Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
entdeckte. »Andererseits«, fügte er hinzu, »ist das vielleicht gar kein so übles Pflaster.«
»Einmal angenommen, Vahanian hält sich hier auf«, sagte Tris, der sich in dem Gedränge sichtlich unwohl fühlte, »wo wird er dann wahrscheinlich stecken?« Obwohl Carroway Tris’ Haare erneut mit der dunklen Farbe behandelt hatte, sodass vom ursprünglichen Weißblond nichts mehr zu sehen war, fühlte er sich immer noch verwundbar, als ob er und seine Kameraden sich deutlich von der Menge abhöben und ein leichtes Ziel abgäben. Je eher sie Ghorbal wieder verließen, desto lieber war es ihm.
Harrtuck zuckte die Achseln. »Er könnte ebenso gut gar nicht mehr in der Stadt sein, so wie ich ihn kenne. Er verdient sein Geld nicht, indem er stillsteht«, kicherte er. »Genauer gesagt, so wie er sein Geld verdient, bleibt er nicht am Leben, wenn er stillsteht.« Der ältere Mann blieb stehen, um sich zu orientieren. »Ist ’ne Weile her, dass ich in Ghorbal gewesen bin«, brummte er und sah sich um. »Aber es gibt zwei gute Stellen, um anzufangen. Die eine ist der Marktplatz, einfach diese Straße entlang«, sagte er und zeigte nach Norden. »Und die andere ist der Speiende Drache, ein Wirtshaus drüben im Ostviertel.«
»Bei welcher fangen wir an?«, wollte Soterius wissen.
»Bei beiden«, erwiderte Harrtuck. »Du und Carroway geht zum Wirtshaus. Es wird nicht weiter auffallen, wenn ein Soldat und ein Spielmann in den Drachen gehen, es sei denn, sie tauchen gemeinsam dort auf«, sagte er mit einem skeptischen Seitenblick auf Carroway. »Trennt euch, aber bleibt in Sichtweite. Soterius, du folgst Carroway. Carroway, halt die Augen auf!
Tris und ich werden uns den Marktplatz ansehen. Wir treffen uns bei Einbruch der Dunkelheit wieder bei den Pferden. Das hier könnte ein paar Tage dauern«, machte er ihnen klar. »Wenn ihr Vahanian findet, sagt ihm, Harrtuck hat ein Angebot für ihn – und erzählt ihm, dass Gold für ihn drin ist«, ergänzte er grinsend.
»Wir marschieren einfach in die Schenke und fragen nach ihm?«, vergewisserte sich Carroway verblüfft.
Harrtuck hob eine Braue. »Es gibt nur wenige in Ghorbal, die Jonmarc Vahanian nicht kennen, sei es im Guten oder im Schlechten. Die im Drachen mochten ihn ganz gern, nach dem, was ich zuletzt gehört habe, denn er hat immer seine Rechnungen bezahlt und das Wirtshaus nicht oft demoliert.«
»Klingt nach einem tollen Hecht«, murmelte Soterius.
Harrtuck ignorierte den Kommentar. »Die Zeit verrinnt, Jungs!«, trieb er sie zur Eile an. »Es würde mich nicht überraschen, wenn Jared seine Truppen sogar so weit nach Osten ausgeschickt hätte, um nach uns zu suchen.«
»Das wird ja immer besser!«, stellte Carroway düster fest, während er und Soterius sich auf den Weg zum Gasthaus machten.
*
Je mehr sich Tris und Harrtuck dem Markt näherten, desto dichter wurde das Gedränge in den krummen Gassen der Stadt. Schließlich mündete ihr Weg in eine große Marktfläche, einem Wald von Händlerkarren, an denen Fahnen mit Bildern der feilgebotenen Waren flatterten und über dem der Geruch nach Leder und Gewürzen und gebratenem Fleisch hing. Rings um sie feilschten Händler lauthals mit Kunden, priesen Kaufleute den Passanten ihre Waren an und hielten sie zur Ansicht hoch. Die Kakophonie der Stimmen vermischte sich mit dem Geklapper von Karren und dem Stakkato von Hufgetrampel. Von irgendwo auf dem Markt war ein Spielmann durch dem Lärm zu vernehmen.
»Wo sollen wir suchen?«, fragte Tris, an dessen Unbehagen in der Menge das hektische Treiben nichts ändern konnte.
Harrtuck zuckte die Achsel. »Er könnte überall stecken oder auch gar nicht hier sein. Wenn die Schicksalsmächte unparteiisch sind, sitzt er in einem Nargigefängnis. Oder ein schlecht abgewickeltes Geschäft hat ihn den Kopf gekostet.«
»Wie sieht er aus?«, erkundigte sich Tris und ließ seinen Blick über die Menge schweifen, wobei all seine Sinne in höchster Alarmbereitschaft waren.
Wieder zuckte Harrtuck die Achsel. »So wie er sich bewegt, würdest du vermuten, dass er gut mit dem Schwert umgehen kann. Von Geburt her ist er ein Grenzländer, aber er hat so viel Zeit auf dem Fluss verbracht, dass er wie ein Einheimischer schwatzen kann. Dunkle Haare, dunkle Augen. Kann mit seinem Charme die Vögel vom Himmel locken, aber noch viel öfter kann er es nicht gut sein lassen und beleidigt irgendjemand auf Teufel komm raus.«
Tris blickte auf den überfüllten Marktplatz hinaus. Keiner der
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