Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
zeigen. Mit einem unehrlichen Lächeln knüpfte der Spielmann eine Unterhaltung mit seinem Wohltäter an, von der Tris sicher war, dass sie dem Barden weit mehr Informationen liefern würde als dem anderen. Die anderen Gäste, die erkannten, dass der Unterhaltungsteil vorbei war, beendeten hastig ihre Mahlzeiten und verabschiedeten sich. Als Carroways Gesprächspartner sah, dass die andern gingen, schloss er sich ihnen schnell an, sodass die vier Flüchtlinge schließlich die einzigen Gäste in der Gaststube waren.
»Für so spät am Abend scheinen sie es ziemlich eilig zu haben, noch irgendwohin zu gehen«, bemerkte Harrtuck.
Tris warf einen Blick auf die dunklen Fenster. »Sollten wir uns Sorgen machen?«, fragte er im Flüsterton, während Carroway seine geborgte Laute in der Ecke abstellte und Anstalten machte, sich zu ihnen zu gesellen. Wieder flackerte ein flüchtiger Schatten am Rande von Tris’ Gesichtsfeld auf. Der Barde hatte erst die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als das Instrument mit einem Klimpern und einem beunruhigenden Knirschen von der Wand weg auf den Boden rutschte.
Mit gequälter Miene lief Carroway zurück, um die Laute aufzuheben. »Das verstehe ich nicht«, sagte er verwirrt und drehte sie in den Händen. Er wandte sich zu Tris und den anderen um. »Ich habe sie sorgfältig abgestellt – sie hätte nicht fallen dürfen«, beteuerte er und sah auf das ruinierte Musikinstrument herab, dessen gebrochener Hals nur noch an den Saiten hing.
»Es tut mir leid«, sagte er reumütig zum Wirt und trug die Laute zum Schanktisch.
Der Wirt schnappte sich das Instrument. »So was kann schon mal vorkommen«, entgegnete er rasch. »Wenn Ihr Eure Mahlzeit beendet habt, zeige ich Euch Eure Zimmer.«
In dem Moment platzte ein kleiner Junge in die Gaststube und lief zum Wirt hin. »Papa, komm schnell!«, sagte er atemlos. Der Wirt beugte sich herab, um sich den hastig geflüsterten Bericht des Jungen anzuhören, ohne auf die besorgten Blicke zu achten, die Tris und seine Gefährten wechselten. Einen Augenblick später richtete er sich wieder auf.
»Mein Sohn erzählt mir, dass drei berittene margolanische Gardisten auf dem Weg hierher sind«, sagte der dünne Mann. »Sie halten die Leute an, um herauszufinden, ob irgendjemand vier Flüchtlinge aus der Stadt gesehen hat.« Er hielt inne, dann schien er einen Entschluss zu fassen. »Falls Ihr nicht Lust habt, diesen Weg schon bald zurückzunehmen, dann kommt mit mir«, sagte er kurz angebunden und bedeutete ihnen, ihm zu folgen.
Ein Blick in Soterius’ Augen und die Art und Weise, wie dessen Hand sich auf den Knauf seines Schwertes legte, verrieten Tris, was sein Freund dachte. Sie hatten kaum eine andere Wahl, als das Angebot des Wirtes anzunehmen, wenn sie nicht hier und jetzt gegen die Wachen kämpfen wollten. Dennoch war die plötzliche Bereitschaft des Wirtes, vier ihm völlig fremde Männer zu verstecken, sonderbar genug, um Argwohn zu erwecken. »Rasch!«, drängte der Wirt sie. Mit einem Auge auf der Tür folgten Tris und seine Freunde dem Mann in die Küche, wo die dralle Frau neben einem Kochfeuer stand und das schlanke Mädchen, die Bedienung, sich eine schweißnasse Locke aus dem Gesicht strich. Sie waren, so nahm Tris an, der Rest der Familie des Gastwirts und alle Hilfe, die er sich bei der wenigen Kundschaft leisten konnte. Der Junge ging voran, und die anderen traten wortlos zur Seite, als der Wirt die vier Männer zu einem kleinen Vorratsschuppen führte.
Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, rang der Wirt sich ein mattes Lächeln ab. »Auf der Rückseite führt eine Tür ins Freie, falls es das ist, was Euch Sorgen macht. Ihr könntet das Ding eintreten, wenn es notwendig sein sollte. Aber ich werde sie nicht zu Euch führen«, versicherte er ihnen. »Bin schon oft genug von ihresgleichen ausgeplündert worden. Was immer Ihr getan habt, dass sie nach Euch suchen, die Göttin segne Euch dafür!«, sagte er und forderte sie mit einer Handbewegung zur Eile auf.
Die Tür schloss sich hinter ihnen, und sie blieben in dem dürftigen Licht zurück, das durch die Ritzen zwischen den Brettern sickerte. Die vier Männer zogen ihre Waffen und versteckten sich hinter großen Kisten mit Lebensmitteln und Weinfässern. Sie hörten gedämpfte Unterhaltung und dann ein mehrmaliges Krachen und Knallen, als ob das Wirtshaus auseinandergenommen würde. Tris duckte sich tiefer hinter sein Fass, als die Schritte schwerer Stiefel sich ihrem Versteck
Weitere Kostenlose Bücher