mit einem entschuldigenden Blick in Tris’ Richtung.
»Ja, ich weiß.«
»Der Befehlshaber, ein Mann von großer Ehre in Cartelasia, fing an sich zu verändern«, fuhr Harrtuck in seiner Erzählung fort. »Er begann, die Armee für seinen eigenen Vorteil zu missbrauchen. Jonmarc war ein Hauptmann, und ihm gefiel nicht, was er sah. Dann, eines Tages, erhielt seine Einheit den Befehl, Steuern in einem Dorf einzutreiben, das sich zu zahlen weigerte. Der Auftrag war ihm nicht angenehm, aber er ging«, entsann sich Harrtuck. »Die Dörfler waren ein sturer Haufen. Dass Soldaten in ihren Ort einmarschierten, schüchterte sie nicht ein. Es erging der Befehl, sie auszuräuchern. Jonmarc weigerte sich, und seine Soldaten folgten ihm.«
»Was geschah dann?«, fragte Tris ruhig.
»Ihre eigene Armee jagte sie und nahm sie schließlich gefangen; man brachte sie in Ketten zurück und stellte sie vor ein Kriegsgericht«, berichtete Harrtuck mit Bitterkeit in der Stimme. »Der Befehlshaber führte persönlich den Vorsitz, und Arontala stand einen Schritt hinter ihm. Er ließ die gesamte Einheit wegen Hochverrats exekutieren und Jonmarc dabei zusehen, dann nahm er ihn mit hinaus zu dem Dorf, steckte es eigenhändig in Brand und ließ Jonmarc dort zurück, um mit den Dörflern zu sterben.« Er schwieg einen Augenblick lang. »Irgendwie ist er entkommen. Und seit der Zeit läuft er davon.« Wieder hielt er inne. »Das ist der Grund, weshalb ich Jonmarc als Führer ausgesucht habe. Er ist nicht nur der verdammt beste Schwertkämpfer, dem ich je begegnet bin, sondern er hat ein genauso großes Interesse wie du daran, Tris, Arontala stürzen zu sehen.«
»Aber warum ist er dann –«, setzte Tris an.
Harrtuck schüttelte den Kopf und kam seiner Frage zuvor. »Warum er dann nicht versessen darauf ist, Rache zu nehmen? Vielleicht, weil die einzige Person, der er noch mehr Schuld an diesen Vorfällen gibt als Arontala, er selbst ist? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass einer der scharfsinnigsten Strategen, die Ostmarks Armee je gehabt hat, den größten
Weitere Kostenlose Bücher