Im Bann des Piraten: Er nahm sie gefangen - doch sie entfesselte seine Liebe (German Edition)
Ihr Euch der Macht Eures Charmes so gewiss, dass Ihr meint, diesen Brief nur noch versiegeln und nach einem Boten rufen zu müssen?«
Rosalind seufzte und schien auf einmal wie erloschen. Sie lehnte sich mit gesenkten Schultern auf ihrem Stuhl zurück. » Mon Capitaine , ich zeige ihn Euch, damit Ihr ihn lesen und Eure Zustimmung geben könnt. Wenn Ihr es gestattet, kann die Nachricht morgen an meinen Bruder geschickt werden. Ich bitte Euch nur um diesen einen kleinen Gefallen, um diese eine Möglichkeit, meiner Familie mitzuteilen, dass ich nicht ermordet, ausgesetzt oder in die Sklaverei verkauft wurde.«
Alexandre sah sie nachdenklich an. Rosalind hatte so hart gekämpft, um ihre Fassade von Stärke und Entschlossenheit aufrechtzuerhalten, ganz gleich was ihr widerfuhr. Und sie blieb nicht nur um ihretwillen bei dieser Fassade, sondern auch und vor allem für die kleine Beatrice. Und nun, da jede andere Frau ihr Bestes täte, um ihn zu verführen und zu überzeugen, ließ Rosalind es zu, dass er eine Ahnung davon bekam, welche Angst und welcher Kummer sie plagten. Koketterie wäre etwas gewesen, dem Alexandre widerstehen könnte. Wut und Trotz könnten ihn nicht rühren. Aber Traurigkeit und der Wille, es weiter zu versuchen, egal wie aussichtslos die Situation war, das beeindruckte Alexandre doch sehr.
Er las die Nachricht durch. Rosalind hatte Wort gehalten und mit keiner Silbe erwähnt oder auch nur angedeutet, wo sie sich aufhielt. Stattdessen schrieb sie von Beatrice und bat nicht darum, selbst gerettet zu werden, sondern drängte ihren Bruder, nach London zu fahren und die Mutter vor den jüngsten Betrügereien Murdocks zu bewahren. Rosalinds Liebe und Sorge um ihre Familie, um Menschen, die noch nicht wissen konnten, was mit ihr geschehen war, beeindruckten Alexandre am meisten. Rosalind lagen der Trost und das Wohlergehen jener am Herzen, die sie überlebten, ohne dass sie daran dachte, welche Schuld sie an ihrer gegenwärtigen Situation trugen. Denn hätten sie sie nicht auf dieses Schiff geschickt, wäre sie nie in die Hände von Piraten gefallen.
»Remy!«, rief er.
Remy kam mitten aus dem munteren Treiben herbei. »Oui, mon Capitaine?«
»Bring diese Nachricht zum Schiff. Sag Yves, ich wünsche, dass sie sofort nach Kingston geschickt wird. Der Bote möge Sorge tragen, dass sie dem Mann ausgehändigt wird, an den sie adressiert ist. Verstanden?«
»Oui, mon Capitaine.«
Alexandre faltete den Brief wieder zusammen, nahm eine der Kerzen in der Nähe, tropfte Wachs auf den Brief und drückte es mit dem Kerzenstumpf fest. Das Ergebnis war ein flaches, vollkommen glattes Oval – anonym. Alexandre grinste und überreichte Remy den Brief. Der nahm ihn und lief damit in die Nacht hinaus.
»Remy!«, rief Alexandre ihm nach. »Der Bote soll auf eine Antwort warten!«
Remy salutierte und rannte weiter, zurück zu der Bucht, in der L’Etoile du Matin vor Anker lag.
»Es wird ein oder zwei Tage dauern, zurück vielleicht noch einmal so lange«, sagte Alexandre. »Mit ein bisschen Glück hört Ihr innerhalb einer Woche von Eurem Bruder.«
Als er sich umdrehte, starrte Rosalind ihn ungläubig mit ihren großen blauen Augen an.
»Eine – eine Antwort?«, fragte sie. »Ihr erlaubt, dass Thomas mir antwortet?«
»Aber selbstverständlich, ma belle . Ihr müsst doch gewiss sein, dass Eure Nachricht angekommen ist und verstanden wurde. Andernfalls bräuchte ich sie doch gar nicht erst zu schicken.«
Rosalind stand auf, machte einen langsamen Schritt auf ihn zu und legte die Arme um Alexandres Taille. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter, und als sie sprach, war ihre Stimme kaum mehr als ein ersticktes Flüstern.
»Danke, Alexandre. Danke.«
Das Ausmaß ihrer sichtlichen Erleichterung verwunderte Alexandre. Er schickte ein stummes Dankgebet gen Himmel, weil sie es ernst gemeint hatte, dass sie ihrem Bruder in der Nachricht nichts Näheres enthüllen würde. Das allein erlaubte Alexandre, ihr die Bitte zu gewähren. Er umarmte sie und schmiegte seine Wange in ihr Haar.
»Ihr verdient Euch allemal ein wenig Rücksicht von mir.«
Für einen kurzen, kostbaren Augenblick drückte sie sich fester an ihn. » Mon Capitaine , wenn Ihr gestattet, würde ich mich gern zurückziehen.«
Er fragte sich, ob sie ihm einen zarten Hinweis zu geben versuchte, um ihn zu ermuntern, ihr bald zu folgen. Aber das war nicht Rosalinds Art.
»Ihr könnt jetzt nicht gehen, ma belle . Die Feier fängt gerade erst
Weitere Kostenlose Bücher