Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
geduckt wieder hoch.
Tris warf sich nach vorn und zerrte an seinen Fesseln, und ein einziges Wort war in seinem Verstand. Jetzt! , schrie er den dunklen Präsenzen zu, die er direkt hinter dem Waldrand wahrnahm. Ein eisiger Wind fegte über die Lichtung, die Seile, die um seine Handgelenke lagen, fielen ab, Tris stürzte zu Boden, während plötzlich ein feuchter Nebel um sie herum aufzog, der von überall auf einmal kam.
»Ich gebe dir Deckung!«, zischte Carroway und rieb sich die frisch befreiten Handgelenke. Die Gewalt des Zorns der Geister rüttelte Tris wie ein unsichtbarer Orkan durch; schwankend erhob er sich und kämpfte darum, den Kontakt zum Ansturm der Gespenster, die in Massen in dem dicken Nebel um sie herumwirbelten, aufrechtzuerhalten.
»Sucht euch Deckung!«, schrie Tris gegen den Wind an.
Chaos brach im Lager aus. Aus dem Augenwinkel sah Tris Vahanian, der mit seinem nächsten Gegner beschäftigt war, als der wirbelnde Nebel menschliche Formen anzunehmen begann: verdrehte, schmerzverzerrte Gestalten mit offenen, gaffenden Mündern, albtraumhafte Erscheinungen. Es bedurfte Tris’ ganzer Stärke, um seine Verbindung zu den Gespenstern aufrechtzuerhalten, und als ihre Zahl weiter anwuchs und ihr schrilles Wehklagen immer lauter gellte, merkte er, wie ihm die Kontrolle zu entgleiten begann.
Schutz! , schrie Tris in seinem Verstand und beschwor die Geister um sich herum. Er konnte ihre Wut fühlen, ihr Verlangen nach Rache, die ihnen so lang verweigert worden war, und die Boshaftigkeit, die er spürte, ballte sich wie Gewitterwolken zusammen. Carroway versuchte, mit einem gestohlenen Schwert die Sklavenjäger zurückzutreiben, die sich auf Tris stürzen wollten. Vahanian, der den Löwenanteil des Kampfes bestritt, ermüdete zusehends. Sein Gegner schien seine Schwäche zu spüren und griff mit doppelter Heftigkeit an; er trieb den Söldner mit Schlägen von einer solchen Wildheit, dass sie einen Mann von der Schulter bis zur Hüfte hätten spalten können, an die Felswand zurück.
Es gelang dem Sklavenjäger, Vahanian eine leichte Schnittwunde an der Schulter zuzufügen. Jetzt war der Mann sicher, dass er die Oberhand hatte, und drängte mit aller Macht vor; auch einem unbedarften Beobachter wäre klar gewesen, dass sich der Kampf seinem für Vahanian tödlichen Ende zuneigte. Dann, gerade als Tris überzeugt war, dass der Schmuggler die Hiebe des Sklavenjägers höchstens noch Augenblicke parieren konnte, fiel ein Steinbrocken von der Größe einer Melone von einem Vorsprung der Felswand und traf den nichts ahnenden Sklavenjäger mitten auf den Kopf; ohne ein Wort brach der Mann zusammen. Von der Felswand über Vahanian kam ein schadenfrohes Kichern, und Tris erspähte Berry, die von Felsvorsprung zu Felsvorsprung hüpfte, sich vor den Pfeilen der Sklavenjäger duckte und einen Regen von Felsbrocken und großen Steinen auf ihre Köpfe niedergehen ließ.
Mit einem jähen Ruck wurde Tris zu den Geistern zurückgerissen, denn die Böswilligkeit der dunklen Wolke wuchs. Ursprünglich hatte er vorgehabt, dass die Gespenster des Waldes die Sklavenjäger verjagen sollten, doch nun, als die Präsenzen sich um ihn herum massierten, erkannte Tris, dass die Geister selbst andere Pläne hatten. Der Herbstwind schnitt eisig über die Lichtung, peitschte Tris die Haare ins Gesicht und drang ihm mit seiner Kälte bis ins Mark. Neben Tris hatte Carina einen der Pfähle aus dem Boden gezogen, um ihn als behelfsmäßigen Kampfstab zu benutzen und ihm einen Sklavenjäger vom Leib zu halten, der sich halb wahnsinnig vor Entsetzen auf ihn stürzen wollte.
Vahanian kam zu ihnen zurückgerannt, blass und außer Atem. »Ich kann dir helfen, ihn zu decken«, keuchte er und entlastete Carina. »Irgendwann solltest du mal damit anfangen, ein Schwert zu benutzen.«
»Kann ich nicht«, schnaufte Carina, während sie mit ihrem Stab einem vorbeilaufenden Sklavenjäger das Bein stellte und ihm anschließend einen harten Schlag auf den Kopf versetzte. »Heiler dürfen keine Klingen benutzen.«
»Schwachsinnige Regel«, rief Vahanian und ging einen Sklavenjäger an, der auf Carroway zurannte, was dem Barden Zeit gab, den Mann mit einem Dolchwurf auszuschalten. »Ist bestimmt für jede Menge toter Heiler verantwortlich.«
»Ich habe nicht erwartet, dass du sie verstehst.«
»Eines Tages wirst du mir erklären müssen, warum einem Mann den Schädel einzuschlagen besser ist, als ihn einfach zu durchbohren«, frotzelte
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