Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann des Omphalos

Im Bann des Omphalos

Titel: Im Bann des Omphalos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. C. Tubb
Vom Netzwerk:
Zuflucht, wenn der Sturm draußen tobte.
    Carodyne aß Braten und dick mit Gewürzkörnern bestreutes Brot und nahm hin und wieder einen Schluck Bier aus dem Krug, während er heimlich die anderen Gäste betrachtete. Aus Gesprächsfetzen schloß er, daß es sich um Kaufleute mit ihren Wachen handelte, um zwei reisende Musikanten, und daß einer der Gäste ein wandernder Philosoph war. Um ihn hatte sich eine Gruppe Jugendlicher geschart, die seinen Worten lauschten. »Es gibt auch solche«, sagte er gerade, »die glauben, wir lebten in der Hölle; daß diese Welt der Buße für in einem anderen Leben verübte Verbrechen diene. Vielleicht, wer vermag den großen Plan schon zu durchschauen? Doch ich persönlich teile diese Meinung nicht. Ich glaube, daß in jedem die Möglichkeit zur Freude und zum Schmerz steckt, daß jeder selbst für sein Glück und sein Leid verantwortlich ist und es von unserer inneren Einstellung zum Leben abhängt.«
    »Meister?« Einer der jungen Burschen runzelte die Stirn. »Ich fürchte, das verstehe ich nicht.«
    Der Philosoph nahm einen Bissen aus der Schale vor sich, schluckte ihn hinunter und wandte sich an einen anderen der Jünglinge. »Erklär du es, Geyouk.«
    Der Junge schwoll vor Wichtigkeit an. »Ein Mann ohne irdische Reichtümer kann glücklich oder unglücklich sein. Letzteres, weil ihm fehlt, was andere besitzen, ersteres, weil er nichts zu verlieren hat. Ein Einbeiniger mag glücklich sein, daß ihm nicht beide Beine genommen wurden. Und eine Frau, die jung stirbt, ist vielleicht dankbar, daß ihr die Last des Alters erspart bleibt. Wohin man auch sieht, gibt es immer einen Grund dankbar und glücklich zu sein.«
    Der Philosoph nickte und rührte mit seinem Eßstäbchen in der Schale. »Sehr gut erklärt«, lobte er. »Ja, das ist die Zusammenfassung des Lebens. Alles ist vergänglich, und nichts ist die Qual der Furcht oder des Neides wert. Alles endet. Wir werden geboren, leben, sterben. Warum soll man sich die wenigen Jahre, die einem gegeben sind, dann selbst zur Hölle zu machen? Die Hölle ist für jene, die sie suchen. Der Himmel ist die innere Einstellung.«
    Einer seiner Jünger protestierte: »Aber, Meister, das ist die Philosophie eines Sklaven. Ist der Mensch denn nur ein Tier, das sich mit so wenig zufrieden gibt? Wißt Ihr denn kein Mittel, allen Glück zu versichern?«
    »Ein Mittel? Nein! Einen Rat, ja! Wahres Glück kann nur auf eine Weise erreicht werden: wenn man nicht höher greift, als man langen kann. Ich sage euch, verzehrt euch nicht nach dem Unerreichbaren.«
    »Aber, Meister, das hieße jeden Ehrgeiz unterdrücken«, gab Geyouk zu bedenken. »Hätte der Mensch sich nicht nach Wärme gesehnt, würde er nicht gelernt haben, sich das Feuer zunutze zu machen. Würde unser Wirt hier nicht sein Säckel aufbessern wollen, indem er uns eine warme Mahlzeit verkauft und sich für unsere Unterkunft bezahlen läßt, müßten wir uns jetzt im Schnee verkriechen. Wenn alles Streben endete, was wäre dann?«
    »Das kommt ganz darauf an.«
    »Worauf, Meister?«
    »Ob ich noch etwas zu essen bekomme oder nicht. Perlen der Weisheit sind nicht kostenlos.«
    Carodyne leerte seinen Krug. In dieser Welt gab es viel Vertrautes. Und eines würde sich nie ändern, wo Menschen Zeit und Geld hatten. Er erhob sich und schritt zu einem Tisch, von dem bekannte Geräusche kamen. Ein Spieler ging seinem Handwerk nach. Würfel rollten über die Platte, und ein halbes Dutzend Männer stießen enttäuscht oder verärgert den Atem aus.
    »Pech, meine Herren«, sagte der Spieler mit glatter Stimme. »Aber euer Pech ist gut für mich.« Er blickte von seinem Platz hinter einem beachtlichen Haufen Münzen auf, als Mark sich einen Stuhl an den Tisch rückte. Der Spieler hatte ein Geiergesicht und trug ein Gewand, dessen zwei Ärmel weit von den schmalen Schultern fielen. Seine schwarzen Augen wirkten wachsam wie die eines Tieres.
    Carodyne sah zu, als sein Nachbar Münzen auf den Tisch warf, nach dem ledernen Würfelbecher griff und ihn auf die Platte leerte. Es war das gleiche Spiel, das er auf Dutzenden von Welten mitgemacht hatte. Er löste ein Glied von seiner Halskette und schob es dem Spieler zu. Der betrachtete es und legte es mit einem Häufchen seiner Münzen zur Seite, dann reichte er Mark den Becher.
    »Eine Sieben!« rief er, als die Würfel zur Ruhe kamen. »Ihr habt gewonnen. Wollt Ihr es noch einmal versuchen?«
    Carodyne nickte und sah zu, wie der Mann die Würfel in den

Weitere Kostenlose Bücher