Im Bann des Piraten: Er nahm sie gefangen - doch sie entfesselte seine Liebe (German Edition)
die üblichen Bestrafungen für kleinere Vergehen auf See anspielte. Ob er ganz oben auf dem Hauptmast gewesen war? Rosalind überlegte. Dass ein Mann seiner Größe und Breite sich lautlos durch die Betakelung bewegen konnte und dann auf dem obersten Yard des Hauptmastes sitzen … Andererseits hatte sie ihn am Nachmittag genau das tun sehen.
»Ich erinnere mich nicht, Euch Erlaubnis erteilt zu haben, wieder herunterzukommen.« Sie kehrte ihm den Rücken zu, denn sie hatte genug von seiner Launenhaftigkeit.
Alexandre lachte leise. »Ich konnte nicht widerstehen. Ihr steht hier wie eine lebende Galionsfigur, in Mondschein gebadet und meine Mannschaft mit Eurem Liebreiz quälend.«
»Es tut mir leid, dass ich Eure Männer ablenke.«
»Das stimmt nicht.« Seine Schritte näherten sich, bis er unmittelbar hinter ihr stand. »Jede Frau hört gern, wie schön sie ist.«
Rosalind drehte sich um, sah ihn an und erwiderte nicht minder zynisch: »Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr nicht mehr wütend auf mich seid, mon Capitaine ?«
Sein Gesicht lag ihm Schatten, als er die Hände hob. »Wollen wir uns auf einen Waffenstillstand einigen, ma belle ? Wie ich zu meinem Schaden feststellen musste, feuern Eure Kanonen aus zwei Läufen gleichzeitig.«
Was für ein Spiel veranstaltete er jetzt mit ihr, dass er sich auf ein Wortgeplänkel einließ? Was es auch war, wenn Alexandre liebenswürdig sein wollte, spielte sie am besten mit. Schließlich wollte sie ihn überreden, schnellstmöglich in Kingston anzulegen. Sie legte ihre Hand auf seine.
»Sehr wohl, mon Capitaine . Frieden.«
Seinen feinen Anzug vom Abendessen hatte er abgelegt und trug jetzt ein schlichtes weißes Hemd und Baumwollhosen wie am Nachmittag. Erst auf den Hauptmast zu klettern und nun noch diese schlichte Erscheinung … Das ließe sich beinahe als Demut deuten.
Alexandre lehnte sich neben ihr an die Reling und sah ihr in die Augen. »So förmlich. Ihr kennt meinen Namen, ma belle .«
» L’Ange Noir. Wie seid Ihr eigentlich darauf gekommen?«
»Das ist eine Geschichte, die man einer Lady gewöhnlich nicht erzählt.«
»Aber ich bin keine Lady, mon Capitaine . Ich bin eine ehrenamtliche Piratin.«
»Ja, das seid Ihr tatsächlich.« Alexandre blickte auf die dunklen Wellen. »Die Hafendirnen in Port Royal sahen eines Tages die Etoile du Matin einlaufen, und sie alle riefen sich etwas zu. Sie meinten, ich hätte das Gesicht eines Engels, und sie liebten mein langes Haar.«
Rosalind versuchte, schockiert auszusehen, aber ihr Lachen verriet sie. »Die Engländer fürchten Euch wie den Teufel selbst, und dabei habt Ihr Euren Namen von ein paar Dirnen, die Euch hübsch fanden?«
Alexandre schien ein wenig beleidigt. »Ihr raubt der Geschichte ihren ganzen Charme, aber ja, es stimmt.«
»Wie entzückend, wenn man bedenkt, dass Ihr zuerst als Liebhaber berühmt wart, nicht als …« Das harte Wort blieb ihr im Hals stecken.
»Als was, ma belle ?«
»Als Pirat.«
Sein Blick sagte ihr, dass das nicht das Wort war, was sie ursprünglich verwenden wollte. Sie beide wussten, dass Männer seinetwegen ihr Leben verloren hatten, doch in diesem Augenblick wurde alles Zerstörerische seines Rufes vom silbernen Mondlicht und dem Plätschern der Wellen vertrieben.
»Was hättet Ihr einmal werden sollen, ma belle ? Bevor Euer Leben so schwierig wurde.«
Er fragte so sanft und so empfindsam. Rosalind überlegte, wie sie darauf antworten sollte.
»Ich sollte glücklich werden. Ich sollte einen Mann heiraten, den ich lieben und respektieren kann und dessen Kinder ich voller Stolz unter dem Herzen tragen würde. Mir war ein anständiges, respektables Leben bestimmt, in dem ich zufrieden alt werden könnte.«
Alexandre nickte. » Très bien, ma belle. Ein gutes Leben, um das Euch viele Frauen beneiden würden.«
»Ich schätze ja.«
Alexandre sah sie an. »Und dennoch hegt Ihr Zweifel?«
»Ich kann nicht umhin zu denken, dass diese Art von Leben schon Tausende von Malen geführt wurde. Es ist eben das, was man tut, und mehr nicht.«
» Vraiment. Und träumt Ihr vielleicht von einem anderen Leben?«
Das hatte sie nie getan, bis sie das Schicksal in die Arme von Black Angel warf. » Mon Capitaine , diese Frage segelt zu nahe am Wind, wie Ihr das nennen würdet.«
»Ich nenne das keine Antwort.«
»Dann, mon Capitaine , nehmt es als Hinweis.«
Alexandre betrachtete sie eine Weile nachdenklich, dann strich er ihr mit der Fingerspitze über die Wange.
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