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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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ihr!
    Sie hatte Philippe geliebt. Sie hatte Philippe belogen. Sie hatte Philippe betrogen. Er konnte nichts dafür. Er hatte sich Sorgen um sie gemacht. Er hatte eine Karawane bezahlt, die sie finden sollte. Er war selbst auf diese gefährliche Reise ins Unbekannte gegangen. Und er hatte die Soldaten dazugeholt. Was war sein Fehler? Dass er Franzose war?
    »Mein Vater ist tot«, sagte sie so unvermittelt, dass Philippe erstarrte. Doch dann beugte er sich über sie und streichelte ihre Schulter.
    »Vielleicht solltest du im Augenblick nicht daran denken.«
    »Ich habe ihn sterben sehen«, fuhr sie unbeirrt fort. »Vor meinen Augen fiel er tot vom Baum. Er hat sich selbst gerichtet mit der letzten Kugel in seinem Gewehr. Da hatte ich ihn fast erreicht. Über hunderte von Kilometern, über das Meer, das Gebirge, durch die Wüste. Da waren Bilder an den Wänden. Sie waren so schön. Tiere, Rinderherden, Antilopen und Menschen, seltsame Menschen, die tanzten oder kämpften ... Ich sah ihn vor mir da auf dem Baum. Die Kel Essouf hatten ihn bereits in ihr Reich gezogen. Sie hausten dort zwischen den schwarzen Felsen, die vor Urzeiten einmal ein Vulkan ausgespuckt hatte ... Nur zwei Armlängen vor mir ... Dann fiel er vor meine Füße und war tot. Dieses kleine Loch in der Stirn ..., vielleicht sind die Geister da wieder hinausgeflogen. Er sah so friedlich aus, als er da lag. Ich habe ihn begraben, mit den bloßen Händen. Jetzt ist er selbst ein Geist. Ein Nomade, der am Ende seiner Wanderung angekommen ist.« Sie blickte zum Himmel. »Da oben«, wisperte sie, als spräche sie zu sich selbst, und zeigte zu den Sternen, »beim Großen Führer. Da leuchten seine Augen und der Stern darunter, das ist sein Herz.« Lautlos rannen Tränen über ihre Wangen. »Arkani hat mir eine Geschichte erzählt. Die Tuareg erzählen sich viele Geschichten, weißt du? Und manchmal erfinden sie welche. Einer beginnt, der Nächste setzt sie fort und reihum so weiter. Die Geschichten handeln von dem Leben in der Wüste, von den Lehren, die die Wüste erteilt, von der Liebe und dem Tod. Von diesem Mädchen, das einen anderen heiraten sollte, als den, den es liebte. Sie haben es zwischen zwei Kamele gespannt. Aber die Liebe gab ihm die Kraft, dass die Kamele es nicht zerreißen konnten. Die Liebe ist stärker als der Tod ... hörst du? ... Stärker als der Tod ... vergiss das nie, Désirée.«
    Schweigend wandte Philippe sich ab.

XXXV
    Die djemaa hatte sich zusammengefunden, diesmal aber in einem ungewöhnlichen Rahmen. Nicht nur die halbwüchsigen Knaben waren da, die stets ehrfurchtsvoll den alten Ratsmitgliedern lauschten und ihnen Tee kochten. Es waren auch viele Frauen dabei, die gespannt den Disput der Männer verfolgten.
    Der Amenokal war tot. Ein neuer Stammesfürst musste gewählt werden.
    »Wir haben Boten zu allen Nomadenlagern geschickt«, sagte Mahmoud. »Wenn die Gesandten eintreffen, wird der neue Amenokal gewählt.« Er hob den Blick und schaute Arkani durchdringend an. »Du wirst dich sicher zur Wahl stellen.«
    Arkani saß unbeweglich, die Arme auf die Knie gelegt. Niemand konnte in seinem Gesicht sehen, was er dachte.
    » Kala kala «, sagte er plötzlich und unvermittelt. Es war ein Wort, das es im Sprachgebrauch der Tuareg eigentlich gar nicht gab. Lähmendes Entsetzen war die Folge und eisiges Schweigen, dann brach ein heftiger Tumult los.
    Arkani hob gebieterisch die Hände und forderte so die Anwesenden zum Schweigen auf. Nur langsam verebbte das Gemurmel der Ratsmitglieder und Zuschauer. Sie wurden soeben Zeugen einer großen Ungeheuerlichkeit. Und Arkani war verrückt geworden!
    Er schaute sich in der Runde um. Die Blicke der Männer blieben auf ihn geheftet. Nichts hatte er von seiner hoheitsvollen Haltung eingebüßt, er zeigte kein Zeichen der Unsicherheit.
    »Ich kann nicht einfach so weiterleben, als sei nichts geschehen«, sagte er. »Ich will meine Scham und meine Wut nicht mehr hinter meinem tugulmust verbergen. Ich weiß jetzt, dass unser Stolz gebrochen werden soll.«
    Er trat aus dem Kreis und zu seiner Mutter hin. Sie schaute voller Schmerz in seine Augen. »Wenn du so einfach fortgehst, bist du verloren, mein Sohn.«
    »Es ist geschehen, weil sie hier war«, warf Mahmoud ein. »Hast du das vergessen?«
    Arkani blickte sich wieder um. »Ich habe nichts vergessen, gar nichts. Ich habe nicht vergessen, was jeder Einzelne von euch gedacht, gesagt, getan hat.«
    »Hast du auch nicht vergessen, dass die Soldaten

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