Im Bann des Piraten: Er nahm sie gefangen - doch sie entfesselte seine Liebe (German Edition)
Anstandsgefühl von dem Mann, dessen Bett sie teilte, was ihr nichts als Verdruss bescherte – noch dazu, wo sein Leben doch auf beinahe dieselbe Weise ruiniert worden war wie ihres. Seltsam, dass sie gerade das gemein hatten. Sie beide waren durch Ereignisse zusammengeführt worden, die jeweils mit einem Piratenüberfall begannen. Rosalind glaubte nicht an so etwas wenig Greifbares wie Schicksal, aber ihre Begegnung mit Black Angel war gewiss etwas Mächtigerem als bloßem Zufall geschuldet. Sie dachte an ihre Unterhaltung, allein im Mondschein mit all den Sternen, die auf sie herableuchteten. Sie waren nur ein Pirat und eine Lehrerin gewesen, zwei Menschen, verloren in der Karibik. Zwei Fremde, die sich zueinander hingezogen fühlten und ein harmloses Geplänkel miteinander austauschten. Wie schön es war, wie kostbar! An diese Gedanken klammerte sich Rosalind, während sie einschlief.
In den Tiefen ihres unruhigen Schlafs gehorchte Rosalind einem überwältigenden Zwang. Sie suchte, rannte, schaute sich überall um. Sie eilte durch die ruhigen Straßen um den Londoner Grosvenor Square, vorbei an ihrer eigenen Haustür. Dann rannte sie am Hafen entlang, suchte jedes Deck auf jedem Schiff nach einem bestimmten Gesicht ab. Wo war er? Sie musste ihn finden, ehe es zu spät war.
Zwei unerwünschte Gesichter tauchten wieder und wieder auf: Mr. Murdock und Vasquez. Mr. Murdock redete. Rosalind konnte die Worte nicht verstehen, aber der Tonfall war ihr allzu vertraut. Geduldig, verständnisvoll, quälend höflich und rücksichtsvoll. Rosalind stand wie erstarrt da, während Mr. Murdock sie mit einem Seil umwickelte wie eine Spinne ihre Beute. Dabei redete er ohne Pause weiter. Als die Worte klarer wurden, überkam Rosalind eine entsetzliche Ahnung. Mr. Murdock war empört, nicht so viel für sie zu bekommen, wie er sich erhofft hatte, nach all den Mühen, die er in diese Arrangements investiert hatte. Es war zu ihrem eigenen Besten. Mit der Zeit würde sie die Ehefrau werden, die er eigentlich brauchte, die tat, was man ihr sagte. Wenn sie ihm nur zuhören würde, wenn sie nur zu Hause geblieben wäre und es ihm überlassen hätte, Thomas zu benachrichtigen …
Plötzlich stand Rosalind vor Vasquez an Bord der Fortuna . Er warf Mr. Murdock, der in der Nähe stand, einen Beutel Münzen hin. Mr. Murdock trug Vasquez’ Reitmantel und rauchte eine von dessen stinkenden Zigarren. Vasquez packte Rosalind an ihrem Zopf und begann, sie hinab zum Kielraum zu schleifen. Er würde sie in Ketten legen und sie von seiner gesamten Mannschaft missbrauchen lassen. Zu ihrem Entsetzen stellte Rosalind fest, dass Vasquez tot war. Seine Männer kamen über die Schiffsreling gekrochen, triefend nass und von blutigen Wunden übersät, und sie alle grinsten Rosalind mit ihren toten Mündern an. Rosalind schrie. Sie zerrte an dem Seil, mit dem sie gefesselt war, wehrte sich gegen Vasquez’ rauhen Griff an ihrem Zopf.
»Rosalind!«
Die grausigen toten Piraten grinsten und bluteten und streckten die Arme nach ihr aus.
»Rosalind!«
Sie zitterte am ganzen Leib, zitterte vor Furcht, vor Kälte, vor …
Rosalind öffnete die Augen. Alexandre hielt sie und drückte ihre Arme herunter. Sie lagen in seinem Bett, auf der Etoile du Matin . Die Decke war um ihre Beine verschlungen. Sie atmete erleichtert auf und brach in Tränen aus, das Gesicht an Alexandres Brust. Er hielt sie in seinen Armen und hob sie behutsam hoch, um ihren Zopf zu befreien, der unter ihrer Schulter verklemmt war.
»Schhh, ma belle . Ganz ruhig. Alles ist gut.«
Rosalind schüttelte vehement den Kopf und atmete stoßweise zwischen ihren Schluchzern. »Sie waren tot! Alle von ihnen! Sie wollten mich angreifen, jeder Einzelne!«
»Wer war tot? Könnt Ihr es mir erzählen?«
»Vasquez. Seine Männer. Alle tot!«
Alexandre hielt sie noch fester. » Ma petite fleur. Armes, liebliches Mädchen. Natürlich. Ihr habt ja noch nie eine solche Schlacht mitangesehen.«
»Mr. Murdock – er hat mich verkauft ! An sie! Damit sie … damit sie …« Ihre Stimme versagte. Sie schüttelte den Kopf, um den entsetzlichen Schrecken zu vertreiben.
Alexandre wiegte sie in den Armen, küsste sie auf die Stirn und murmelte beruhigende Worte auf Französisch und Englisch. »Wer ist dieser Mr. Murdock?«
»Der Mann, den ich heiraten soll.«
»Ach ja. Euer Verlobter.«
Trotz ihres Schreckens entging Rosalind nicht, in welchem Ton Alexandre sprach. Sie lehnte sich an seine
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