Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
zufrieden.
»Was ist mit den anderen Gefangenen?«, erkundigte sich Tris und nippte an seinem Tee.
»Wir selbst haben nichts gesehen«, meinte Carroway sachlich, »aber von Gabriel heben wir erfahren, dass sie alle entkommen sind. Jedenfalls befanden sie sich nicht unter den Toten auf der Lichtung, aber wie es ihnen ergangen ist, falls sie in den Wald geflohen sind, weiß ich nicht.«
Tris nickte. »Ich habe einen Handel geschlossen mit den … Geistern«, sagte er leise. »Ihre Rache im Austausch gegen unsere Leben – die Leben aller Gefangener. Ich hoffe, dass sie ihren Teil der Abmachung eingehalten haben«, sagte er mit belegter Stimme, leerte die Tasse und gab sie Alyzza zurück, die zu dem Kessel huschte, der über dem Feuer hing, um sie noch einmal zu füllen.
»Trink!«, nötigte sie ihn. »Du hast dich auf der Lichtung über alle Vernunft hinaus verausgabt. Schon mehr als ein Magier hat es zu weit getrieben und seine eigenen Kräfte völlig aufgezehrt und dabei den Tod gefunden«, tadelte sie ihn scharf. »Jetzt spürst du am eigenen Leib, warum selbst starke Magier sich nach einem solchen Wirken ausruhen müssen.« Als sie Tris ansah, bemerkte er einen neuen Respekt in ihren Augen, und diese Entdeckung machte ihm Angst. Du liebe Chenne , dachte er, was habe ich auf dieser Lichtung getan? Und wenn ich es nicht kontrollieren konnte, wie will ich dann jemals Arontala gegenübertreten? Die Implikationen dieser letzten Frage waren im Augenblick viel zu komplex, also konzentrierte er sich entschlossen wieder auf die dampfende Tasse in seinen Händen.
»Wie geht es eigentlich euch?«, erkundigte er sich und ließ seine Blicke über die Gruppe wandern.
Vahanian zuckte die Schulter. »Ging mir schon schlechter. Hab keinen neuerlichen Schaden genommen, also bin ich bereit, wann immer du weiterziehen willst.«
Tris schaute von Gesicht zu Gesicht und bekam hier ein Nicken und da ein Achselzucken als Zeichen der Bereitschaft. Er hatte keine klare Erinnerung an irgendetwas, was passiert war, nachdem er die Geister auf der Lichtung herbeigerufen hatte. Er erinnerte sich an das Aufblitzen des Messers eines Sklavenjägers, an Vahanians Schrei und dann an die heulenden Geister, losgelassen, um Vergeltung zu üben. Der Ansturm der Gefühle der Wiedergänger – überwältigende Traurigkeit, Sehnsucht und Wut. Da war auch panische Angst, entsann sich Tris – seine eigene panische Angst, als die Winde der Rache ihn umtobten, völlig außer Kontrolle. Die Schreie der Sklavenjäger klangen ihm immer noch in den Ohren, er roch den scharfen Geruch ihres Blutes, und in seiner Seele bekriegten sich die Scham, dieses Grauen auf seine Feinde herabgerufen zu haben, mit der Erleichterung, dass er selbst und seine Gefährten frei waren.
Sie wissen, dass ich die Geister gerufen habe , wurde Tris klar, als er in die Gesichter seiner Freunde blickte. Und dass ich die Kontrolle verloren habe. Etwas war anders in ihren Augen, genau wie bei der alten Alyzza. Vielleicht war es keine Furcht, die er darin las, aber ein gewisses Unbehagen, selbst in Carroways Miene. Als ob du eines Tages aufwachst und feststellen musst, dass aus deinem vertrauten Lieblingspferd über Nacht ein Schlachtross geworden ist oder vielleicht das Reittier eines Dämonen, das auf Mondlicht fliegen und mit Blicken töten kann. Sie wissen nicht genau, was ich geworden bin, dachte er, und ihm war nicht wohl bei diesem Gedanken. Und sie wissen nicht, ob es das ist, wofür sie so viel aufs Spiel gesetzt haben. Und vielleicht sind für sie alle die Einsätze bei diesem Spiel erschreckend real.
»Nun«, begann Tris, denn er wusste, dass sie auf seine Entscheidung warteten, »wenn ihr alle meint, dass ihr für den Ritt bereit seid, dann brechen wir morgen früh auf. Je eher wir nach Westmark kommen, umso eher können wir uns ein wenig beruhigter ausruhen.«
»Komm mit, Berry!«, sagte Carina. »Willst du uns nicht helfen, die Pferde für die Reise vorzubereiten und die Taschen zu packen?«
Berry sprang vom Tisch und folgte Carina bereitwillig, mehr aus Langeweile als aus irgendeinem anderen Grund, wie Tris vermutete. Alyzza ging ihnen nach und zog die schwere Tür hinter sich zu.
»Der Wirt hat sich gut um unsere Bedürfnisse gekümmert«, sagte Carroway von der Tischkante aus. »Und für jemand, der nicht isst … wenigstens kein normales Essen … hat unser Freund Gabriel uns einen Platz mit einer guten Küche ausgesucht.« Er grinste. »Das Beste daran ist, dass
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