Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
die Gaststube und spielt Streiche, wie mit der Laute vorhin und dem Bier Eures Freundes.«
Er zuckte die Schultern. »Belästigt auch gern meine Mädchen in der Küche.« Er schüttelte den Kopf. »Da kann nichts helfen außer einem Seelenrufer, und in Margolan hat es keinen Seelenrufer mehr gegeben, seit Bava K’aa zur Lady gegangen ist.«
Niedergeschlagen führte der Wirt sie zu ihren Zimmern. »So ist es immer hier«, klagte er. »Kalt wie ein Grab. Schwer, eine Laterne am Brennen zu halten. Aber niemand hat je etwas gesehen, nur Schritte und Rumsen.«
Während der Wirt redete, strengte Tris sich an, um etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Sein Herz schlug wie wild, obwohl er keine Furcht in Gegenwart des Geistes fühlte; nur das Blut pulsierte in Erwartung des Kontaktes schneller in seinen Adern. Er blickte prüfend den Flur hinunter und runzelte die Stirn: Fast ganz hinten sah er einen schwachen Schein, wie von einem feinen Nebel, durch den Sonnenlicht fällt. Er machte einen Schritt darauf zu, und der Schein begann zu verblassen. Instinktiv schloss Tris die Augen und rief den Dunst in seinem Verstand an.
Ihr da! Stillgestanden!
Das Leuchten zögerte, dann wurde es heller. Die Augen immer noch geschlossen, streckte Tris ermutigt die Hand aus. Zeigt Euch! Wir wollen Euch nichts Böses!
Allmählich wuchs der Nebel zusammen, nahm Form ohne Substanz an, bis schließlich der Umriss eines Mannes vor ihnen stand. Hinter Tris schnappte die Köchin nach Luft, und der Wirt murmelte eine Verwünschung, womit klar war, dass der Geist jetzt für alle zu sehen war. Tris musterte die schweigende Gestalt. Es war ein junger Mann, vielleicht ein paar Jahreszeiten älter als er selbst, mit dem kräftigen, schlanken Körperbau eines Pflügers und den selbst gesponnenen Kleidern eines Bauern. Aber worüber Tris am meisten staunte, war die Wut, die Gesicht und Körperhaltung des Wiedergängers ausstrahlten.
»Werter Herr«, sagte Tris behutsam und riskierte es, die Augen zu öffnen. Der Geist stand so real vor ihm, wie er Gestalt in seinem Verstand angenommen hatte. »Wir wünschen Euch Frieden«, fuhr er mit einer Geste des Willkommens fort. »Warum schadet Ihr diesem Gasthaus?«
Als der Geist zu reden anfing, konnte Tris zuerst nichts hören. Er schloss erneut die Augen und strengte sich aufs Äußerste an, und schließlich vernahm er eine Stimme, die wie aus weiter Ferne kam. »… erst letzte Pflanzzeit«, sagte der Geist gerade. »Ich hatte einen Beutel mit Münzen, alles, was meine Familie besaß, womit ich auf dem Markt zwei Kühe kaufen wollte. Irgendwo da draußen«, erzählte er mit einer Handbewegung hinter sich, »wurde ich von einem Straßenräuber überrascht.« Die Hand des Schattens ging zu seinem gespensterhaften Hals. »Er schnitt mir die Kehle durch und nahm meine Münzen und warf meine Leiche in den Wald. Ich will meine Münzen zurück«, erklärte er schlicht. »Und dass ein Stein über meinem Leichnam errichtet wird.«
»Du liebe Mutter und Kind!«, stieß hinter Tris der Wirt hervor. Tris hörte einen dumpfen Aufschlag und vermutete, dass entweder die Köchin oder die Bedienung in Ohnmacht gefallen waren.
Tris ging noch einen Schritt auf den Geist zu und nahm mit langsamen Bewegungen vier Münzen aus der Börse an seinem Gürtel, Geld aus der ersten Schenke. »Wenn der Junge diese zu Eurer Familie brächte, könnten sie Eure Kühe kaufen und sogar noch mehr«, bot er dem Geist an und hielt ihm die Hand mit den Münzen hin. »Und meine Gefährten und ich können einen Steinhügel im Wald errichten, wenn Ihr möchtet.« Er machte eine Pause. »Wenn wir das machen, werdet Ihr dann ruhen und diesen guten Mann in Frieden lassen?«
Der Geist zögerte, als ob er den Handel abwägte, und nickte dann langsam. »Es ist ein gutes Angebot«, sagte er. »Ich werde ruhen.«
Tris winkte den Jungen zu sich, und zu seiner Ehre folgte dieser, wenngleich zitternd, der Aufforderung. Tris hieß den Geist den Weg zum Haus seiner Familie beschreiben und ließ den Kleinen alles wiederholen. »Bei Tagesanbruch, sobald es für den Jungen sicher ist zu gehen, wird er die Münzen dahin bringen, wo Ihr es wünscht«, sagte Tris ruhig, und wieder nickte der Geist.
»Und jetzt«, fuhr Tris fort und bedeutete den anderen mit einer Handbewegung, sich schon nach unten zu begeben, »werdet Ihr uns zeigen, wo Ihr liegt, damit wir Euch Frieden geben können?«
Der Geist verschwand mit einem Flimmern. »Wo ist er hingegangen?«,
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