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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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als wären sie Ungeziefer. Der Schmerz wühlte in ihr mit aller Gewalt.
    »Ausgerechnet denen musstest du in die Hände fallen«, fuhr Philippe fort. »Ich bin so froh, dass dir nichts geschehen ist. Es ist doch nichts geschehen, oder?« Er bedachte sie mit einem misstrauischen Blick.
    »Was sollte mir geschehen sein?«, gab sie zornig zurück. »Ihre Ehre steht ihnen über alles, und es würde ihre Ehre verletzen, wenn sie einer Frau etwas zuleide täten.«
    »Das mag vielleicht auf ihre eigenen Frauen zutreffen, Désirée. Aber du bist eine Französin, hast helle Haut und blondes Haar. Im Inneren sind sie doch wie Tiere.«
    »Woher willst du das wissen? Kennst du sie?«
    »Gott bewahre, ich lege keinen Wert darauf, sie kennen zu lernen.« Scheinbar interessiert verfolgte er mit den Augen, wie die Kameltreiber der Karawane die Tiere versorgten, Sättel und Zaumzeug ausbesserten, die Wassersäcke füllten und Lebensmittel packten.
    »Morgen reiten wir weiter bis Biskra. Dort setzen wir unseren Fuß zum Glück wieder in zivilisierte Gebiete. Wir fahren dann mit der Eisenbahn weiter.« Er seufzte leise. »Diese Strapazen hätten wir uns ersparen können, wenn die Eisenbahnstrecke schon weiter nach Süden ausgebaut worden wäre. Was für ein Segen für diese Region, wenn erst der Schienenstrang bis nach Timbuktu führt.«
    »Sie würde durch das Gebiet der Tuareg führen«, wandte Désirée ein.
    »Erst recht ein Grund, sie zu bekämpfen. Sie würden dann vielleicht statt der Karawanen die Eisenbahn überfallen. Zum Glück gibt es noch solch tapfere Männer wie Leutnant Pellegrue, die wissen, was von ihnen verlangt wird.« Er erhob sich. »Ich werde noch einmal den Karawanenführer kontrollieren. Immerhin hat er ein schönes Sümmchen eingestrichen. Er war erst bereit in das Tuareg-Gebiet zu gehen, als ich ihm versicherte, dass wir vom Militär begleitet würden. Für Leutnant Pellegrue war es natürlich eine Ehre, eine Französin zu befreien. Ich denke, dieses Erfolgserlebnis tut seiner Karriere gut.«
    Désirée blickte ihm nach. Er hatte also nichts dagegen, dass der Leutnant seine Karriere durch Kindermord aufpolierte.
    Nach einer Weile kam Philippe zurück und setzte sich wieder zu ihr. Er streichelte mit dem Handrücken sanft ihre Wange und lächelte. »Es war ein schlimmer Albtraum«, sagte er leise zu ihr. »Aber nun ist er vorbei.«
    »Philippe, darf ich dich um etwas bitten?«
    »Um alles, was du willst«, entgegnete er.
    »Lass uns nie wieder davon sprechen.«
    Er schaute sie lange und nachdenklich an, dann nickte er. »Egal, was geschehen ist, es soll vergangen sein.«
    Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und rang mit sich. »Danke.«
    In Ouargla würden sich die Soldaten von der Karawane trennen, die dort stationiert waren. Désirée war froh darüber. Sie hatte einen heftigen Disput mit dem Leutnant gehabt, in den Philippe sich handgreiflich hatte einmischen müssen. Désirée hatte Pellegrue als Schlächter bezeichnet, und dieser hatte sich entschieden dagegen verwahrt, sich bei Philippe beschwert und ihn aufgefordert, seine verrückte Braut unter Verschluss zu halten. Daraufhin hatte Désirée ihn wüst beschimpft und auf ihn eingeschlagen. Wenn sie sein Gewehr in die Hand bekommen hätte, dann hätte sie wahrscheinlich sogar abgedrückt. In ihrer Fantasie malte sie sich Folterungen und Torturen für Pellegrue aus, um ihre Rachegelüste zu kühlen.
    Später versank sie wieder in Melancholie. Was tue ich eigentlich hier?, fragte sie sich. Warum diese Odyssee?
    Ihr träger Blick glitt über die Karawane. Es waren alles plumpe Lastkamele mit dunklem Fell. Arkani hatte es ihr erklärt. Je heller ein Dromedar war, umso edler. Die weißen gehörten einem Fürst. Diese Meharis waren schlank und elegant, schnell und ausdauernd. Sie waren den blauen Kriegern angemessen.
    Mit etwa vier Jahren begann für die Dromedarfohlen der Ernst des Lebens. Dann mussten sie sich an Sattel, Zaumzeug und Stricke gewöhnen. Die dunklen Tiere wurden ohnehin nur als Lastkamele genommen, und es war eine gehörige Portion Erziehung nötig, bis sie in einer Karawane laufen konnten. Die jüngsten und am wenigsten erzogenen Kamele mussten ganz hinten gehen, das erfahrenste war das Leittier. So eine Karawane zusammenzustellen, war eine Kunst, die die Tuareg meisterlich beherrschten. Aber noch mehr verstanden sie von der Zucht der edlen Tiere. Sie sah Arkanis Augen leuchten, wenn er von seiner Herde sprach.
    Für jede Art der

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