Im Bann des Omphalos
und stieß seinen Dolch in schuppenüberzogene Bäuche. Er hörte Dramauts Brüllen, ein durchdringendes Schrillen und das plötzliche Donnern unzähliger Schwingen. Die Feinde hatten sich abrupt zurückgezogen.
»Großer Gott, was sind das für Ungeheuer?« Dramaut schüttelte Blut von seinem Schwert. »Dämonenreiter auf Riesenvögeln!«
Carodyne schaute sich um. Der Boden war mit Federn, Blut, toten und sterbenden Vögeln und Pygmäenleichen bedeckt.
»Schnell!« brüllte Dramaut. »Rücken an Rücken!«
Ihre Schulterblätter trafen sich, als neue Angreifer aus dem Himmel fielen. Die Welt wurde zu einem blutigen Schleier und ohrenbetäubenden Schreien. Mark hieb auf immer neue Gegner ein, spürte, wie Dramaut hinter ihm dasselbe tat, bis dieser, einen Schmerzensschrei ausstoßend, in wilder Wut die Klinge schwingend durch das Tal rannte und auf weitere Feinde einhieb.
Carodyne rannte zu dem Rest der Wächter zurück, die sich um die Sänfte des Kaufmanns geschart hatten. Zu viele waren gefallen. Die Überlebenden starrten mit grimmigen Gesichtern, Schwert und Schild in den Händen, zum Himmel empor. Die leeren Köcher und nutzlosen Bogen hatten sie längst von sich geworfen. Er schob den Dolch in die Scheide zurück, bückte sich nach einem herrenlosen Schild, und steckte den Kopf in die Sänfte. Ein Armbrustbolzen hatte Bulan Ukand in die Kehle getroffen. Er war gestorben, ehe er sehr weit mit seiner Suche nach dem ewigen Leben gekommen war.
Carodyne wirbelte herum, als er neues Flügelrauschen hörte. Wieder wurde die Welt zum blutigen Schleier. Er hieb und stach, während einer nach dem anderen der Wächter fiel, aber auch Vögel und Pygmäenreiter wurden immer weniger. Ein Vogel senkte sich geradewegs auf ihn herab, streckte die Krallenfüße nach ihm aus. Mark warf den Schild von sich, packte eines der Schuppenbeine und stieß das Schwert in den Vogelleib. Kreischend flatterte das Tier hoch, um den Schmerzen zu entgehen. Tiefer bohrte Carodyne die Klinge und blickte hinunter, als er in die Lüfte gehoben wurde. Er sah, wie der letzte Wächter fiel. Der Flügelschlag wurde immer schwächer, während der Vogel ihn das Tal abwärts trug, fort von dem Blutbad. Der Reiter schrillte vor hilfloser Wut. Sein Schwert war zu kurz, um den ungebetenen Passagier zu erreichen, und für die Armbrust war dieser zu nah.
Carodyne landete rennend und drehte sich um, als der sterbende Vogel auf den Steinen aufschlug. Mit zwei flinken Hieben waren die beiden letzten Gegner geköpft. Er schob das Visier hoch und holte tief Luft, als er das Tal zurückblickte. Er konnte das Schlachtfeld von hier aus nicht sehen, da das Tal einen Bogen beschrieben hatte. Feinde waren keine mehr in der Nähe. Jetzt war die beste Zeit, sich in Sicherheit zu bringen.
Er fand Dramaut, als es zu dämmern begann. Der Hauptmann lehnte schmerzverzerrten Gesichts mit dem Rücken an einem Felsblock. Ein Bolzen war in sein Auge gedrungen. Er hatte ihn inzwischen entfernt, aber das verwundete Auge war nicht mehr zu retten. Er stieß einen Schmerzenslaut aus, als Carodyne es untersuchte. »Ein Schwert in die Gedärme hätte mir weniger zu schaffen gemacht!« knirschte er zwischen den Zähnen hervor.
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Carodyne trocken. »Eine solche Wunde wäre jedenfalls Euer Tod gewesen, diese hier ist es nicht.« Er schlug dem Hauptmann kameradschaftlich auf die Schulter. »Es ist nicht so schlimm. Ihr werdet gut mit einem Auge auskommen, bis das andere ersetzt ist.«
»Ersetzt? Ein neues Auge?« murmelte Dramaut ungläubig. »Welcher Zauberer könnte mir da helfen?«
Carodyne biß sich auf die Zunge. Er hatte vergessen, daß Transplantationen auf dieser Welt nicht bekannt waren. »In Gualek, vielleicht«, sagte er deshalb schnell. »Der Kaufmann war überzeugt, daß man dort alles finden kann. Warum also nicht auch ein neues Auge?«
»Der Kaufmann.« Dramaut blickte finster auf seine blutbesudelten Handschuhe. »Er hat sich auf mich verlassen, und ich habe versagt! Ich war wahnsinnig vor Schmerzen und rannte Amok – aber in die verkehrte Richtung. Mein Platz wäre bei ihm und meinen Leuten gewesen.«
»Dankt den Göttern, die Eure Füße lenkten. Sie retteten Euer Leben.«
»Und meine Ehre?«
»Was nutzt einem Toten die Ehre? Ihr lebt und solltet dankbar sein. Kommt, machen wir uns auf den Weg.«
Nebel stieg auf, als sie talabwärts dahinstapften. Mit der Dunkelheit wurde er immer dichter und seine wirbelnden
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